Ausgeschlossen ist demgemäß das Stimmrecht Bayerns, Württembergs und Badens in allen, die Branntwein- und Bier- steuer betreffenden Angelegenheiten (R.-V. Art. 35. 38.), das Stimmrecht Bayerns und Württembergs in denjenigen Angelegen- heiten, welche die Verwaltung der Reichs-Post- und Telegraphen- Anstalt betreffen (R. V. Art. 52), das Stimmrechts Bayerns in Angelegenheiten, welche die Beaufsichtigung und Gesetzgebung des Reiches über die Heimaths- und Niederlassungsverhältnisse angehen (R.-V. Art 4 Nro 1), und welche zu den, dem Reiche in den Art. 42--46 Abs. 1 der R.-V. eingeräumten Hoheitsrechten hin- sichtlich des Eisenbahnwesens gehören.
Nichtausgeschlossen ist das Stimmrecht Hamburgs und Bremens in Zoll- und Steuer-Angelegenheiten; denn abgesehen davon, daß Gebietstheile des Hamburger Staates in das Zoll- Gebiet eingeschlossen sind, entrichten diese Staaten an Stelle der indirekten Steuern Aversa an das Reich 1) und haben nach Art. 35 der R.-V. die Autonomie über das gesammte Zollwesen und die in diesem Artikel aufgeführten Steuern verloren. Ebensowenig ist das Stimmrecht Bayerns in Angelegenheiten der Heeresver- waltung ausgeschlossen, da der vom Reiche aufgestellte Militär- Etat auch die, für das Bayerische Contingent zu verwendenden Geldbeträge, wenngleich in einer Gesammtsumme, festsetzt und für die Verwendung dieser Geldsumme die Ansätze des Reichsetats zur Richtschnur dienen 2), und weil auch im Uebrigen Bayern ver- pflichtet ist, in Bezug auf Organisation, Formation, Ausbildung und Gebühren und hinsichtlich der Mobilmachung volle Ueberein- stimmung mit den für das Bundesheer bestehenden Normen her- zustellen 3).
Stenogr. Ber. S. 125. -- Völlig unrichtig ist die von Seydel Comment. S. 105 aus Art. 7 Abs. 4 gezogene Folgerung: "Wo daher die Gemeinsam- keit der Angelegenheit für das einzelne Bundesglied aufhört, hört auch der Bundesrath auf Organ für Wahrnehmung der Interessen dieses Bundesgliedes zu sein." Nicht die Gemeinsamkeit des Interesses, sondern die verfassungs- mäßige Kompetenz des Reiches ist maßgebend.
1) Staatsmin. Delbrück a. a. O. S. 123.
2) Staatsmin. Delbrück a. a. O. S. 122.
3) Bayer. Bündniß-Vertrag III. §. 5 sub III. Abs. 2. (R.-G.-Bl. 1871 S. 20.)
§. 28. Die Staatenrechte im Bundesrathe.
Ausgeſchloſſen iſt demgemäß das Stimmrecht Bayerns, Württembergs und Badens in allen, die Branntwein- und Bier- ſteuer betreffenden Angelegenheiten (R.-V. Art. 35. 38.), das Stimmrecht Bayerns und Württembergs in denjenigen Angelegen- heiten, welche die Verwaltung der Reichs-Poſt- und Telegraphen- Anſtalt betreffen (R. V. Art. 52), das Stimmrechts Bayerns in Angelegenheiten, welche die Beaufſichtigung und Geſetzgebung des Reiches über die Heimaths- und Niederlaſſungsverhältniſſe angehen (R.-V. Art 4 Nro 1), und welche zu den, dem Reiche in den Art. 42—46 Abſ. 1 der R.-V. eingeräumten Hoheitsrechten hin- ſichtlich des Eiſenbahnweſens gehören.
Nichtausgeſchloſſen iſt das Stimmrecht Hamburgs und Bremens in Zoll- und Steuer-Angelegenheiten; denn abgeſehen davon, daß Gebietstheile des Hamburger Staates in das Zoll- Gebiet eingeſchloſſen ſind, entrichten dieſe Staaten an Stelle der indirekten Steuern Averſa an das Reich 1) und haben nach Art. 35 der R.-V. die Autonomie über das geſammte Zollweſen und die in dieſem Artikel aufgeführten Steuern verloren. Ebenſowenig iſt das Stimmrecht Bayerns in Angelegenheiten der Heeresver- waltung ausgeſchloſſen, da der vom Reiche aufgeſtellte Militär- Etat auch die, für das Bayeriſche Contingent zu verwendenden Geldbeträge, wenngleich in einer Geſammtſumme, feſtſetzt und für die Verwendung dieſer Geldſumme die Anſätze des Reichsetats zur Richtſchnur dienen 2), und weil auch im Uebrigen Bayern ver- pflichtet iſt, in Bezug auf Organiſation, Formation, Ausbildung und Gebühren und hinſichtlich der Mobilmachung volle Ueberein- ſtimmung mit den für das Bundesheer beſtehenden Normen her- zuſtellen 3).
