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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 38. Die Anstellung der Reichsbeamten.

a) Der Anspruch auf ein Dienst-Einkommen beginnt in Er-
mangelung besonderer Festsetzungen mit dem Tage des Amts-
Antritts
, falls mit dem übertragenen Amte ein Diensteinkommen
verbunden ist. Reichsges. §. 4 1).

b) Für die Berechnung der Dienstzeit behufs Feststellung der
Pension kömmt weder das Datum der Bestallung noch der Tag
der Aushändigung derselben in Betracht; es bestehen vielmehr spe-
zielle Bestimmungen in den §§. 45 ff. Vgl. darüber unten §. 42.

5. Die Ableistung eines Dienst-Eides ist zur Perfektion
des Anstellungs-Vertrages nicht erforderlich, wohl aber zur Ueber-
nahme eines Reichsamtes 2).

"Vor dem Dienst-Antritt ist jeder Reichs-Beamte auf die
Erfüllung aller Obliegenheiten des ihm übertragenen Amtes
eidlich zu verpflichten." (§. 3 des Reichsges.)

Die Möglichkeit, daß ein Beamter auch schon vor Ableistung
des Eides im Reichsdienste Verwendung findet, ist nicht ausge-
schlossen; sie wird im §. 45 Abs. 2 des Reichsgesetzes ausdrücklich
erwähnt. Die Verwendung eines nicht vereideten Beamten zur
Erledigung amtlicher Geschäfte ist aber ordnungswidrig und bewirkt,
soweit es sich um richterliche Geschäfte handelt, nach einem
allgemein anerkannten Prozeß-Grundsatze die Nichtigkeit des Ver-
fahrens 3).

Wenn ein Beamter vor seiner Vereidigung bereits ein Amt
verwaltet, so ist seine Verantwortlichkeit ganz dieselbe, als hätte
er den Diensteid abgeleistet. Ausdrücklich ist dies in Beziehung
auf die strafrechtliche Verantwortlichkeit für Verbrechen und Ver-
gehen im Amte durch das Strafgesetzb. §. 359 anerkannt 4).


1) Es kann demnach in der Bestallung der Zeitpunkt, von dem an das
Gehalt zu zahlen ist, hinausgeschoben oder auf einen schon vergangenen Tag,
z. B. den Anfang des Vierteljahres oder Monats, zurückdatirt werden. Ent-
hält die Bestallung darüber Nichts, so entscheidet der Tag, an dem die Amts-
geschäfte thatsächlich übernommen worden sind. Unter Umständen -- wenn
z. B. der Beamte sogleich um Urlaub bittet -- kann dies erheblich später sein,
als der Beginn der Beamten-Eigenschaft.
2) In den Motiven S. 31 wird richtig hervorgehoben, daß die Eigen-
schaft eines Beamten als Reichsbeamter nicht durch die vorherige Ableistung
des Eides bedingt wird. Gewöhnlich wird die Anstellung und die Uebernahme
eines Amtes nicht genügend unterschieden.
3) Vgl. Zachariä a. a. O. II. S. 34.
4) "Unter Beamten im Sinne dieses Strafgesetzes sind zu verstehen alle
§. 38. Die Anſtellung der Reichsbeamten.

a) Der Anſpruch auf ein Dienſt-Einkommen beginnt in Er-
mangelung beſonderer Feſtſetzungen mit dem Tage des Amts-
Antritts
, falls mit dem übertragenen Amte ein Dienſteinkommen
verbunden iſt. Reichsgeſ. §. 4 1).

b) Für die Berechnung der Dienſtzeit behufs Feſtſtellung der
Penſion kömmt weder das Datum der Beſtallung noch der Tag
der Aushändigung derſelben in Betracht; es beſtehen vielmehr ſpe-
zielle Beſtimmungen in den §§. 45 ff. Vgl. darüber unten §. 42.

5. Die Ableiſtung eines Dienſt-Eides iſt zur Perfektion
des Anſtellungs-Vertrages nicht erforderlich, wohl aber zur Ueber-
nahme eines Reichsamtes 2).

„Vor dem Dienſt-Antritt iſt jeder Reichs-Beamte auf die
Erfüllung aller Obliegenheiten des ihm übertragenen Amtes
eidlich zu verpflichten.“ (§. 3 des Reichsgeſ.)

Die Möglichkeit, daß ein Beamter auch ſchon vor Ableiſtung
des Eides im Reichsdienſte Verwendung findet, iſt nicht ausge-
ſchloſſen; ſie wird im §. 45 Abſ. 2 des Reichsgeſetzes ausdrücklich
erwähnt. Die Verwendung eines nicht vereideten Beamten zur
Erledigung amtlicher Geſchäfte iſt aber ordnungswidrig und bewirkt,
ſoweit es ſich um richterliche Geſchäfte handelt, nach einem
allgemein anerkannten Prozeß-Grundſatze die Nichtigkeit des Ver-
fahrens 3).

