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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

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§. 62. Die Gesetzgebung für Elsaß-Lothringen.
Einholung des Gutachtens des Landesausschusses für Gesetze,
welche die sogen. inneren Angelegenheiten Elsaß-Lothringens be-
treffen, nicht zum rechtlichen Erforderniß erklärt geworden. Auch
wenn die Begutachtung Seitens des Landesausschusses nicht er-
folgt ist, kann das Reichsgesetz rechtsgiltig zu Stande kommen 1).
Mit Recht ist daher die Bezugnahme auf das eingeholte Gutachten
des Landesausschusses in der Promulgationsformel der für Elsaß-
Lothringen ergangenen Reichsgesetze fortgeblieben.

Erst das Gesetz vom 2. Mai 1877 hat dem erwähnten Erlaß
vom 29. Oktober 1874 eine staatsrechtliche Bedeutung verliehen,
indem es die gutachtliche Aeußerung des Landesausschusses in eine
Zustimmung zu den Landesgesetzen verwandelte und dieser Zu-
stimmung die Kraft beilegte, die Zustimmung des Reichstages zu
ersetzen.

Der Erlaß vom 29. Oktober 1874 war nicht in der für
Schaffung eines Rechtssatzes erforderlichen Gesetzesform ergangen.
Diesen Mangel hat das R.-G. v. 2. Mai 1877 gehoben. Das-
selbe hat den Erlaß mit der Kraft eines Reichsgesetzes ausge-
stattet; er ist als Anlage zu dem Gesetz im R.-G.-Bl. verkündet;
und er kann fortan nur durch Reichsgesetz d. h. im ordent-
lichen Wege der Reichsgesetzgebung
abgeändert oder auf-
gehoben werden 2).

Außer der Zustimmung des Landes-Ausschusses ist die Zu-
stimmung des Bundesrathes zu dem Inhalt des Gesetzes er-
forderlich; in dieser Beziehung besteht kein Unterschied zwischen
dem Weg der ordentlichen Reichsgesetzgebung und dem Weg der
elsaß-lothringenschen Landesgesetzgebung.

b) Die Sanction.

Nach dem R.-G. v. 2. Mai 1877 §. 1 werden die Landes-
gesetze für Elsaß-Lothringen mit Zustimmung des Bundesrathes
vom Kaiser erlassen. Hierin besteht der zweite wichtige
Unterschied zwischen der Landesgesetzgebung für Elsaß-Lothringen
und der ordentlichen Reichsgesetzgebung. Ganz ebenso wie nach
dem Gesetz vom 9. Juni 1871 ist auch nach dem Gesetz vom

1) Dies gilt auch jetzt noch, wofern der im §. 2 des Ges. v. 2. Mai 1877
vorbehaltene Weg der Reichsgesetzgebung beschritten wird.
2) R.-G. v. 2. Mai 1877 §. 4.

§. 62. Die Geſetzgebung für Elſaß-Lothringen.
Einholung des Gutachtens des Landesausſchuſſes für Geſetze,
welche die ſogen. inneren Angelegenheiten Elſaß-Lothringens be-
treffen, nicht zum rechtlichen Erforderniß erklärt geworden. Auch
wenn die Begutachtung Seitens des Landesausſchuſſes nicht er-
folgt iſt, kann das Reichsgeſetz rechtsgiltig zu Stande kommen 1).
Mit Recht iſt daher die Bezugnahme auf das eingeholte Gutachten
des Landesausſchuſſes in der Promulgationsformel der für Elſaß-
Lothringen ergangenen Reichsgeſetze fortgeblieben.

Erſt das Geſetz vom 2. Mai 1877 hat dem erwähnten Erlaß
vom 29. Oktober 1874 eine ſtaatsrechtliche Bedeutung verliehen,
indem es die gutachtliche Aeußerung des Landesausſchuſſes in eine
Zuſtimmung zu den Landesgeſetzen verwandelte und dieſer Zu-
ſtimmung die Kraft beilegte, die Zuſtimmung des Reichstages zu
erſetzen.

Der Erlaß vom 29. Oktober 1874 war nicht in der für
Schaffung eines Rechtsſatzes erforderlichen Geſetzesform ergangen.
Dieſen Mangel hat das R.-G. v. 2. Mai 1877 gehoben. Das-
ſelbe hat den Erlaß mit der Kraft eines Reichsgeſetzes ausge-
ſtattet; er iſt als Anlage zu dem Geſetz im R.-G.-Bl. verkündet;
und er kann fortan nur durch Reichsgeſetz d. h. im ordent-
lichen Wege der Reichsgeſetzgebung
abgeändert oder auf-
gehoben werden 2).

