Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.§. 71. Die Verwaltung der Post und Telegraphie. Sachen einem Postbeamten oder Postillon zur Mitnahme über-giebt 1), und die Hinterziehung des Personengeldes dadurch, daß man wissentlich uneingeschrieben mit der Post reist 2). Die Post- Defraudation wird bestraft mit dem vierfachen Betrage des defrau- dirten Portos oder Personengeldes; überdies muß das Porto oder Personengeld, welches für die Beförderung zu entrichten gewesen wäre, nachgezahlt werden 3). Ist die Geldstrafe nicht beizutreiben, so tritt Haft an die Stelle. Die Dauer derselben muß vom Rich- ter festgesetzt werden und darf 6 Wochen nicht übersteigen 4). Die Festsetzung und Beitreibung der Geldstrafen aber kann anstatt durch gerichtliches Verfahren im Verwaltungswege nach folgenden Regeln erfolgen 5). 1. Straf-Verfügung ohne Untersuchung 6). Nach 1) Postges. §. 27. Im Rückfalle wird die Strafe verdoppelt, resp. auf das Vierfache erhöht. eod. §. 28. 2) Postges. §. 29. Eine Straferhöhung wegen Rückfalls findet bei der Hinterziehung von Personengeld nicht Statt. Ueber die Voraussetzungen des strafbaren Thatbestandes vgl. Meves S. 379 fg. 3) Postges. §. 30. 4) Postges. §. 31. Auf Gefängniß darf nicht erkannt werden. Vgl. Mo- tive S. 19. Dambach S. 96. Meves S. 381 fg. 5) Die Vorschriften des Postgesetzes bleiben durch das Inkrafttreten der Strafproceß-Ordnung unberührt. Einf.-Ges. zur St.-P.-O. §. 5 Abs. 1. 6) Postges. §. 34. 7) Dieses Verfahren muß beobachtet werden, bevor eine Untersuchung im administrativen oder im gerichtlichen Verfahren stattfinden darf; es ist nicht in das Ermessen der Postbehörde gestellt. Vgl. Meves S. 389 Nro. 11. 8) Strenger interpretirt Dambach S. 99 Note 2 diesen Ausdruck.
Allein die bloße Betheuerung des zahlenden Defraudanten, daß er unschuldig sei, muß als rechtlich unerheblich pro non scripto angesehen werden. §. 71. Die Verwaltung der Poſt und Telegraphie. Sachen einem Poſtbeamten oder Poſtillon zur Mitnahme über-giebt 1), und die Hinterziehung des Perſonengeldes dadurch, daß man wiſſentlich uneingeſchrieben mit der Poſt reiſt 2). Die Poſt- Defraudation wird beſtraft mit dem vierfachen Betrage des defrau- dirten Portos oder Perſonengeldes; überdies muß das Porto oder Perſonengeld, welches für die Beförderung zu entrichten geweſen wäre, nachgezahlt werden 3). Iſt die Geldſtrafe nicht beizutreiben, ſo tritt Haft an die Stelle. Die Dauer derſelben muß vom Rich- ter feſtgeſetzt werden und darf 6 Wochen nicht überſteigen 4). Die Feſtſetzung und Beitreibung der Geldſtrafen aber kann anſtatt durch gerichtliches Verfahren im Verwaltungswege nach folgenden Regeln erfolgen 5). 1. Straf-Verfügung ohne Unterſuchung 6). Nach 1) Poſtgeſ. §. 27. Im Rückfalle wird die Strafe verdoppelt, reſp. auf das Vierfache erhöht. eod. §. 28. 2) Poſtgeſ. §. 29. Eine Straferhöhung wegen Rückfalls findet bei der Hinterziehung von Perſonengeld nicht Statt. Ueber die Vorausſetzungen des ſtrafbaren Thatbeſtandes vgl. Meves S. 379 fg. 3) Poſtgeſ. §. 30. 4) Poſtgeſ. §. 31. Auf Gefängniß darf nicht erkannt werden. Vgl. Mo- tive S. 19. Dambach S. 96. Meves S. 381 fg. 5) Die Vorſchriften des Poſtgeſetzes bleiben durch das Inkrafttreten der Strafproceß-Ordnung unberührt. Einf.-Geſ. zur St.-P.-O. §. 5 Abſ. 1. 6) Poſtgeſ. §. 34. 7) Dieſes Verfahren muß beobachtet werden, bevor eine Unterſuchung im adminiſtrativen oder im gerichtlichen Verfahren ſtattfinden darf; es iſt nicht in das Ermeſſen der Poſtbehörde geſtellt. Vgl. Meves S. 389 Nro. 11. 8) Strenger interpretirt Dambach S. 99 Note 2 dieſen Ausdruck.
