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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

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§. 73. Die Verwaltung des Bankwesens.
sämmtliche bei der Verwaltung der Bank als Beamte, Ausschuß-
mitglieder oder Beigeordnete betheiligte Personen. Für die Be-
amten der Bank ergiebt sich diese Verpflichtung überdies aus §. 11
des Reichsbeamten-Gesetzes, dem dieselben unterworfen sind; ihre
Erfüllung wird daher durch den Diensteid angelobt. Die Deputir-
ten des Zentralausschusses und deren Stellvertreter, sowie die Bei-
geordneten bei den Reichsbankhauptstellen werden vor Antritt ihrer
Funktionen mittelst Handschlags an Eidesstatt besonders dazu ver-
pflichtet. Bei den anderen Ausschußmitgliedern findet eine besondere
Angelobung, das Bankgeheimniß zu wahren, nicht statt, da sie in
der Regel von den einzelnen Geschäften der Bank keine Kenntniß
erlangen 1).

c) Ueber die Ausnahmen von der Bewahrung des Bankge-
heimnisses im Interesse der Rechtspflege sind besondere Vorschriften
nicht erlassen. Es müssen daher die allgemeinen Regeln über die
Zeugnißpflicht zur Anwendung kommen. Darnach sind folgende
Fälle zu unterscheiden:

a) In Strafprozessen dürfen die Bankbeamten, auch
wenn sie nicht mehr im Dienste sind, über Umstände, auf welche
sich ihre Pflicht zur Amtsverschwiegenheit bezieht, als Zeugen nur
mit Genehmigung ihrer vorgesetzten Dienstbehörde oder der ihnen
zuletzt vorgesetzt gewesenen Dienstbehörde vernommen werden 2).
Diese Genehmigung darf aber nur versagt werden, wenn die Ab-
legung des Zeugnisses dem Wohle des Reiches oder eines
Bundesstaates
Nachtheil bereiten würde 3); nicht um einen
Angeschuldigten vor der Enthüllung seiner mit der Bank geschlossenen
Geschäfte zn schützen. Hinsichtlich der Ausschußmitglieder, Deputir-
ten und Beigeordneten sind diese Bestimmungen nicht anwendbar,
da diese Personen nicht Beamte sind; ihnen liegt vielmehr in Straf-
prozessen die Zeugnißpflicht ohne Einschränkungen ob.

b) In Civilprozessen sind zur Verweigerung des Zeug-
nisses berechtigt: Personen, welchen kraft ihres Amtes, Standes
oder Gewerbes Thatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung
durch die Natur derselben oder durch gesetzliche Vorschrift ge-
boten ist, in Betreff der Thatsachen, auf welche die Verpflichtung

1) Vgl. oben S. 386.
2) Reichsbeamten-Ges. §. 12 Abs. 2. Strafproc.-Ordn. §. 53 Abs. 1.
3) Strafproc.-Ordn. §. 53 Abs. 2.

§. 73. Die Verwaltung des Bankweſens.
ſämmtliche bei der Verwaltung der Bank als Beamte, Ausſchuß-
mitglieder oder Beigeordnete betheiligte Perſonen. Für die Be-
amten der Bank ergiebt ſich dieſe Verpflichtung überdies aus §. 11
des Reichsbeamten-Geſetzes, dem dieſelben unterworfen ſind; ihre
Erfüllung wird daher durch den Dienſteid angelobt. Die Deputir-
ten des Zentralausſchuſſes und deren Stellvertreter, ſowie die Bei-
geordneten bei den Reichsbankhauptſtellen werden vor Antritt ihrer
Funktionen mittelſt Handſchlags an Eidesſtatt beſonders dazu ver-
pflichtet. Bei den anderen Ausſchußmitgliedern findet eine beſondere
Angelobung, das Bankgeheimniß zu wahren, nicht ſtatt, da ſie in
der Regel von den einzelnen Geſchäften der Bank keine Kenntniß
erlangen 1).

c) Ueber die Ausnahmen von der Bewahrung des Bankge-
heimniſſes im Intereſſe der Rechtspflege ſind beſondere Vorſchriften
nicht erlaſſen. Es müſſen daher die allgemeinen Regeln über die
Zeugnißpflicht zur Anwendung kommen. Darnach ſind folgende
Fälle zu unterſcheiden:

