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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 40. Die Pflichten u. Beschränkungen der Reichsbeamten.
gung kann jederzeit zurückgenommen werden, wenn das dienstliche
Interesse es erheischt. Für Militär- und Marine-Beamte erlischt
jede Urlaubsbewilligung, wenn die Kriegsbereitschaft oder die Mo-
bilmachung der bewaffneten Macht oder einer Abtheilung der-
selben angeordnet wird, mit der Bekanntmachung dieser An-
ordnung.

In Krankheitsfällen findet ein Abzug vom Gehalte nicht statt;
die Stellvertretungskosten fallen der Reichskasse zur Last 1). Das-
selbe gilt, wenn der Urlaub 11/2 Monate oder weniger beträgt.
Bei einem Urlaub von mehr als 11/2 bis 6 Monaten (außer in
Krankheitsfällen) findet für den anderthalb Monate übersteigenden
Zeitraum ein Abzug von dem Diensteinkommen des Beurlaubten
im Betrage der Hälfte desselben statt; bei fernerem Urlaub wird
das ganze Diensteinkommen einbehalten 2). Bei Berechnung der
Abzüge für Theile von Monaten werden die letzteren stets zu
30 Tagen angenommen.

Von diesen Regeln darf nur mit Genehmigung der obersten
Reichsbehörde eine Abweichung bewilligt werden 3).

Ein Beamter, welcher sich ohne den vorschriftsmäßigen Urlaub
von seinem Amte entfernt hält, oder den ertheilten Urlaub über-
schreitet, ist, wenn ihm nicht besondere Entschuldigungsgründe zur
Seite stehen, für die Zeit der unerlaubten Entfernung seines (vol-
len) Diensteinkommens verlustig 4).

Die Reichsbeamten haben das Recht, ohne Nachsuchung von
Urlaub ihr Amt zu verlassen, um in den Reichstag einzutreten.
Reichsverf. Art. 21 Abs. 1. In diesem Falle findet ein Abzug
vom Gehalte nicht statt; die Stellvertretungskosten fallen der Reichs-
kasse zur Last 5).

Wird ein Beamter zum Verlassen seines Amtes dadurch ge-
nöthigt, daß er zur persönlichen Erfüllung einer staatsbürgerlichen
Pflicht berufen wird, z. B. als Geschworener, Landwehr-Offizier,
Zeuge u. dgl., so bedarf er zwar keines Urlaubs, ist aber

1) Reichsbeamtengesetz §. 14 Abs. 2.
2) Verordn. vom 2. Nov. 1874 §. 6 Abs. 1.
3) ebendas. Abs. 2. Dies gilt auch von den mittelbaren Reichsbeamten,
da dieselben ihren Gehalt auf Reichskosten beziehen.
4) Reichsbeamtengesetz §. 14 Abs. 3.
5) Reichsbeamtenges. §. 14 Abs. 2.

§. 40. Die Pflichten u. Beſchränkungen der Reichsbeamten.
gung kann jederzeit zurückgenommen werden, wenn das dienſtliche
Intereſſe es erheiſcht. Für Militär- und Marine-Beamte erliſcht
jede Urlaubsbewilligung, wenn die Kriegsbereitſchaft oder die Mo-
bilmachung der bewaffneten Macht oder einer Abtheilung der-
ſelben angeordnet wird, mit der Bekanntmachung dieſer An-
ordnung.

In Krankheitsfällen findet ein Abzug vom Gehalte nicht ſtatt;
die Stellvertretungskoſten fallen der Reichskaſſe zur Laſt 1). Daſ-
ſelbe gilt, wenn der Urlaub 1½ Monate oder weniger beträgt.
Bei einem Urlaub von mehr als 1½ bis 6 Monaten (außer in
Krankheitsfällen) findet für den anderthalb Monate überſteigenden
Zeitraum ein Abzug von dem Dienſteinkommen des Beurlaubten
im Betrage der Hälfte deſſelben ſtatt; bei fernerem Urlaub wird
das ganze Dienſteinkommen einbehalten 2). Bei Berechnung der
Abzüge für Theile von Monaten werden die letzteren ſtets zu
30 Tagen angenommen.

Von dieſen Regeln darf nur mit Genehmigung der oberſten
Reichsbehörde eine Abweichung bewilligt werden 3).