Stenogr. Ber. S. 125. — Völlig unrichtig iſt die von Seydel Comment. S. 105 aus Art. 7 Abſ. 4 gezogene Folgerung: „Wo daher die Gemeinſam- keit der Angelegenheit für das einzelne Bundesglied aufhört, hört auch der Bundesrath auf Organ für Wahrnehmung der Intereſſen dieſes Bundesgliedes zu ſein.“ Nicht die Gemeinſamkeit des Intereſſes, ſondern die verfaſſungs- mäßige Kompetenz des Reiches iſt maßgebend.
1) Staatsmin. Delbrück a. a. O. S. 123.
2) Staatsmin. Delbrück a. a. O. S. 122.
3) Bayer. Bündniß-Vertrag III. §. 5 sub III. Abſ. 2. (R.-G.-Bl. 1871 S. 20.)
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§. 28. Die Staatenrechte im Bundesrathe.
Ausgeſchloſſen iſt demgemäß das Stimmrecht Bayerns,
Württembergs und Badens in allen, die Branntwein- und Bier-
ſteuer betreffenden Angelegenheiten (R.-V. Art. 35. 38.), das
Stimmrecht Bayerns und Württembergs in denjenigen Angelegen-
heiten, welche die Verwaltung der Reichs-Poſt- und Telegraphen-
Anſtalt betreffen (R. V. Art. 52), das Stimmrechts Bayerns in
Angelegenheiten, welche die Beaufſichtigung und Geſetzgebung des
Reiches über die Heimaths- und Niederlaſſungsverhältniſſe angehen
(R.-V. Art 4 Nro 1), und welche zu den, dem Reiche in den
Art. 42—46 Abſ. 1 der R.-V. eingeräumten Hoheitsrechten hin-
ſichtlich des Eiſenbahnweſens gehören.
Nichtausgeſchloſſen iſt das Stimmrecht Hamburgs und
Bremens in Zoll- und Steuer-Angelegenheiten; denn abgeſehen
davon, daß Gebietstheile des Hamburger Staates in das Zoll-
Gebiet eingeſchloſſen ſind, entrichten dieſe Staaten an Stelle der
indirekten Steuern Averſa an das Reich 1) und haben nach Art.
35 der R.-V. die Autonomie über das geſammte Zollweſen und
die in dieſem Artikel aufgeführten Steuern verloren. Ebenſowenig
iſt das Stimmrecht Bayerns in Angelegenheiten der Heeresver-
waltung ausgeſchloſſen, da der vom Reiche aufgeſtellte Militär-
Etat auch die, für das Bayeriſche Contingent zu verwendenden
Geldbeträge, wenngleich in einer Geſammtſumme, feſtſetzt und
für die Verwendung dieſer Geldſumme die Anſätze des Reichsetats
zur Richtſchnur dienen 2), und weil auch im Uebrigen Bayern ver-
pflichtet iſt, in Bezug auf Organiſation, Formation, Ausbildung
und Gebühren und hinſichtlich der Mobilmachung volle Ueberein-
ſtimmung mit den für das Bundesheer beſtehenden Normen her-
zuſtellen 3).
3)
1) Staatsmin. Delbrück a. a. O. S. 123.
2) Staatsmin. Delbrück a. a. O. S. 122.
3) Bayer. Bündniß-Vertrag III. §. 5 sub III. Abſ. 2. (R.-G.-Bl. 1871
S. 20.)
3) Stenogr. Ber. S. 125. — Völlig unrichtig iſt die von Seydel Comment.
S. 105 aus Art. 7 Abſ. 4 gezogene Folgerung: „Wo daher die Gemeinſam-
keit der Angelegenheit für das einzelne Bundesglied aufhört, hört auch der
Bundesrath auf Organ für Wahrnehmung der Intereſſen dieſes Bundesgliedes
zu ſein.“ Nicht die Gemeinſamkeit des Intereſſes, ſondern die verfaſſungs-
mäßige Kompetenz des Reiches iſt maßgebend.
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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/267>, abgerufen am 24.07.2024.
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