Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 4. Die Gründung des Deutschen Reiches.

Gebietes in den Bund einzutreten, und so geschah es, daß
in der zweiten Hälfte des Octobers Vertreter der sämmt-
lichen süddeutschen Staaten in Versailles zusammentraten,
um über die Gründung eines Deutschen Bun-
des
zu verhandeln. Die Verhandlungen mit Württemberg,
mit Baden und mit Hessen führten sehr bald zu der Ueber-
zeugung, daß es ohne große Schwierigkeiten gelingen werde,
auf Grundlage der Verfassung des Norddeutschen Bundes
zu einer Verständigung zu gelangen; die Verhandlungen
mit Bayern boten Anfangs größere Schwierigkeiten und
es war auf den eigenen Wunsch des Königl. Bayerischen
Bevollmächtigten, daß zunächst die Verhandlungen mit den
drei anderen süddeutschen Staaten fortgesetzt wurden. Die
Königlich Bayerischen Bevollmächtigten fühlten das Bedürf-
niß, nicht ihrerseits durch die sich darbietenden Schwierig-
keiten den Abschluß mit den anderen Staaten zu verzögern.
So kam es, daß gegen Mitte des November die Verstän-
digung mit den drei anderen süddeutschen Staaten zum
Abschluß gekommen war. Ein unvorhergesehener Zufall
verhinderte es, daß gleich am 15. November Württemberg
an der mit ihm bereits in allen Hauptpunkten festgesetzten
Verständigung theilnahm. Es wurde deshalb zunächst mit
Baden und mit Hessen abgeschlossen. Während dem wur-
den die Verhandlungen mit Bayern wieder aufgenommen
oder fortgesetzt; sie führten rascher, als es Anfangs er-
wartet werden durfte, zum Abschluß, der in dem Vertrage
vom 23. November vorliegt. Am 25. November erfolgte
alsdann auf Grund der in Versailles bereits festgestellten
Verständigung der Abschluß mit Württemberg." -- --

Die Resultate der hier erwähnten Verhandlungen sind nieder-
gelegt in folgenden Urkunden:

I. Vertrag zwischen dem Norddeutschen Bunde,
Baden und Hessen
, geschlossen zu Versailles, den 15. No-
vember 1870 1).

Diesem Vertrage ist beigegeben eine "Verfassung des Deut-

1) Bundesges.-Bl. 1870 S. 650.

§. 4. Die Gründung des Deutſchen Reiches.

Gebietes in den Bund einzutreten, und ſo geſchah es, daß
in der zweiten Hälfte des Octobers Vertreter der ſämmt-
lichen ſüddeutſchen Staaten in Verſailles zuſammentraten,
um über die Gründung eines Deutſchen Bun-
des
zu verhandeln. Die Verhandlungen mit Württemberg,
mit Baden und mit Heſſen führten ſehr bald zu der Ueber-
zeugung, daß es ohne große Schwierigkeiten gelingen werde,
auf Grundlage der Verfaſſung des Norddeutſchen Bundes
zu einer Verſtändigung zu gelangen; die Verhandlungen
mit Bayern boten Anfangs größere Schwierigkeiten und
es war auf den eigenen Wunſch des Königl. Bayeriſchen
Bevollmächtigten, daß zunächſt die Verhandlungen mit den
drei anderen ſüddeutſchen Staaten fortgeſetzt wurden. Die
Königlich Bayeriſchen Bevollmächtigten fühlten das Bedürf-
niß, nicht ihrerſeits durch die ſich darbietenden Schwierig-
keiten den Abſchluß mit den anderen Staaten zu verzögern.
So kam es, daß gegen Mitte des November die Verſtän-
digung mit den drei anderen ſüddeutſchen Staaten zum
Abſchluß gekommen war. Ein unvorhergeſehener Zufall
verhinderte es, daß gleich am 15. November Württemberg
an der mit ihm bereits in allen Hauptpunkten feſtgeſetzten
Verſtändigung theilnahm. Es wurde deshalb zunächſt mit
Baden und mit Heſſen abgeſchloſſen. Während dem wur-
den die Verhandlungen mit Bayern wieder aufgenommen
oder fortgeſetzt; ſie führten raſcher, als es Anfangs er-
wartet werden durfte, zum Abſchluß, der in dem Vertrage
vom 23. November vorliegt. Am 25. November erfolgte
alsdann auf Grund der in Verſailles bereits feſtgeſtellten
Verſtändigung der Abſchluß mit Württemberg.“ — —

Die Reſultate der hier erwähnten Verhandlungen ſind nieder-
gelegt in folgenden Urkunden:

