Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 71. Die Verwaltung der Post und Telegraphie.
Ungarn vom 7. Mai 1872 (R.-G.-Bl. 1873 S. 33) ist ein dieser
Befugniß Bayerns und Württemberg's entsprechender Vorbehalt
gemacht und auch Art. 14 des Allgem. Postvereins-Vertrages vom
9. Okt. 1874 (R.-G.-Bl. 1875 S. 231) hat die Befugniß zum Ab-
schluß besonderer Verträge und zur Errichtung engerer Postvereine
aufrecht erhalten. Ebenso finden die Bestimmungen der Reichs-
Telegraphen-Ordnung v. 21. Juni 1872 1) nur auf diejenige Korre-
spondenz Anwendung, welche die Linien mindestens zweier der 3
dem deutschen Reiche angehörigen Verwaltungen berührt, gleichviel
ob die Depesche im deutschen Reiche verbleibt oder mit dem Aus-
lande gewechselt wird.

5) Die Selbstständigkeit der Verwaltungen Bayern's und
Württemberg's hat die Folge, daß der Verkehr zwischen diesen
Gebieten untereinander sowie zwischen diesen Gebieten und dem
übrigen Reichsgebiet und die rechtlichen Beziehungen unter diesen
Verwaltungen nicht staatsrechtlich, sondern vertragsmäßig
geregelt sind, wobei selbstverständlich die in den Postgesetzen
des deutschen Reiches aufgestellten Regeln die rechtlichen Grenz-
linien für die Vertragsfreiheit der Verwaltung abgeben. Die
Grundlage für diese Vereinbarungen bilden noch gegenwärtig der
zwischen dem Nordd. Bunde und den süddeutschen Staaten abge-
schlossene Postvertrag vom 23. November 1867 2), welcher nach
der Gründung des Reiches eine Abänderung und Ergänzung durch
die Uebereinkunft v. 9. November 1872 erhalten hat 3),
und der Telegraphen-Vereinsvertrag vom 25. Oktober
1868, welcher vom 1. Januar 1872 an eine erhebliche Verände-
rung, insbesondere hinsichtlich der Tarifsätze erfuhr 4).

Hinsichtlich des Postverkehres besteht demgemäß eine 3fache
Unterscheidung:

a) Der innere Verkehr, wofern die Postsendung nur das
Gebiet einer der drei Verwaltungen berührt.

b) Der Wechselverkehr, wenn der Transport der Post-

1) R.-G.-Bl. 1872 S. 213 ff.
2) B.-G.-Bl. 1868 S. 41 ff.
3) Abgedruckt in Hirth's Annalen 1873 S. 1257 ff. aus dem amtlichen
"Handbuch für den Wechselverkehr etc. etc." Berlin 1872 (Decker).
4) Telegraphen-Amtsbl. v. 1871 S. 137. Vgl. Fischer in v. Holtzen-
dorff's Jahrb. II. S. 253.

§. 71. Die Verwaltung der Poſt und Telegraphie.
Ungarn vom 7. Mai 1872 (R.-G.-Bl. 1873 S. 33) iſt ein dieſer
Befugniß Bayerns und Württemberg’s entſprechender Vorbehalt
gemacht und auch Art. 14 des Allgem. Poſtvereins-Vertrages vom
9. Okt. 1874 (R.-G.-Bl. 1875 S. 231) hat die Befugniß zum Ab-
ſchluß beſonderer Verträge und zur Errichtung engerer Poſtvereine
aufrecht erhalten. Ebenſo finden die Beſtimmungen der Reichs-
Telegraphen-Ordnung v. 21. Juni 1872 1) nur auf diejenige Korre-
ſpondenz Anwendung, welche die Linien mindeſtens zweier der 3
dem deutſchen Reiche angehörigen Verwaltungen berührt, gleichviel
ob die Depeſche im deutſchen Reiche verbleibt oder mit dem Aus-
lande gewechſelt wird.

5) Die Selbſtſtändigkeit der Verwaltungen Bayern’s und
Württemberg’s hat die Folge, daß der Verkehr zwiſchen dieſen
Gebieten untereinander ſowie zwiſchen dieſen Gebieten und dem
übrigen Reichsgebiet und die rechtlichen Beziehungen unter dieſen
Verwaltungen nicht ſtaatsrechtlich, ſondern vertragsmäßig
geregelt ſind, wobei ſelbſtverſtändlich die in den Poſtgeſetzen
des deutſchen Reiches aufgeſtellten Regeln die rechtlichen Grenz-
linien für die Vertragsfreiheit der Verwaltung abgeben. Die
Grundlage für dieſe Vereinbarungen bilden noch gegenwärtig der
zwiſchen dem Nordd. Bunde und den ſüddeutſchen Staaten abge-
ſchloſſene Poſtvertrag vom 23. November 1867 2), welcher nach
der Gründung des Reiches eine Abänderung und Ergänzung durch
die Uebereinkunft v. 9. November 1872 erhalten hat 3),
und der Telegraphen-Vereinsvertrag vom 25. Oktober
1868, welcher vom 1. Januar 1872 an eine erhebliche Verände-
rung, insbeſondere hinſichtlich der Tarifſätze erfuhr 4).