Außer der Zuſtimmung des Landes-Ausſchuſſes iſt die Zu-
ſtimmung des Bundesrathes zu dem Inhalt des Geſetzes er-
forderlich; in dieſer Beziehung beſteht kein Unterſchied zwiſchen
dem Weg der ordentlichen Reichsgeſetzgebung und dem Weg der
elſaß-lothringenſchen Landesgeſetzgebung.

b) Die Sanction.

Nach dem R.-G. v. 2. Mai 1877 §. 1 werden die Landes-
geſetze für Elſaß-Lothringen mit Zuſtimmung des Bundesrathes
vom Kaiſer erlaſſen. Hierin beſteht der zweite wichtige
Unterſchied zwiſchen der Landesgeſetzgebung für Elſaß-Lothringen
und der ordentlichen Reichsgeſetzgebung. Ganz ebenſo wie nach
dem Geſetz vom 9. Juni 1871 iſt auch nach dem Geſetz vom

1) Dies gilt auch jetzt noch, wofern der im §. 2 des Geſ. v. 2. Mai 1877
vorbehaltene Weg der Reichsgeſetzgebung beſchritten wird.
2) R.-G. v. 2. Mai 1877 §. 4.
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[143/0157] §. 62. Die Geſetzgebung für Elſaß-Lothringen. Einholung des Gutachtens des Landesausſchuſſes für Geſetze, welche die ſogen. inneren Angelegenheiten Elſaß-Lothringens be- treffen, nicht zum rechtlichen Erforderniß erklärt geworden. Auch wenn die Begutachtung Seitens des Landesausſchuſſes nicht er- folgt iſt, kann das Reichsgeſetz rechtsgiltig zu Stande kommen 1). Mit Recht iſt daher die Bezugnahme auf das eingeholte Gutachten des Landesausſchuſſes in der Promulgationsformel der für Elſaß- Lothringen ergangenen Reichsgeſetze fortgeblieben. Erſt das Geſetz vom 2. Mai 1877 hat dem erwähnten Erlaß vom 29. Oktober 1874 eine ſtaatsrechtliche Bedeutung verliehen, indem es die gutachtliche Aeußerung des Landesausſchuſſes in eine Zuſtimmung zu den Landesgeſetzen verwandelte und dieſer Zu- ſtimmung die Kraft beilegte, die Zuſtimmung des Reichstages zu erſetzen. Der Erlaß vom 29. Oktober 1874 war nicht in der für Schaffung eines Rechtsſatzes erforderlichen Geſetzesform ergangen. Dieſen Mangel hat das R.-G. v. 2. Mai 1877 gehoben. Das- ſelbe hat den Erlaß mit der Kraft eines Reichsgeſetzes ausge- ſtattet; er iſt als Anlage zu dem Geſetz im R.-G.-Bl. verkündet; und er kann fortan nur durch Reichsgeſetz d. h. im ordent- lichen Wege der Reichsgeſetzgebung abgeändert oder auf- gehoben werden 2). Außer der Zuſtimmung des Landes-Ausſchuſſes iſt die Zu- ſtimmung des Bundesrathes zu dem Inhalt des Geſetzes er- forderlich; in dieſer Beziehung beſteht kein Unterſchied zwiſchen dem Weg der ordentlichen Reichsgeſetzgebung und dem Weg der elſaß-lothringenſchen Landesgeſetzgebung. b) Die Sanction. Nach dem R.-G. v. 2. Mai 1877 §. 1 werden die Landes- geſetze für Elſaß-Lothringen mit Zuſtimmung des Bundesrathes vom Kaiſer erlaſſen. Hierin beſteht der zweite wichtige Unterſchied zwiſchen der Landesgeſetzgebung für Elſaß-Lothringen und der ordentlichen Reichsgeſetzgebung. Ganz ebenſo wie nach dem Geſetz vom 9. Juni 1871 iſt auch nach dem Geſetz vom 1) Dies gilt auch jetzt noch, wofern der im §. 2 des Geſ. v. 2. Mai 1877 vorbehaltene Weg der Reichsgeſetzgebung beſchritten wird. 2) R.-G. v. 2. Mai 1877 §. 4.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/157>, abgerufen am 24.11.2024.