Allein die bloße Betheuerung des zahlenden Defraudanten, daß er unſchuldig ſei, muß als rechtlich unerheblich pro non scripto angeſehen werden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0362" n="348"/><fw place="top" type="header">§. 71. Die Verwaltung der Poſt und Telegraphie.</fw><lb/> Sachen einem Poſtbeamten oder Poſtillon zur Mitnahme über-<lb/> giebt <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#g">Poſtgeſ</hi>. §. 27. Im Rückfalle wird die Strafe verdoppelt, reſp. auf<lb/> das Vierfache erhöht. <hi rendition="#aq">eod.</hi> §. 28.</note>, und die Hinterziehung des Perſonengeldes dadurch, daß<lb/> man wiſſentlich uneingeſchrieben mit der Poſt reiſt <note place="foot" n="2)">Poſtgeſ. §. 29. Eine Straferhöhung wegen Rückfalls findet bei der<lb/> Hinterziehung von Perſonengeld nicht Statt. Ueber die Vorausſetzungen des<lb/> ſtrafbaren Thatbeſtandes vgl. <hi rendition="#g">Meves</hi> S. 379 fg.</note>. Die Poſt-<lb/> Defraudation wird beſtraft mit dem vierfachen Betrage des defrau-<lb/> dirten Portos oder Perſonengeldes; überdies muß das Porto oder<lb/> Perſonengeld, welches für die Beförderung zu entrichten geweſen<lb/> wäre, nachgezahlt werden <note place="foot" n="3)">Poſtgeſ. §. 30.</note>. Iſt die Geldſtrafe nicht beizutreiben,<lb/> ſo tritt <hi rendition="#g">Haft</hi> an die Stelle. Die Dauer derſelben muß vom <hi rendition="#g">Rich-<lb/> ter</hi> feſtgeſetzt werden und darf 6 Wochen nicht überſteigen <note place="foot" n="4)">Poſtgeſ. §. 31. Auf Gefängniß darf nicht erkannt werden. Vgl. <hi rendition="#g">Mo-<lb/> tive</hi> S. 19. <hi rendition="#g">Dambach</hi> S. 96. <hi rendition="#g">Meves</hi> S. 381 fg.</note>. Die<lb/> Feſtſetzung und Beitreibung der Geldſtrafen aber <hi rendition="#g">kann</hi> anſtatt durch<lb/> gerichtliches Verfahren im <hi rendition="#g">Verwaltungswege</hi> nach folgenden<lb/> Regeln erfolgen <note place="foot" n="5)">Die Vorſchriften des Poſtgeſetzes bleiben durch das Inkrafttreten der<lb/> Strafproceß-Ordnung unberührt. <hi rendition="#g">Einf.-Geſ</hi>. zur St.-P.-O. §. 5 Abſ. 1.</note>.</p><lb/> <p>1. <hi rendition="#g">Straf-Verfügung ohne Unterſuchung</hi> <note place="foot" n="6)">Poſtgeſ. §. 34.</note>. Nach<lb/> Entdeckung einer Poſtdefraudation hat die Ober-Poſtdirektion mittelſt<lb/> beſonderer Verfügung dem Angeſchuldigten mitzutheilen, welche<lb/> Geldſtrafe er verwirkt habe und ihm frei zu ſtellen, das fernere<lb/> Verfahren und die Ertheilung eines Strafbeſcheides durch Bezah-<lb/> lung der Strafe und Koſten innerhalb einer präkluſiviſchen Friſt<lb/> von 10 Tagen zu vermeiden <note place="foot" n="7)">Dieſes Verfahren <hi rendition="#g">muß</hi> beobachtet werden, bevor eine Unterſuchung<lb/> im adminiſtrativen oder im gerichtlichen Verfahren ſtattfinden darf; es iſt nicht<lb/> in das Ermeſſen der Poſtbehörde geſtellt. Vgl. <hi rendition="#g">Meves</hi> S. 389 Nro. 11.</note>. Wenn der Angeſchuldigte die Zah-<lb/> lung ohne Einrede, d. h. ohne Vorbehalt der Rückforderung im<lb/> Prozeßwege <note place="foot" n="8)">Strenger interpretirt <hi rendition="#g">Dambach</hi> S. 99 Note 2 dieſen Ausdruck.<lb/> Allein die bloße Betheuerung des zahlenden Defraudanten, daß er unſchuldig<lb/> ſei, muß als rechtlich unerheblich <hi rendition="#aq">pro non scripto</hi> angeſehen werden.</note>, leiſtet, ſo gilt die Verfügung als rechtskräftiger<lb/> Strafbeſcheid und das Verfahren iſt beendet; im entgegengeſetzten<lb/> Falle iſt eine Unterſuchung erforderlich.</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [348/0362]
§. 71. Die Verwaltung der Poſt und Telegraphie.