Hinſichtlich des Poſtverkehres beſteht demgemäß eine 3fache
Unterſcheidung:

a) Der innere Verkehr, wofern die Poſtſendung nur das
Gebiet einer der drei Verwaltungen berührt.

b) Der Wechſelverkehr, wenn der Transport der Poſt-

1) R.-G.-Bl. 1872 S. 213 ff.
2) B.-G.-Bl. 1868 S. 41 ff.
3) Abgedruckt in Hirth’s Annalen 1873 S. 1257 ff. aus dem amtlichen
„Handbuch für den Wechſelverkehr ꝛc. ꝛc.“ Berlin 1872 (Decker).
4) Telegraphen-Amtsbl. v. 1871 S. 137. Vgl. Fiſcher in v. Holtzen-
dorff’s Jahrb. II. S. 253.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0307" n="293"/><fw place="top" type="header">§. 71. Die Verwaltung der Po&#x017F;t und Telegraphie.</fw><lb/>
Ungarn vom 7. Mai 1872 (R.-G.-Bl. 1873 S. 33) i&#x017F;t ein die&#x017F;er<lb/>
Befugniß Bayerns und Württemberg&#x2019;s ent&#x017F;prechender Vorbehalt<lb/>
gemacht und auch Art. 14 des Allgem. Po&#x017F;tvereins-Vertrages vom<lb/>
9. Okt. 1874 (R.-G.-Bl. 1875 S. 231) hat die Befugniß zum Ab-<lb/>
&#x017F;chluß be&#x017F;onderer Verträge und zur Errichtung engerer Po&#x017F;tvereine<lb/>
aufrecht erhalten. Eben&#x017F;o finden die Be&#x017F;timmungen der Reichs-<lb/>
Telegraphen-Ordnung v. 21. Juni 1872 <note place="foot" n="1)">R.-G.-Bl. 1872 S. 213 ff.</note> nur auf diejenige Korre-<lb/>
&#x017F;pondenz Anwendung, welche die Linien minde&#x017F;tens zweier der 3<lb/>
dem deut&#x017F;chen Reiche angehörigen Verwaltungen berührt, gleichviel<lb/>
ob die Depe&#x017F;che im deut&#x017F;chen Reiche verbleibt oder mit dem Aus-<lb/>
lande gewech&#x017F;elt wird.</p><lb/>
              <p>5) Die Selb&#x017F;t&#x017F;tändigkeit der Verwaltungen Bayern&#x2019;s und<lb/>
Württemberg&#x2019;s hat die Folge, daß der Verkehr zwi&#x017F;chen die&#x017F;en<lb/>
Gebieten untereinander &#x017F;owie zwi&#x017F;chen die&#x017F;en Gebieten und dem<lb/>
übrigen Reichsgebiet und die rechtlichen Beziehungen unter die&#x017F;en<lb/>
Verwaltungen nicht &#x017F;taatsrechtlich, &#x017F;ondern <hi rendition="#g">vertragsmäßig</hi><lb/>
geregelt &#x017F;ind, wobei &#x017F;elb&#x017F;tver&#x017F;tändlich die in den Po&#x017F;tge&#x017F;etzen<lb/>
des deut&#x017F;chen Reiches aufge&#x017F;tellten Regeln die rechtlichen Grenz-<lb/>
linien für die Vertragsfreiheit der Verwaltung abgeben. Die<lb/>
Grundlage für die&#x017F;e Vereinbarungen bilden noch gegenwärtig der<lb/>
zwi&#x017F;chen dem Nordd. Bunde und den &#x017F;üddeut&#x017F;chen Staaten abge-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ene <hi rendition="#g">Po&#x017F;tvertrag</hi> vom 23. November 1867 <note place="foot" n="2)">B.-G.-Bl. 1868 S. 41 ff.</note>, welcher nach<lb/>
der Gründung des Reiches eine Abänderung und Ergänzung durch<lb/>
die <hi rendition="#g">Uebereinkunft v. 9. November 1872</hi> erhalten hat <note place="foot" n="3)">Abgedruckt in Hirth&#x2019;s Annalen 1873 S. 1257 ff. aus dem amtlichen<lb/>
&#x201E;Handbuch für den Wech&#x017F;elverkehr &#xA75B;c. &#xA75B;c.&#x201C; Berlin 1872 (Decker).</note>,<lb/>
und der <hi rendition="#g">Telegraphen-Vereinsvertrag</hi> vom 25. Oktober<lb/>
1868, welcher vom 1. Januar 1872 an eine erhebliche Verände-<lb/>
