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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 2. Die Gründung des nordd. Bundes.

2) Sie verpflichteten sich, die Zwecke des Bündnisses definitiv
durch eine Bundesverfassung sicher zu stellen (Art. 2) und verein-
barten in dieser Beziehung vier Sätze:

a) Die Preußischen Grundzüge vom 10. Juni 1866 sollten
die Basis der Bundesverfassung bilden (Art. 2).
b) Die Verfassung sollte unter Mitwirkung eines gemeinschaft-
lich zu berufenden Parlaments festgestellt werden (Art. 2).
c) Zur Erreichung dieses Zweckes versprachen die Regierungen,
gleichzeitig mit Preußen die auf Grund des Reichswahl-
Gesetzes vom 12. April 1849 vorzunehmenden Wahlen der
Abgeordneten zum Parlament anzuordnen und Letzteres ge-
meinschaftlich mit Preußen einzuberufen (Art. 5).
d) Sie verpflichteten sich, Bevollmächtigte nach Berlin zu
senden, um nach Maßgabe der Grundzüge vom 10. Juni
den Entwurf der Bundesverfassung festzustellen, welcher dem
Parlament zur Berathung und Vereinbarung vorgelegt werden
sollte (Art. 5).

Außerdem enthielt der Vertrag nur noch die Bestimmung,
daß alle unter den Verbündeten bestehenden Verträge und Ueber-
einkünfte in Kraft bleiben, soweit sie nicht durch dieses Bündniß
selbst ausdrücklich modificirt werden (Art. 3).

Außer der für ein Jahr geschlossenen Offensiv- und Defensiv-
Allianz verpflichten sich demnach die Contrahenten zu einer ein-
maligen
Leistung, zu einer, ihrer Natur nach nicht wiederkehren
könnenden Handlung, nämlich zur Herstellung einer Bundes-
Verfassung. Sie gründen nicht einen Bund, sondern sie verpflichten
sich, einen Bund zu gründen; sie vereinbaren nicht eine Verfassung,
sondern sie vereinbaren einen Modus behufs Feststellung einer Ver-
fassung 1).

Der Art. 10 der Bundes-Acte behielt der Bundesversammlung
die Abfassung der Grundgesetze des Bundes und dessen organische
Einrichtung vor oder -- nach dem Wortlaute der Wiener Schluß-
acte vom 15. Mai 1820 -- die deutschen Staaten übernahmen
die Verpflichtung, den Bestimmungen der Bundesakte "eine zweck-
mäßige Entwickelung" und "mithin dem Bundesverein selbst die
erforderliche Vollendung zu sichern". Der Art. 6 des Bündniß-

1) Hänel Studien zum deutschen Staatsrechte. Leipzig 1873. I. S. 69 fg.
§. 2. Die Gründung des nordd. Bundes.

2) Sie verpflichteten ſich, die Zwecke des Bündniſſes definitiv
durch eine Bundesverfaſſung ſicher zu ſtellen (Art. 2) und verein-
barten in dieſer Beziehung vier Sätze:

a) Die Preußiſchen Grundzüge vom 10. Juni 1866 ſollten
die Baſis der Bundesverfaſſung bilden (Art. 2).
b) Die Verfaſſung ſollte unter Mitwirkung eines gemeinſchaft-
lich zu berufenden Parlaments feſtgeſtellt werden (Art. 2).
c) Zur Erreichung dieſes Zweckes verſprachen die Regierungen,
gleichzeitig mit Preußen die auf Grund des Reichswahl-
Geſetzes vom 12. April 1849 vorzunehmenden Wahlen der
Abgeordneten zum Parlament anzuordnen und Letzteres ge-
meinſchaftlich mit Preußen einzuberufen (Art. 5).
d) Sie verpflichteten ſich, Bevollmächtigte nach Berlin zu
ſenden, um nach Maßgabe der Grundzüge vom 10. Juni
den Entwurf der Bundesverfaſſung feſtzuſtellen, welcher dem
Parlament zur Berathung und Vereinbarung vorgelegt werden
ſollte (Art. 5).

Außerdem enthielt der Vertrag nur noch die Beſtimmung,
daß alle unter den Verbündeten beſtehenden Verträge und Ueber-
einkünfte in Kraft bleiben, ſoweit ſie nicht durch dieſes Bündniß
ſelbſt ausdrücklich modificirt werden (Art. 3).

