Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kurz, Hermann: Die beiden Tubus. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 149–277. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

schnell sein Instrument zu der früheren Lage, indem er sich bemühte, gleich seinem Entdecker den Händen eine Arbeitstheilung anzuweisen und mit der einen zu winken, während die andere den Tubus hielt.

O weh! rief der Pfarrer von A . . . berg und unterrichtete sofort seine Frau über die Ursache dieser schmerzlichen Interjection. Dem Andern war, sei es nun, daß das Instrument zu schwer oder die Hand zu schwach war, der Tubus entfallen! Mitten in der besten Freude alle Freude, für immer vielleicht, verdorben! Die Pfarrerin schrie laut vor Schreck und Jammer auf.

Der Pfarrer war unwillkürlich mit weit auslangendem Blick dem verunglückten Instrumente gefolgt, als ob er es im Sturz aufhalten müßte und könnte. Auch schien er in der That mit seiner Sympathie dem Tubus ein guter Engel gewesen zu sein; denn er sah den Obertheil desselben über das schon geschilderte Mäuerchen hervorragen und sogar, wunderbarer Weise! sich weiter bewegen. Die Bewegung ging sodann aufwärts, indem mit dem Tubus ein Kübel und unter dem Kübel eine weibliche Figur zum Vorschein kam. Alle Drei schwebten an der Seite des Hauses eine von dem Beobachter bis jetzt übersehene dunkel beschattete Linie empor, in welcher er nun mit der äußersten Anstrengung seiner Sehkraft eine Stiege erkannte, dergleichen an den Bauernhäusern außen angebracht sind. Aus dem Schwanken des nur theilweise sichtbaren Tubus war mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit zu errathen, daß

schnell sein Instrument zu der früheren Lage, indem er sich bemühte, gleich seinem Entdecker den Händen eine Arbeitstheilung anzuweisen und mit der einen zu winken, während die andere den Tubus hielt.

O weh! rief der Pfarrer von A . . . berg und unterrichtete sofort seine Frau über die Ursache dieser schmerzlichen Interjection. Dem Andern war, sei es nun, daß das Instrument zu schwer oder die Hand zu schwach war, der Tubus entfallen! Mitten in der besten Freude alle Freude, für immer vielleicht, verdorben! Die Pfarrerin schrie laut vor Schreck und Jammer auf.

Der Pfarrer war unwillkürlich mit weit auslangendem Blick dem verunglückten Instrumente gefolgt, als ob er es im Sturz aufhalten müßte und könnte. Auch schien er in der That mit seiner Sympathie dem Tubus ein guter Engel gewesen zu sein; denn er sah den Obertheil desselben über das schon geschilderte Mäuerchen hervorragen und sogar, wunderbarer Weise! sich weiter bewegen. Die Bewegung ging sodann aufwärts, indem mit dem Tubus ein Kübel und unter dem Kübel eine weibliche Figur zum Vorschein kam. Alle Drei schwebten an der Seite des Hauses eine von dem Beobachter bis jetzt übersehene dunkel beschattete Linie empor, in welcher er nun mit der äußersten Anstrengung seiner Sehkraft eine Stiege erkannte, dergleichen an den Bauernhäusern außen angebracht sind. Aus dem Schwanken des nur theilweise sichtbaren Tubus war mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit zu errathen, daß

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="1">
        <p><pb facs="#f0032"/>
schnell sein Instrument zu der früheren Lage, indem er sich bemühte,                gleich seinem Entdecker den Händen eine Arbeitstheilung anzuweisen und mit der einen                zu winken, während die andere den Tubus hielt.</p><lb/>
        <p>O weh! rief der Pfarrer von A . . . berg und unterrichtete sofort seine Frau über die                Ursache dieser schmerzlichen Interjection. Dem Andern war, sei es nun, daß das                Instrument zu schwer oder die Hand zu schwach war, der Tubus entfallen! Mitten in der                besten Freude alle Freude, für immer vielleicht, verdorben! Die Pfarrerin schrie laut                vor Schreck und Jammer auf.</p><lb/>
        <p>Der Pfarrer war unwillkürlich mit weit auslangendem Blick dem verunglückten                Instrumente gefolgt, als ob er es im Sturz aufhalten müßte und könnte. Auch schien er                in der That mit seiner Sympathie dem Tubus ein guter Engel gewesen zu sein; denn er                sah den Obertheil desselben über das schon geschilderte Mäuerchen hervorragen und                sogar, wunderbarer Weise! sich weiter bewegen. Die Bewegung ging sodann aufwärts,                indem mit dem Tubus ein Kübel und unter dem Kübel eine weibliche Figur zum Vorschein                kam. Alle Drei schwebten an der Seite des Hauses eine von dem Beobachter bis jetzt                übersehene dunkel beschattete Linie empor, in welcher er nun mit der äußersten                Anstrengung seiner Sehkraft eine Stiege erkannte, dergleichen an den Bauernhäusern                außen angebracht sind. Aus dem Schwanken des nur theilweise sichtbaren Tubus war mit                ziemlicher Wahrscheinlichkeit zu errathen, daß<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0032] schnell sein Instrument zu der früheren Lage, indem er sich bemühte, gleich seinem Entdecker den Händen eine Arbeitstheilung anzuweisen und mit der einen zu winken, während die andere den Tubus hielt. O weh! rief der Pfarrer von A . . . berg und unterrichtete sofort seine Frau über die Ursache dieser schmerzlichen Interjection. Dem Andern war, sei es nun, daß das Instrument zu schwer oder die Hand zu schwach war, der Tubus entfallen! Mitten in der besten Freude alle Freude, für immer vielleicht, verdorben! Die Pfarrerin schrie laut vor Schreck und Jammer auf. Der Pfarrer war unwillkürlich mit weit auslangendem Blick dem verunglückten Instrumente gefolgt, als ob er es im Sturz aufhalten müßte und könnte. Auch schien er in der That mit seiner Sympathie dem Tubus ein guter Engel gewesen zu sein; denn er sah den Obertheil desselben über das schon geschilderte Mäuerchen hervorragen und sogar, wunderbarer Weise! sich weiter bewegen. Die Bewegung ging sodann aufwärts, indem mit dem Tubus ein Kübel und unter dem Kübel eine weibliche Figur zum Vorschein kam. Alle Drei schwebten an der Seite des Hauses eine von dem Beobachter bis jetzt übersehene dunkel beschattete Linie empor, in welcher er nun mit der äußersten Anstrengung seiner Sehkraft eine Stiege erkannte, dergleichen an den Bauernhäusern außen angebracht sind. Aus dem Schwanken des nur theilweise sichtbaren Tubus war mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit zu errathen, daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:08:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:08:57Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_tubus_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_tubus_1910/32
Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Die beiden Tubus. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 149–277. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_tubus_1910/32>, abgerufen am 23.11.2024.