Sachen einem Poſtbeamten oder Poſtillon zur Mitnahme über-
giebt 1), und die Hinterziehung des Perſonengeldes dadurch, daß
man wiſſentlich uneingeſchrieben mit der Poſt reiſt 2). Die Poſt-
Defraudation wird beſtraft mit dem vierfachen Betrage des defrau-
dirten Portos oder Perſonengeldes; überdies muß das Porto oder
Perſonengeld, welches für die Beförderung zu entrichten geweſen
wäre, nachgezahlt werden 3). Iſt die Geldſtrafe nicht beizutreiben,
ſo tritt Haft an die Stelle. Die Dauer derſelben muß vom Rich-
ter feſtgeſetzt werden und darf 6 Wochen nicht überſteigen 4). Die
Feſtſetzung und Beitreibung der Geldſtrafen aber kann anſtatt durch
gerichtliches Verfahren im Verwaltungswege nach folgenden
Regeln erfolgen 5).
1. Straf-Verfügung ohne Unterſuchung 6). Nach
Entdeckung einer Poſtdefraudation hat die Ober-Poſtdirektion mittelſt
beſonderer Verfügung dem Angeſchuldigten mitzutheilen, welche
Geldſtrafe er verwirkt habe und ihm frei zu ſtellen, das fernere
Verfahren und die Ertheilung eines Strafbeſcheides durch Bezah-
lung der Strafe und Koſten innerhalb einer präkluſiviſchen Friſt
von 10 Tagen zu vermeiden 7). Wenn der Angeſchuldigte die Zah-
lung ohne Einrede, d. h. ohne Vorbehalt der Rückforderung im
Prozeßwege 8), leiſtet, ſo gilt die Verfügung als rechtskräftiger
Strafbeſcheid und das Verfahren iſt beendet; im entgegengeſetzten
Falle iſt eine Unterſuchung erforderlich.
1) Poſtgeſ. §. 27. Im Rückfalle wird die Strafe verdoppelt, reſp. auf
das Vierfache erhöht. eod. §. 28.
2) Poſtgeſ. §. 29. Eine Straferhöhung wegen Rückfalls findet bei der
Hinterziehung von Perſonengeld nicht Statt. Ueber die Vorausſetzungen des
ſtrafbaren Thatbeſtandes vgl. Meves S. 379 fg.
3) Poſtgeſ. §. 30.
4) Poſtgeſ. §. 31. Auf Gefängniß darf nicht erkannt werden. Vgl. Mo-
tive S. 19. Dambach S. 96. Meves S. 381 fg.
5) Die Vorſchriften des Poſtgeſetzes bleiben durch das Inkrafttreten der
Strafproceß-Ordnung unberührt. Einf.-Geſ. zur St.-P.-O. §. 5 Abſ. 1.
6) Poſtgeſ. §. 34.
7) Dieſes Verfahren muß beobachtet werden, bevor eine Unterſuchung
im adminiſtrativen oder im gerichtlichen Verfahren ſtattfinden darf; es iſt nicht
in das Ermeſſen der Poſtbehörde geſtellt. Vgl. Meves S. 389 Nro. 11.
8) Strenger interpretirt Dambach S. 99 Note 2 dieſen Ausdruck.
Allein die bloße Betheuerung des zahlenden Defraudanten, daß er unſchuldig
ſei, muß als rechtlich unerheblich pro non scripto angeſehen werden.
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