Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.§. 41. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung. rechtlichen Ansprüchen gegen Reichs-Beamte, sowohl dasjenige Ge-richt zuständig ist, in dessen Bezirk der Beamte zur Zeit der Ver- letzung seiner Amtspflicht seinen Wohnsitz hatte, als dasjenige, in dessen Bezirk derselbe zur Zeit der Erhebung der Klage seinen Wohnsitz hat. Es normirt ferner die Zulässigkeit der Rechtsmittel; eine Bestimmung, welche nur bis zur Einführung der Reichs-Civil- prozeß-Ordnung Bedeutung hat. Endlich erklärt es in letzter In- stanz das Reichs-Oberhandels-Gericht für zuständig. Alle diese Bestimmungen des §. 154 sind aber nur gegeben Nach diesem Wortlaut treten demnach die Regeln des §. 154 2. Ersatz-Pflicht für Defekte. Für diesen speziellen Theil der Lehre von der Ersatzpflicht ist a) Der Begriff der Defekte ist gesetzlich nicht definirt; aber 1) Wird z. B. gegen einen Reichseisenbahn-Beamten auf Schadensersatz
geklagt, weil er ein vorgeschriebenes Signal überhaupt nicht gegeben hat, so ist der §. 154 anwendbar; wird aber die Klage darauf gegründet, daß er ein unrichtiges Signal gegeben hat, so ist der §. 154 nicht anwendbar, denn es liegt weder eine Ueberschreitung der amtlichen Befugnisse noch eine Unterlassung von Amtshandlungen vor. Im ersten Falle wäre demnach das R.-O.-H.-G. zuständig; im zweiten Falle nicht. Ob dies wirklich die Ab- sicht des Gesetzgebers gewesen ist, muß dahin gestellt bleiben. §. 41. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung. rechtlichen Anſprüchen gegen Reichs-Beamte, ſowohl dasjenige Ge-richt zuſtändig iſt, in deſſen Bezirk der Beamte zur Zeit der Ver- letzung ſeiner Amtspflicht ſeinen Wohnſitz hatte, als dasjenige, in deſſen Bezirk derſelbe zur Zeit der Erhebung der Klage ſeinen Wohnſitz hat. Es normirt ferner die Zuläſſigkeit der Rechtsmittel; eine Beſtimmung, welche nur bis zur Einführung der Reichs-Civil- prozeß-Ordnung Bedeutung hat. Endlich erklärt es in letzter In- ſtanz das Reichs-Oberhandels-Gericht für zuſtändig. Alle dieſe Beſtimmungen des §. 154 ſind aber nur gegeben Nach dieſem Wortlaut treten demnach die Regeln des §. 154 2. Erſatz-Pflicht für Defekte. Für dieſen ſpeziellen Theil der Lehre von der Erſatzpflicht iſt a) Der Begriff der Defekte iſt geſetzlich nicht definirt; aber 1) Wird z. B. gegen einen Reichseiſenbahn-Beamten auf Schadenserſatz
geklagt, weil er ein vorgeſchriebenes Signal überhaupt nicht gegeben hat, ſo iſt der §. 154 anwendbar; wird aber die Klage darauf gegründet, daß er ein unrichtiges Signal gegeben hat, ſo iſt der §. 154 nicht anwendbar, denn es liegt weder eine Ueberſchreitung der amtlichen Befugniſſe noch eine Unterlaſſung von Amtshandlungen vor. Im erſten Falle wäre demnach das R.-O.-H.-G. zuſtändig; im zweiten Falle nicht. Ob dies wirklich die Ab- ſicht des Geſetzgebers geweſen iſt, muß dahin geſtellt bleiben. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0463" n="443"/><fw place="top" type="header">§. 41. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung.</fw><lb/> rechtlichen Anſprüchen gegen Reichs-Beamte, ſowohl dasjenige Ge-<lb/> richt zuſtändig iſt, in deſſen Bezirk der Beamte zur Zeit der Ver-<lb/> letzung ſeiner Amtspflicht ſeinen Wohnſitz hatte, als dasjenige, in<lb/> deſſen Bezirk derſelbe zur Zeit der Erhebung der Klage ſeinen<lb/> Wohnſitz hat. Es normirt ferner die Zuläſſigkeit der Rechtsmittel;<lb/> eine Beſtimmung, welche nur bis zur Einführung der Reichs-Civil-<lb/> prozeß-Ordnung Bedeutung hat. Endlich erklärt es in letzter In-<lb/> ſtanz das Reichs-Oberhandels-Gericht für zuſtändig.</p><lb/> <p>Alle dieſe Beſtimmungen des §. 154 ſind aber nur gegeben<lb/> für Rechtsſtreitigkeiten über Vermögens-Anſprüche gegen Reichs-<lb/> beamte<lb/><hi rendition="#et">„wegen Ueberſchreitung ihrer amtlichen Befugniſſe oder<lb/> pflichtwidriger Unterlaſſung von Amtshandlungen.“</hi></p><lb/> <p>Nach dieſem Wortlaut treten demnach die Regeln des §. 