Kurz, Hermann: Die beiden Tubus. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 149–277. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Fassung bringen zu lassen, weil er wohl wußte, daß Schuß aus dem Laufe sei. Dann meldete er von den Raben, sie seien zwar sehr abgeführte Patrone, die auf sich zielen lassen, ohne sich zu rühren, bis sie den Finger am Drücker in Bewegung sehen; dann fliegen sie, eben noch im letzten Augenblicke, weg, den Schützen seinem Aerger überlassend. Nur zähl'n können sie nicht. Er belegte dies mit der Geschichte eines seiner Vertrauten, der den Raben in einem Versteck am Walde manchen Tag umsonst aufgelauert hatte. Sie hatten ihn mit dem Gewehr in seine Hütte gehen sehen und kamen nicht auf Schußweite heran. Zuletzt verfiel er darauf, einen Andern, der ebenfalls ein Gewehr tragen mußte, in seine Hütte mitzunehmen und nach einiger Zeit wieder fortzuschicken. Nun glaubten die Raben, die den Mann mit der Flinte hatten fortgehen sehen, das Feld sei rein, und ließen sich seitdem nach Bequemlichkeit schießen. Auch wurden sie nicht klug durch Schaden, daß sie hatten Zwei zählen gelernt. Da wär's ihnen wohl schwer geworden, die Dauer des dreißigjährigen Krieges anzugeben, bemerkte Wilhelm verbindlich. Eduard, nachdem er diese Schmeichelei mit einem dankbaren Lächeln erwidert, fuhr unermüdlich in seinen Geschichten fort. Er erzählte ein wundervolles Beispiel von der Schlauheit eines Frosches, der, als eine Gans ihn fressen wollte, das Gegentheil von der Mechanik Fassung bringen zu lassen, weil er wohl wußte, daß Schuß aus dem Laufe sei. Dann meldete er von den Raben, sie seien zwar sehr abgeführte Patrone, die auf sich zielen lassen, ohne sich zu rühren, bis sie den Finger am Drücker in Bewegung sehen; dann fliegen sie, eben noch im letzten Augenblicke, weg, den Schützen seinem Aerger überlassend. Nur zähl'n können sie nicht. Er belegte dies mit der Geschichte eines seiner Vertrauten, der den Raben in einem Versteck am Walde manchen Tag umsonst aufgelauert hatte. Sie hatten ihn mit dem Gewehr in seine Hütte gehen sehen und kamen nicht auf Schußweite heran. Zuletzt verfiel er darauf, einen Andern, der ebenfalls ein Gewehr tragen mußte, in seine Hütte mitzunehmen und nach einiger Zeit wieder fortzuschicken. Nun glaubten die Raben, die den Mann mit der Flinte hatten fortgehen sehen, das Feld sei rein, und ließen sich seitdem nach Bequemlichkeit schießen. Auch wurden sie nicht klug durch Schaden, daß sie hatten Zwei zählen gelernt. Da wär's ihnen wohl schwer geworden, die Dauer des dreißigjährigen Krieges anzugeben, bemerkte Wilhelm verbindlich. Eduard, nachdem er diese Schmeichelei mit einem dankbaren Lächeln erwidert, fuhr unermüdlich in seinen Geschichten fort. Er erzählte ein wundervolles Beispiel von der Schlauheit eines Frosches, der, als eine Gans ihn fressen wollte, das Gegentheil von der Mechanik <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="3"> <p><pb facs="#f0098"/> Fassung bringen zu lassen, weil er wohl wußte, daß Schuß aus dem Laufe sei.</p><lb/> <p>Dann meldete er von den Raben, sie seien zwar sehr abgeführte Patrone, die auf sich zielen lassen, ohne sich zu rühren, bis sie den Finger am Drücker in Bewegung sehen; dann fliegen sie, eben noch im letzten Augenblicke, weg, den Schützen seinem Aerger überlassend. Nur zähl'n können sie nicht. Er belegte dies mit der Geschichte eines seiner Vertrauten, der den Raben in einem Versteck am Walde manchen Tag umsonst aufgelauert hatte. Sie hatten ihn mit dem Gewehr in seine Hütte gehen sehen und kamen nicht auf Schußweite heran. Zuletzt verfiel er darauf, einen Andern, der ebenfalls ein Gewehr tragen mußte, in seine Hütte mitzunehmen und nach einiger Zeit wieder fortzuschicken. Nun glaubten die Raben, die den Mann mit der Flinte hatten fortgehen sehen, das Feld sei rein, und ließen sich seitdem nach Bequemlichkeit schießen. Auch wurden sie nicht klug durch Schaden, daß sie hatten Zwei zählen gelernt.</p><lb/> <p>Da wär's ihnen wohl schwer geworden, die Dauer des dreißigjährigen Krieges anzugeben, bemerkte Wilhelm verbindlich.</p><lb/> <p>Eduard, nachdem er diese Schmeichelei mit einem dankbaren Lächeln erwidert, fuhr unermüdlich in seinen Geschichten fort. Er erzählte ein wundervolles Beispiel von der Schlauheit eines Frosches, der, als eine Gans ihn fressen wollte, das Gegentheil von der Mechanik<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0098]
Fassung bringen zu lassen, weil er wohl wußte, daß Schuß aus dem Laufe sei.
Dann meldete er von den Raben, sie seien zwar sehr abgeführte Patrone, die auf sich zielen lassen, ohne sich zu rühren, bis sie den Finger am Drücker in Bewegung sehen; dann fliegen sie, eben noch im letzten Augenblicke, weg, den Schützen seinem Aerger überlassend. Nur zähl'n können sie nicht. Er belegte dies mit der Geschichte eines seiner Vertrauten, der den Raben in einem Versteck am Walde manchen Tag umsonst aufgelauert hatte. Sie hatten ihn mit dem Gewehr in seine Hütte gehen sehen und kamen nicht auf Schußweite heran. Zuletzt verfiel er darauf, einen Andern, der ebenfalls ein Gewehr tragen mußte, in seine Hütte mitzunehmen und nach einiger Zeit wieder fortzuschicken. Nun glaubten die Raben, die den Mann mit der Flinte hatten fortgehen sehen, das Feld sei rein, und ließen sich seitdem nach Bequemlichkeit schießen. Auch wurden sie nicht klug durch Schaden, daß sie hatten Zwei zählen gelernt.
Da wär's ihnen wohl schwer geworden, die Dauer des dreißigjährigen Krieges anzugeben, bemerkte Wilhelm verbindlich.
Eduard, nachdem er diese Schmeichelei mit einem dankbaren Lächeln erwidert, fuhr unermüdlich in seinen Geschichten fort. Er erzählte ein wundervolles Beispiel von der Schlauheit eines Frosches, der, als eine Gans ihn fressen wollte, das Gegentheil von der Mechanik
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