Außer der für ein Jahr geſchloſſenen Offenſiv- und Defenſiv-
Allianz verpflichten ſich demnach die Contrahenten zu einer ein-
maligen
Leiſtung, zu einer, ihrer Natur nach nicht wiederkehren
könnenden Handlung, nämlich zur Herſtellung einer Bundes-
Verfaſſung. Sie gründen nicht einen Bund, ſondern ſie verpflichten
ſich, einen Bund zu gründen; ſie vereinbaren nicht eine Verfaſſung,
ſondern ſie vereinbaren einen Modus behufs Feſtſtellung einer Ver-
faſſung 1).

Der Art. 10 der Bundes-Acte behielt der Bundesverſammlung
die Abfaſſung der Grundgeſetze des Bundes und deſſen organiſche
Einrichtung vor oder — nach dem Wortlaute der Wiener Schluß-
acte vom 15. Mai 1820 — die deutſchen Staaten übernahmen
die Verpflichtung, den Beſtimmungen der Bundesakte „eine zweck-
mäßige Entwickelung“ und „mithin dem Bundesverein ſelbſt die
erforderliche Vollendung zu ſichern“. Der Art. 6 des Bündniß-

1) Hänel Studien zum deutſchen Staatsrechte. Leipzig 1873. I. S. 69 fg.
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[18/0038] §. 2. Die Gründung des nordd. Bundes. 2) Sie verpflichteten ſich, die Zwecke des Bündniſſes definitiv durch eine Bundesverfaſſung ſicher zu ſtellen (Art. 2) und verein- barten in dieſer Beziehung vier Sätze: a) Die Preußiſchen Grundzüge vom 10. Juni 1866 ſollten die Baſis der Bundesverfaſſung bilden (Art. 2). b) Die Verfaſſung ſollte unter Mitwirkung eines gemeinſchaft- lich zu berufenden Parlaments feſtgeſtellt werden (Art. 2). c) Zur Erreichung dieſes Zweckes verſprachen die Regierungen, gleichzeitig mit Preußen die auf Grund des Reichswahl- Geſetzes vom 12. April 1849 vorzunehmenden Wahlen der Abgeordneten zum Parlament anzuordnen und Letzteres ge- meinſchaftlich mit Preußen einzuberufen (Art. 5). d) Sie verpflichteten ſich, Bevollmächtigte nach Berlin zu ſenden, um nach Maßgabe der Grundzüge vom 10. Juni den Entwurf der Bundesverfaſſung feſtzuſtellen, welcher dem Parlament zur Berathung und Vereinbarung vorgelegt werden ſollte (Art. 5). Außerdem enthielt der Vertrag nur noch die Beſtimmung, daß alle unter den Verbündeten beſtehenden Verträge und Ueber- einkünfte in Kraft bleiben, ſoweit ſie nicht durch dieſes Bündniß ſelbſt ausdrücklich modificirt werden (Art. 3). Außer der für ein Jahr geſchloſſenen Offenſiv- und Defenſiv- Allianz verpflichten ſich demnach die Contrahenten zu einer ein- maligen Leiſtung, zu einer, ihrer Natur nach nicht wiederkehren könnenden Handlung, nämlich zur Herſtellung einer Bundes- Verfaſſung. Sie gründen nicht einen Bund, ſondern ſie verpflichten ſich, einen Bund zu gründen; ſie vereinbaren nicht eine Verfaſſung, ſondern ſie vereinbaren einen Modus behufs Feſtſtellung einer Ver- faſſung 1). Der Art. 10 der Bundes-Acte behielt der Bundesverſammlung die Abfaſſung der Grundgeſetze des Bundes und deſſen organiſche Einrichtung vor oder — nach dem Wortlaute der Wiener Schluß- acte vom 15. Mai 1820 — die deutſchen Staaten übernahmen die Verpflichtung, den Beſtimmungen der Bundesakte „eine zweck- mäßige Entwickelung“ und „mithin dem Bundesverein ſelbſt die erforderliche Vollendung zu ſichern“. Der Art. 6 des Bündniß- 1) Hänel Studien zum deutſchen Staatsrechte. Leipzig 1873. I. S. 69 fg.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/38>, abgerufen am 22.11.2024.