Wenn ein Beamter vor ſeiner Vereidigung bereits ein Amt
verwaltet, ſo iſt ſeine Verantwortlichkeit ganz dieſelbe, als hätte
er den Dienſteid abgeleiſtet. Ausdrücklich iſt dies in Beziehung
auf die ſtrafrechtliche Verantwortlichkeit für Verbrechen und Ver-
gehen im Amte durch das Strafgeſetzb. §. 359 anerkannt 4).


1) Es kann demnach in der Beſtallung der Zeitpunkt, von dem an das
Gehalt zu zahlen iſt, hinausgeſchoben oder auf einen ſchon vergangenen Tag,
z. B. den Anfang des Vierteljahres oder Monats, zurückdatirt werden. Ent-
hält die Beſtallung darüber Nichts, ſo entſcheidet der Tag, an dem die Amts-
geſchäfte thatſächlich übernommen worden ſind. Unter Umſtänden — wenn
z. B. der Beamte ſogleich um Urlaub bittet — kann dies erheblich ſpäter ſein,
als der Beginn der Beamten-Eigenſchaft.
2) In den Motiven S. 31 wird richtig hervorgehoben, daß die Eigen-
ſchaft eines Beamten als Reichsbeamter nicht durch die vorherige Ableiſtung
des Eides bedingt wird. Gewöhnlich wird die Anſtellung und die Uebernahme
eines Amtes nicht genügend unterſchieden.
3) Vgl. Zachariä a. a. O. II. S. 34.
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[408/0428] §. 38. Die Anſtellung der Reichsbeamten. a) Der Anſpruch auf ein Dienſt-Einkommen beginnt in Er- mangelung beſonderer Feſtſetzungen mit dem Tage des Amts- Antritts, falls mit dem übertragenen Amte ein Dienſteinkommen verbunden iſt. Reichsgeſ. §. 4 1). b) Für die Berechnung der Dienſtzeit behufs Feſtſtellung der Penſion kömmt weder das Datum der Beſtallung noch der Tag der Aushändigung derſelben in Betracht; es beſtehen vielmehr ſpe- zielle Beſtimmungen in den §§. 45 ff. Vgl. darüber unten §. 42. 5. Die Ableiſtung eines Dienſt-Eides iſt zur Perfektion des Anſtellungs-Vertrages nicht erforderlich, wohl aber zur Ueber- nahme eines Reichsamtes 2). „Vor dem Dienſt-Antritt iſt jeder Reichs-Beamte auf die Erfüllung aller Obliegenheiten des ihm übertragenen Amtes eidlich zu verpflichten.“ (§. 3 des Reichsgeſ.) Die Möglichkeit, daß ein Beamter auch ſchon vor Ableiſtung des Eides im Reichsdienſte Verwendung findet, iſt nicht ausge- ſchloſſen; ſie wird im §. 45 Abſ. 2 des Reichsgeſetzes ausdrücklich erwähnt. Die Verwendung eines nicht vereideten Beamten zur Erledigung amtlicher Geſchäfte iſt aber ordnungswidrig und bewirkt, ſoweit es ſich um richterliche Geſchäfte handelt, nach einem allgemein anerkannten Prozeß-Grundſatze die Nichtigkeit des Ver- fahrens 3). Wenn ein Beamter vor ſeiner Vereidigung bereits ein Amt verwaltet, ſo iſt ſeine Verantwortlichkeit ganz dieſelbe, als hätte er den Dienſteid abgeleiſtet. Ausdrücklich iſt dies in Beziehung auf die ſtrafrechtliche Verantwortlichkeit für Verbrechen und Ver- gehen im Amte durch das Strafgeſetzb. §. 359 anerkannt 4). 1) Es kann demnach in der Beſtallung der Zeitpunkt, von dem an das Gehalt zu zahlen iſt, hinausgeſchoben oder auf einen ſchon vergangenen Tag, z. B. den Anfang des Vierteljahres oder Monats, zurückdatirt werden. Ent- hält die Beſtallung darüber Nichts, ſo entſcheidet der Tag, an dem die Amts- geſchäfte thatſächlich übernommen worden ſind. Unter Umſtänden — wenn z. B. der Beamte ſogleich um Urlaub bittet — kann dies erheblich ſpäter ſein, als der Beginn der Beamten-Eigenſchaft. 2) In den Motiven S. 31 wird richtig hervorgehoben, daß die Eigen- ſchaft eines Beamten als Reichsbeamter nicht durch die vorherige Ableiſtung des Eides bedingt wird. Gewöhnlich wird die Anſtellung und die Uebernahme eines Amtes nicht genügend unterſchieden. 3) Vgl. Zachariä a. a. O. II. S. 34. 4) „Unter Beamten im Sinne dieſes Strafgeſetzes ſind zu verſtehen alle

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/428>, abgerufen am 22.11.2024.