α) In Strafprozeſſen dürfen die Bankbeamten, auch
wenn ſie nicht mehr im Dienſte ſind, über Umſtände, auf welche
ſich ihre Pflicht zur Amtsverſchwiegenheit bezieht, als Zeugen nur
mit Genehmigung ihrer vorgeſetzten Dienſtbehörde oder der ihnen
zuletzt vorgeſetzt geweſenen Dienſtbehörde vernommen werden 2).
Dieſe Genehmigung darf aber nur verſagt werden, wenn die Ab-
legung des Zeugniſſes dem Wohle des Reiches oder eines
Bundesſtaates
Nachtheil bereiten würde 3); nicht um einen
Angeſchuldigten vor der Enthüllung ſeiner mit der Bank geſchloſſenen
Geſchäfte zn ſchützen. Hinſichtlich der Ausſchußmitglieder, Deputir-
ten und Beigeordneten ſind dieſe Beſtimmungen nicht anwendbar,
da dieſe Perſonen nicht Beamte ſind; ihnen liegt vielmehr in Straf-
prozeſſen die Zeugnißpflicht ohne Einſchränkungen ob.

β) In Civilprozeſſen ſind zur Verweigerung des Zeug-
niſſes berechtigt: Perſonen, welchen kraft ihres Amtes, Standes
oder Gewerbes Thatſachen anvertraut ſind, deren Geheimhaltung
durch die Natur derſelben oder durch geſetzliche Vorſchrift ge-
boten iſt, in Betreff der Thatſachen, auf welche die Verpflichtung

1) Vgl. oben S. 386.
2) Reichsbeamten-Geſ. §. 12 Abſ. 2. Strafproc.-Ordn. §. 53 Abſ. 1.
3) Strafproc.-Ordn. §. 53 Abſ. 2.
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[394/0408] §. 73. Die Verwaltung des Bankweſens. ſämmtliche bei der Verwaltung der Bank als Beamte, Ausſchuß- mitglieder oder Beigeordnete betheiligte Perſonen. Für die Be- amten der Bank ergiebt ſich dieſe Verpflichtung überdies aus §. 11 des Reichsbeamten-Geſetzes, dem dieſelben unterworfen ſind; ihre Erfüllung wird daher durch den Dienſteid angelobt. Die Deputir- ten des Zentralausſchuſſes und deren Stellvertreter, ſowie die Bei- geordneten bei den Reichsbankhauptſtellen werden vor Antritt ihrer Funktionen mittelſt Handſchlags an Eidesſtatt beſonders dazu ver- pflichtet. Bei den anderen Ausſchußmitgliedern findet eine beſondere Angelobung, das Bankgeheimniß zu wahren, nicht ſtatt, da ſie in der Regel von den einzelnen Geſchäften der Bank keine Kenntniß erlangen 1). c) Ueber die Ausnahmen von der Bewahrung des Bankge- heimniſſes im Intereſſe der Rechtspflege ſind beſondere Vorſchriften nicht erlaſſen. Es müſſen daher die allgemeinen Regeln über die Zeugnißpflicht zur Anwendung kommen. Darnach ſind folgende Fälle zu unterſcheiden: α) In Strafprozeſſen dürfen die Bankbeamten, auch wenn ſie nicht mehr im Dienſte ſind, über Umſtände, auf welche ſich ihre Pflicht zur Amtsverſchwiegenheit bezieht, als Zeugen nur mit Genehmigung ihrer vorgeſetzten Dienſtbehörde oder der ihnen zuletzt vorgeſetzt geweſenen Dienſtbehörde vernommen werden 2). Dieſe Genehmigung darf aber nur verſagt werden, wenn die Ab- legung des Zeugniſſes dem Wohle des Reiches oder eines Bundesſtaates Nachtheil bereiten würde 3); nicht um einen Angeſchuldigten vor der Enthüllung ſeiner mit der Bank geſchloſſenen Geſchäfte zn ſchützen. Hinſichtlich der Ausſchußmitglieder, Deputir- ten und Beigeordneten ſind dieſe Beſtimmungen nicht anwendbar, da dieſe Perſonen nicht Beamte ſind; ihnen liegt vielmehr in Straf- prozeſſen die Zeugnißpflicht ohne Einſchränkungen ob. β) In Civilprozeſſen ſind zur Verweigerung des Zeug- niſſes berechtigt: Perſonen, welchen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Thatſachen anvertraut ſind, deren Geheimhaltung durch die Natur derſelben oder durch geſetzliche Vorſchrift ge- boten iſt, in Betreff der Thatſachen, auf welche die Verpflichtung 1) Vgl. oben S. 386. 2) Reichsbeamten-Geſ. §. 12 Abſ. 2. Strafproc.-Ordn. §. 53 Abſ. 1. 3) Strafproc.-Ordn. §. 53 Abſ. 2.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/408>, abgerufen am 25.05.2024.