rung, insbe&#x017F;ondere hin&#x017F;ichtlich der Tarif&#x017F;ätze erfuhr <note place="foot" n="4)">Telegraphen-Amtsbl. v. 1871 S. 137. Vgl. <hi rendition="#g">Fi&#x017F;cher</hi> in v. Holtzen-<lb/>
dorff&#x2019;s Jahrb. <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 253.</note>.</p><lb/>
              <p>Hin&#x017F;ichtlich des Po&#x017F;tverkehres be&#x017F;teht demgemäß eine 3fache<lb/>
Unter&#x017F;cheidung:</p><lb/>
              <p><hi rendition="#aq">a</hi>) Der <hi rendition="#g">innere Verkehr</hi>, wofern die Po&#x017F;t&#x017F;endung nur das<lb/>
Gebiet <hi rendition="#g">einer</hi> der drei Verwaltungen berührt.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#aq">b</hi>) Der <hi rendition="#g">Wech&#x017F;elverkehr</hi>, wenn der Transport der Po&#x017F;t-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[293/0307] §. 71. Die Verwaltung der Poſt und Telegraphie. Ungarn vom 7. Mai 1872 (R.-G.-Bl. 1873 S. 33) iſt ein dieſer Befugniß Bayerns und Württemberg’s entſprechender Vorbehalt gemacht und auch Art. 14 des Allgem. Poſtvereins-Vertrages vom 9. Okt. 1874 (R.-G.-Bl. 1875 S. 231) hat die Befugniß zum Ab- ſchluß beſonderer Verträge und zur Errichtung engerer Poſtvereine aufrecht erhalten. Ebenſo finden die Beſtimmungen der Reichs- Telegraphen-Ordnung v. 21. Juni 1872 1) nur auf diejenige Korre- ſpondenz Anwendung, welche die Linien mindeſtens zweier der 3 dem deutſchen Reiche angehörigen Verwaltungen berührt, gleichviel ob die Depeſche im deutſchen Reiche verbleibt oder mit dem Aus- lande gewechſelt wird. 5) Die Selbſtſtändigkeit der Verwaltungen Bayern’s und Württemberg’s hat die Folge, daß der Verkehr zwiſchen dieſen Gebieten untereinander ſowie zwiſchen dieſen Gebieten und dem übrigen Reichsgebiet und die rechtlichen Beziehungen unter dieſen Verwaltungen nicht ſtaatsrechtlich, ſondern vertragsmäßig geregelt ſind, wobei ſelbſtverſtändlich die in den Poſtgeſetzen des deutſchen Reiches aufgeſtellten Regeln die rechtlichen Grenz- linien für die Vertragsfreiheit der Verwaltung abgeben. Die Grundlage für dieſe Vereinbarungen bilden noch gegenwärtig der zwiſchen dem Nordd. Bunde und den ſüddeutſchen Staaten abge- ſchloſſene Poſtvertrag vom 23. November 1867 2), welcher nach der Gründung des Reiches eine Abänderung und Ergänzung durch die Uebereinkunft v. 9. November 1872 erhalten hat 3), und der Telegraphen-Vereinsvertrag vom 25. Oktober 1868, welcher vom 1. Januar 1872 an eine erhebliche Verände- rung, insbeſondere hinſichtlich der Tarifſätze erfuhr 4). Hinſichtlich des Poſtverkehres beſteht demgemäß eine 3fache Unterſcheidung: a) Der innere Verkehr, wofern die Poſtſendung nur das Gebiet einer der drei Verwaltungen berührt. b) Der Wechſelverkehr, wenn der Transport der Poſt- 1) R.-G.-Bl. 1872 S. 213 ff. 2) B.-G.-Bl. 1868 S. 41 ff. 3) Abgedruckt in Hirth’s Annalen 1873 S. 1257 ff. aus dem amtlichen „Handbuch für den Wechſelverkehr ꝛc. ꝛc.“ Berlin 1872 (Decker). 4) Telegraphen-Amtsbl. v. 1871 S. 137. Vgl. Fiſcher in v. Holtzen- dorff’s Jahrb. II. S. 253.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/307
Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/307>, abgerufen am 23.11.2024.