Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kurz, Hermann: Die beiden Tubus. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 149–277. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Aber auf der einen Seite sind's doch Christen! rief man ihm zu.

Er blickte seine anwesenden Collegen faustisch an. Ich weiß nicht, wie weit wir diese Schismatiker als Christen anerkennen dürfen, warf er hin. Uebrigens, setzte er gegen die weltlichen Mitglieder der Gesellschaft hinzu, verbietet das Christenthum alle und jede Revolution, und gebietet noch obendrein, auch die Nichtchristen als Menschen gelten zu lassen.

Die wackern Perser, ja! Es leben die Perser!

Weil sie diesmal die Türken angegriffen haben, erwiderte er. Ein andermal geht's vielleicht umgekehrt, dann lassen wir die edlen Türken gegen die Hunde von Persern oder dergleichen hoch leben.

Die Wendung, die das Gespräch nahm, wurde immer schlimmer. Ein allgemeiner Sturm stand bevor. Der Pfarrer von A . . .berg fühlte sich daher von der menschenfreundlichen Absicht beseelt, sich selbst seinem Freunde als Hauptopponent gegenüber zu stellen und auf diese Weise den Streit wo möglich in ein friedlicheres Fahrwasser einzuleiten.

Aber warum willst du denn nicht wenigstens auf den Miaulis mit mir anstoßen? fragte er wehmüthig. Du wirst doch anerkennen müssen, daß es eine hohe und edle That von ihm war.

Ich kenne den Mann nicht persönlich, antwortete der Unverbesserliche mit einer Trockenheit, die jedes edlere Gemüth zur Verzweiflung bringen mußte. Kann

Aber auf der einen Seite sind's doch Christen! rief man ihm zu.

Er blickte seine anwesenden Collegen faustisch an. Ich weiß nicht, wie weit wir diese Schismatiker als Christen anerkennen dürfen, warf er hin. Uebrigens, setzte er gegen die weltlichen Mitglieder der Gesellschaft hinzu, verbietet das Christenthum alle und jede Revolution, und gebietet noch obendrein, auch die Nichtchristen als Menschen gelten zu lassen.

Die wackern Perser, ja! Es leben die Perser!

Weil sie diesmal die Türken angegriffen haben, erwiderte er. Ein andermal geht's vielleicht umgekehrt, dann lassen wir die edlen Türken gegen die Hunde von Persern oder dergleichen hoch leben.

Die Wendung, die das Gespräch nahm, wurde immer schlimmer. Ein allgemeiner Sturm stand bevor. Der Pfarrer von A . . .berg fühlte sich daher von der menschenfreundlichen Absicht beseelt, sich selbst seinem Freunde als Hauptopponent gegenüber zu stellen und auf diese Weise den Streit wo möglich in ein friedlicheres Fahrwasser einzuleiten.

Aber warum willst du denn nicht wenigstens auf den Miaulis mit mir anstoßen? fragte er wehmüthig. Du wirst doch anerkennen müssen, daß es eine hohe und edle That von ihm war.

Ich kenne den Mann nicht persönlich, antwortete der Unverbesserliche mit einer Trockenheit, die jedes edlere Gemüth zur Verzweiflung bringen mußte. Kann

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="3">
        <pb facs="#f0108"/>
        <p>Aber auf der einen Seite sind's doch Christen! rief man ihm zu.</p><lb/>
        <p>Er blickte seine anwesenden Collegen faustisch an. Ich weiß nicht, wie weit wir diese                Schismatiker als Christen anerkennen dürfen, warf er hin. Uebrigens, setzte er gegen                die weltlichen Mitglieder der Gesellschaft hinzu, verbietet das Christenthum alle und                jede Revolution, und gebietet noch obendrein, auch die Nichtchristen als Menschen                gelten zu lassen.</p><lb/>
        <p>Die wackern Perser, ja! Es leben die Perser!</p><lb/>
        <p>Weil sie diesmal die Türken angegriffen haben, erwiderte er. Ein andermal geht's                vielleicht umgekehrt, dann lassen wir die edlen Türken gegen die Hunde von Persern                oder dergleichen hoch leben.</p><lb/>
        <p>Die Wendung, die das Gespräch nahm, wurde immer schlimmer. Ein allgemeiner Sturm                stand bevor. Der Pfarrer von A . . .berg fühlte sich daher von der                menschenfreundlichen Absicht beseelt, sich selbst seinem Freunde als Hauptopponent                gegenüber zu stellen und auf diese Weise den Streit wo möglich in ein friedlicheres                Fahrwasser einzuleiten.</p><lb/>
        <p>Aber warum willst du denn nicht wenigstens auf den Miaulis mit mir anstoßen? fragte                er wehmüthig. Du wirst doch anerkennen müssen, daß es eine hohe und edle That von ihm                war.</p><lb/>
        <p>Ich kenne den Mann nicht persönlich, antwortete der Unverbesserliche mit einer                Trockenheit, die jedes edlere Gemüth zur Verzweiflung bringen mußte. Kann<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0108] Aber auf der einen Seite sind's doch Christen! rief man ihm zu. Er blickte seine anwesenden Collegen faustisch an. Ich weiß nicht, wie weit wir diese Schismatiker als Christen anerkennen dürfen, warf er hin. Uebrigens, setzte er gegen die weltlichen Mitglieder der Gesellschaft hinzu, verbietet das Christenthum alle und jede Revolution, und gebietet noch obendrein, auch die Nichtchristen als Menschen gelten zu lassen. Die wackern Perser, ja! Es leben die Perser! Weil sie diesmal die Türken angegriffen haben, erwiderte er. Ein andermal geht's vielleicht umgekehrt, dann lassen wir die edlen Türken gegen die Hunde von Persern oder dergleichen hoch leben. Die Wendung, die das Gespräch nahm, wurde immer schlimmer. Ein allgemeiner Sturm stand bevor. Der Pfarrer von A . . .berg fühlte sich daher von der menschenfreundlichen Absicht beseelt, sich selbst seinem Freunde als Hauptopponent gegenüber zu stellen und auf diese Weise den Streit wo möglich in ein friedlicheres Fahrwasser einzuleiten. Aber warum willst du denn nicht wenigstens auf den Miaulis mit mir anstoßen? fragte er wehmüthig. Du wirst doch anerkennen müssen, daß es eine hohe und edle That von ihm war. Ich kenne den Mann nicht persönlich, antwortete der Unverbesserliche mit einer Trockenheit, die jedes edlere Gemüth zur Verzweiflung bringen mußte. Kann

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:08:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:08:57Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_tubus_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_tubus_1910/108
Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Die beiden Tubus. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 149–277. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_tubus_1910/108>, abgerufen am 25.11.2024.