Ein Beamter, welcher ſich ohne den vorſchriftsmäßigen Urlaub
von ſeinem Amte entfernt hält, oder den ertheilten Urlaub über-
ſchreitet, iſt, wenn ihm nicht beſondere Entſchuldigungsgründe zur
Seite ſtehen, für die Zeit der unerlaubten Entfernung ſeines (vol-
len) Dienſteinkommens verluſtig 4).

Die Reichsbeamten haben das Recht, ohne Nachſuchung von
Urlaub ihr Amt zu verlaſſen, um in den Reichstag einzutreten.
Reichsverf. Art. 21 Abſ. 1. In dieſem Falle findet ein Abzug
vom Gehalte nicht ſtatt; die Stellvertretungskoſten fallen der Reichs-
kaſſe zur Laſt 5).

Wird ein Beamter zum Verlaſſen ſeines Amtes dadurch ge-
nöthigt, daß er zur perſönlichen Erfüllung einer ſtaatsbürgerlichen
Pflicht berufen wird, z. B. als Geſchworener, Landwehr-Offizier,
Zeuge u. dgl., ſo bedarf er zwar keines Urlaubs, iſt aber

1) Reichsbeamtengeſetz §. 14 Abſ. 2.
2) Verordn. vom 2. Nov. 1874 §. 6 Abſ. 1.
3) ebendaſ. Abſ. 2. Dies gilt auch von den mittelbaren Reichsbeamten,
da dieſelben ihren Gehalt auf Reichskoſten beziehen.
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[421/0441] §. 40. Die Pflichten u. Beſchränkungen der Reichsbeamten. gung kann jederzeit zurückgenommen werden, wenn das dienſtliche Intereſſe es erheiſcht. Für Militär- und Marine-Beamte erliſcht jede Urlaubsbewilligung, wenn die Kriegsbereitſchaft oder die Mo- bilmachung der bewaffneten Macht oder einer Abtheilung der- ſelben angeordnet wird, mit der Bekanntmachung dieſer An- ordnung. In Krankheitsfällen findet ein Abzug vom Gehalte nicht ſtatt; die Stellvertretungskoſten fallen der Reichskaſſe zur Laſt 1). Daſ- ſelbe gilt, wenn der Urlaub 1½ Monate oder weniger beträgt. Bei einem Urlaub von mehr als 1½ bis 6 Monaten (außer in Krankheitsfällen) findet für den anderthalb Monate überſteigenden Zeitraum ein Abzug von dem Dienſteinkommen des Beurlaubten im Betrage der Hälfte deſſelben ſtatt; bei fernerem Urlaub wird das ganze Dienſteinkommen einbehalten 2). Bei Berechnung der Abzüge für Theile von Monaten werden die letzteren ſtets zu 30 Tagen angenommen. Von dieſen Regeln darf nur mit Genehmigung der oberſten Reichsbehörde eine Abweichung bewilligt werden 3). Ein Beamter, welcher ſich ohne den vorſchriftsmäßigen Urlaub von ſeinem Amte entfernt hält, oder den ertheilten Urlaub über- ſchreitet, iſt, wenn ihm nicht beſondere Entſchuldigungsgründe zur Seite ſtehen, für die Zeit der unerlaubten Entfernung ſeines (vol- len) Dienſteinkommens verluſtig 4). Die Reichsbeamten haben das Recht, ohne Nachſuchung von Urlaub ihr Amt zu verlaſſen, um in den Reichstag einzutreten. Reichsverf. Art. 21 Abſ. 1. In dieſem Falle findet ein Abzug vom Gehalte nicht ſtatt; die Stellvertretungskoſten fallen der Reichs- kaſſe zur Laſt 5). Wird ein Beamter zum Verlaſſen ſeines Amtes dadurch ge- nöthigt, daß er zur perſönlichen Erfüllung einer ſtaatsbürgerlichen Pflicht berufen wird, z. B. als Geſchworener, Landwehr-Offizier, Zeuge u. dgl., ſo bedarf er zwar keines Urlaubs, iſt aber 1) Reichsbeamtengeſetz §. 14 Abſ. 2. 2) Verordn. vom 2. Nov. 1874 §. 6 Abſ. 1. 3) ebendaſ. Abſ. 2. Dies gilt auch von den mittelbaren Reichsbeamten, da dieſelben ihren Gehalt auf Reichskoſten beziehen. 4) Reichsbeamtengeſetz §. 14 Abſ. 3. 5) Reichsbeamtengeſ. §. 14 Abſ. 2.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/441>, abgerufen am 22.11.2024.