154<lb/> und namentlich die Zuſtändigkeit des Oberhandelsgerichts nur ein,<lb/> wenn die Klage geſtützt iſt entweder auf eine <hi rendition="#g">geſetzwidrige<lb/> Handlung</hi> (Kompetenz-Ueberſchreitung) oder auf eine <hi rendition="#g">pflicht-<lb/> widrige Unterlaſſung</hi>; dagegen wird der Fall nicht mit<lb/> eingeſchloſſen, wenn der Beamte innerhalb ſeiner amtlichen Be-<lb/> fugniſſe, alſo ohne Verletzung des Geſetzes aber mit Verletzung der<lb/> erforderlichen Sorgfalt <hi rendition="#g">gehandelt</hi> hat <note place="foot" n="1)">Wird z. B. gegen einen Reichseiſenbahn-Beamten auf Schadenserſatz<lb/> geklagt, weil er ein vorgeſchriebenes Signal überhaupt nicht gegeben hat, ſo<lb/> iſt der §. 154 anwendbar; wird aber die Klage darauf gegründet, daß er ein<lb/><hi rendition="#g">unrichtiges</hi> Signal gegeben hat, ſo iſt der §. 154 nicht anwendbar, denn<lb/> es liegt weder eine <hi rendition="#g">Ueberſchreitung</hi> der amtlichen Befugniſſe noch eine<lb/><hi rendition="#g">Unterlaſſung</hi> von Amtshandlungen vor. Im erſten Falle wäre demnach<lb/> das R.-O.-H.-G. zuſtändig; im zweiten Falle nicht. Ob dies wirklich die Ab-<lb/> ſicht des Geſetzgebers geweſen iſt, muß dahin geſtellt bleiben.</note>.</p><lb/> <p>2. <hi rendition="#g">Erſatz-Pflicht für Defekte</hi>.</p><lb/> <p>Für dieſen ſpeziellen Theil der Lehre von der Erſatzpflicht iſt<lb/> durch die §§. 134 bis 148 des Reichsbeamten-Geſetzes, im engſten<lb/> Anſchluß an die Preuß. Verordnung vom 24. Januar 1844 (Geſ.-<lb/> Samml. S. 52), hinſichtlich der Reichsbeamten gemeines Recht ge-<lb/> ſchaffen und insbeſondere ein eigenthümliches Verfahren zur Feſt-<lb/> ſtellung und Beitreibung des Erſatzes für Defekte eingeführt worden.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">a</hi>) Der Begriff der Defekte iſt geſetzlich nicht definirt; aber<lb/> in der Praxis des Verwaltungsrechts feſtgeſtellt. Man verſteht<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [443/0463]
§. 41. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung.
rechtlichen Anſprüchen gegen Reichs-Beamte, ſowohl dasjenige Ge-
richt zuſtändig iſt, in deſſen Bezirk der Beamte zur Zeit der Ver-
letzung ſeiner Amtspflicht ſeinen Wohnſitz hatte, als dasjenige, in
deſſen Bezirk derſelbe zur Zeit der Erhebung der Klage ſeinen
Wohnſitz hat. Es normirt ferner die Zuläſſigkeit der Rechtsmittel;
eine Beſtimmung, welche nur bis zur Einführung der Reichs-Civil-
prozeß-Ordnung Bedeutung hat. Endlich erklärt es in letzter In-
ſtanz das Reichs-Oberhandels-Gericht für zuſtändig.
Alle dieſe Beſtimmungen des §. 154 ſind aber nur gegeben
für Rechtsſtreitigkeiten über Vermögens-Anſprüche gegen Reichs-
beamte
„wegen Ueberſchreitung ihrer amtlichen Befugniſſe oder
pflichtwidriger Unterlaſſung von Amtshandlungen.“
Nach dieſem Wortlaut treten demnach die Regeln des §. 154
und namentlich die Zuſtändigkeit des Oberhandelsgerichts nur ein,
wenn die Klage geſtützt iſt entweder auf eine geſetzwidrige
Handlung (Kompetenz-Ueberſchreitung) oder auf eine pflicht-
widrige Unterlaſſung; dagegen wird der Fall nicht mit
eingeſchloſſen, wenn der Beamte innerhalb ſeiner amtlichen Be-
fugniſſe, alſo ohne Verletzung des Geſetzes aber mit Verletzung der
erforderlichen Sorgfalt gehandelt hat 1).
2. Erſatz-Pflicht für Defekte.
Für dieſen ſpeziellen Theil der Lehre von der Erſatzpflicht iſt
durch die §§. 134 bis 148 des Reichsbeamten-Geſetzes, im engſten
Anſchluß an die Preuß. Verordnung vom 24. Januar 1844 (Geſ.-
Samml. S. 52), hinſichtlich der Reichsbeamten gemeines Recht ge-
ſchaffen und insbeſondere ein eigenthümliches Verfahren zur Feſt-
ſtellung und Beitreibung des Erſatzes für Defekte eingeführt worden.
a) Der Begriff der Defekte iſt geſetzlich nicht definirt; aber
in der Praxis des Verwaltungsrechts feſtgeſtellt. Man verſteht
1) Wird z. B. gegen einen Reichseiſenbahn-Beamten auf Schadenserſatz
geklagt, weil er ein vorgeſchriebenes Signal überhaupt nicht gegeben hat, ſo
iſt der §. 154 anwendbar; wird aber die Klage darauf gegründet, daß er ein
unrichtiges Signal gegeben hat, ſo iſt der §. 154 nicht anwendbar, denn
es liegt weder eine Ueberſchreitung der amtlichen Befugniſſe noch eine
Unterlaſſung von Amtshandlungen vor. Im erſten Falle wäre demnach
das R.-O.-H.-G. zuſtändig; im zweiten Falle nicht. Ob dies wirklich die Ab-
ſicht des Geſetzgebers geweſen iſt, muß dahin geſtellt bleiben.
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