I. Vertrag zwiſchen dem Norddeutſchen Bunde,
Baden und Heſſen
, geſchloſſen zu Verſailles, den 15. No-
vember 1870 1).

Dieſem Vertrage iſt beigegeben eine „Verfaſſung des Deut-

1) Bundesgeſ.-Bl. 1870 S. 650.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p>
            <pb facs="#f0059" n="39"/>
            <fw place="top" type="header">§. 4. Die Gründung des Deut&#x017F;chen Reiches.</fw><lb/> <hi rendition="#et">Gebietes in den Bund einzutreten, und &#x017F;o ge&#x017F;chah es, daß<lb/>
in der zweiten Hälfte des Octobers Vertreter der &#x017F;ämmt-<lb/>
lichen &#x017F;üddeut&#x017F;chen Staaten in Ver&#x017F;ailles zu&#x017F;ammentraten,<lb/>
um <hi rendition="#g">über die Gründung eines Deut&#x017F;chen Bun-<lb/>
des</hi> zu verhandeln. Die Verhandlungen mit Württemberg,<lb/>
mit Baden und mit He&#x017F;&#x017F;en führten &#x017F;ehr bald zu der Ueber-<lb/>
zeugung, daß es ohne große Schwierigkeiten gelingen werde,<lb/>
auf Grundlage der Verfa&#x017F;&#x017F;ung des Norddeut&#x017F;chen Bundes<lb/>
zu einer Ver&#x017F;tändigung zu gelangen; die Verhandlungen<lb/>
mit Bayern boten Anfangs größere Schwierigkeiten und<lb/>
es war auf den eigenen Wun&#x017F;ch des Königl. Bayeri&#x017F;chen<lb/>
Bevollmächtigten, daß zunäch&#x017F;t die Verhandlungen mit den<lb/>
drei anderen &#x017F;üddeut&#x017F;chen Staaten fortge&#x017F;etzt wurden. Die<lb/>
Königlich Bayeri&#x017F;chen Bevollmächtigten fühlten das Bedürf-<lb/>
niß, nicht ihrer&#x017F;eits durch die &#x017F;ich darbietenden Schwierig-<lb/>
keiten den Ab&#x017F;chluß mit den anderen Staaten zu verzögern.<lb/>
So kam es, daß gegen Mitte des November die Ver&#x017F;tän-<lb/>
digung mit den drei anderen &#x017F;üddeut&#x017F;chen Staaten zum<lb/>
Ab&#x017F;chluß gekommen war. Ein unvorherge&#x017F;ehener Zufall<lb/>
verhinderte es, daß gleich am 15. November Württemberg<lb/>
an der mit ihm bereits in allen Hauptpunkten fe&#x017F;tge&#x017F;etzten<lb/>
Ver&#x017F;tändigung theilnahm. Es wurde deshalb zunäch&#x017F;t mit<lb/>
Baden und mit He&#x017F;&#x017F;en abge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en. Während dem wur-<lb/>
den die Verhandlungen mit Bayern wieder aufgenommen<lb/>
oder fortge&#x017F;etzt; &#x017F;ie führten ra&#x017F;cher, als es Anfangs er-<lb/>
wartet werden durfte, zum Ab&#x017F;chluß, der in dem Vertrage<lb/>
vom 23. November vorliegt. Am 25. November erfolgte<lb/>
alsdann auf Grund der in Ver&#x017F;ailles bereits fe&#x017F;tge&#x017F;tellten<lb/>
Ver&#x017F;tändigung der Ab&#x017F;chluß mit Württemberg.&#x201C; &#x2014; &#x2014;</hi> </p><lb/>
          <p>Die Re&#x017F;ultate der hier erwähnten Verhandlungen &#x017F;ind nieder-<lb/>
gelegt in folgenden Urkunden:</p><lb/>
          <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">I.</hi><hi rendition="#g">Vertrag zwi&#x017F;chen dem Norddeut&#x017F;chen Bunde,<lb/>
Baden und He&#x017F;&#x017F;en</hi>, ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en zu Ver&#x017F;ailles, den 15. No-<lb/>
vember 1870 <note place="foot" n="1)">Bundesge&#x017F;.-Bl. 1870 S. 650.</note>.</hi> </p><lb/>
          <p>Die&#x017F;em Vertrage i&#x017F;t beigegeben eine &#x201E;Verfa&#x017F;&#x017F;ung des Deut-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[39/0059] §. 4. Die Gründung des Deutſchen Reiches. Gebietes in den Bund einzutreten, und ſo geſchah es, daß in der zweiten Hälfte des Octobers Vertreter der ſämmt- lichen ſüddeutſchen Staaten in Verſailles zuſammentraten, um über die Gründung eines Deutſchen Bun- des zu verhandeln. Die Verhandlungen mit Württemberg, mit Baden und mit Heſſen führten ſehr bald zu der Ueber- zeugung, daß es ohne große Schwierigkeiten gelingen werde, auf Grundlage der Verfaſſung des Norddeutſchen Bundes zu einer Verſtändigung zu gelangen; die Verhandlungen mit Bayern boten Anfangs größere Schwierigkeiten und es war auf den eigenen Wunſch des Königl. Bayeriſchen Bevollmächtigten, daß zunächſt die Verhandlungen mit den drei anderen ſüddeutſchen Staaten fortgeſetzt wurden. Die Königlich Bayeriſchen Bevollmächtigten fühlten das Bedürf- niß, nicht ihrerſeits durch die ſich darbietenden Schwierig- keiten den Abſchluß mit den anderen Staaten zu verzögern. So kam es, daß gegen Mitte des November die Verſtän- digung mit den drei anderen ſüddeutſchen Staaten zum Abſchluß gekommen war. Ein unvorhergeſehener Zufall verhinderte es, daß gleich am 15. November Württemberg an der mit ihm bereits in allen Hauptpunkten feſtgeſetzten Verſtändigung theilnahm. Es wurde deshalb zunächſt mit Baden und mit Heſſen abgeſchloſſen. Während dem wur- den die Verhandlungen mit Bayern wieder aufgenommen oder fortgeſetzt; ſie führten raſcher, als es Anfangs er- wartet werden durfte, zum Abſchluß, der in dem Vertrage vom 23. November vorliegt. Am 25. November erfolgte alsdann auf Grund der in Verſailles bereits feſtgeſtellten Verſtändigung der Abſchluß mit Württemberg.“ — — Die Reſultate der hier erwähnten Verhandlungen ſind nieder- gelegt in folgenden Urkunden: I. Vertrag zwiſchen dem Norddeutſchen Bunde, Baden und Heſſen, geſchloſſen zu Verſailles, den 15. No- vember 1870 1). Dieſem Vertrage iſt beigegeben eine „Verfaſſung des Deut- 1) Bundesgeſ.-Bl. 1870 S. 650.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/59
Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/59>, abgerufen am 02.05.2024.