Kurz, Hermann: Die beiden Tubus. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 149–277. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Gewiß! antwortete Eduard. Und an Wahrzeichen wird es uns auch nicht fehlen, denn wenn dich die Jahre noch so sehr verändern sollten, ich werde mir immer gleich bleiben -- Eduard, der schwarze Prinz! schaltete er lachend ein -- und ein Steckbrief, den man mir heute schriebe, würde noch nach zwanzig Jahren seine gute Wirkung thun. Auf Wiedersehen also! Sie stießen an und versicherten einander unter begeisterten Schwüren eines unauslöschlichen Andenkens. Hierauf begaben sie sich in die an den Garten stoßenden Wirthschaftszimmer, in die sich die Gesellschaft bei der zunehmenden Kühle des Abends schon längst zurückgezogen hatte. Die beiden Knaben setzten sich hinter den Ofen, um im Trockenen mit anzuhören, was von den Erwachsenen inter pocula gesprochen wurde, und des Aufbruchs ihrer Väter zu harren. Hier hatte sich der anfangs heitere Horizont nach und nach getrübt. Dem Pfarrer von Y . . . burg war das stehende Lächeln, das ihm die Gesellschaft entgegenhielt, allmählich mehr und mehr aufgefallen, und das um so unangenehmer, als es, bei einzelnen Mitgliedern wenigstens, mit einem stillen Mitleid tingirt erschien. Er fragte seinen Freund von A . . . berg mit großer Schärfe in Blick und Ton, was das sonderbare Benehmen der Leute bedeuten solle. Dieser befand sich in maßloser Noth. Er wußte nicht ob Eduard seinem Vater gestanden hatte, was ihm Gewiß! antwortete Eduard. Und an Wahrzeichen wird es uns auch nicht fehlen, denn wenn dich die Jahre noch so sehr verändern sollten, ich werde mir immer gleich bleiben — Eduard, der schwarze Prinz! schaltete er lachend ein — und ein Steckbrief, den man mir heute schriebe, würde noch nach zwanzig Jahren seine gute Wirkung thun. Auf Wiedersehen also! Sie stießen an und versicherten einander unter begeisterten Schwüren eines unauslöschlichen Andenkens. Hierauf begaben sie sich in die an den Garten stoßenden Wirthschaftszimmer, in die sich die Gesellschaft bei der zunehmenden Kühle des Abends schon längst zurückgezogen hatte. Die beiden Knaben setzten sich hinter den Ofen, um im Trockenen mit anzuhören, was von den Erwachsenen inter pocula gesprochen wurde, und des Aufbruchs ihrer Väter zu harren. Hier hatte sich der anfangs heitere Horizont nach und nach getrübt. Dem Pfarrer von Y . . . burg war das stehende Lächeln, das ihm die Gesellschaft entgegenhielt, allmählich mehr und mehr aufgefallen, und das um so unangenehmer, als es, bei einzelnen Mitgliedern wenigstens, mit einem stillen Mitleid tingirt erschien. Er fragte seinen Freund von A . . . berg mit großer Schärfe in Blick und Ton, was das sonderbare Benehmen der Leute bedeuten solle. Dieser befand sich in maßloser Noth. Er wußte nicht ob Eduard seinem Vater gestanden hatte, was ihm <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="3"> <pb facs="#f0102"/> <p>Gewiß! antwortete Eduard. Und an Wahrzeichen wird es uns auch nicht fehlen, denn wenn dich die Jahre noch so sehr verändern sollten, ich werde mir immer gleich bleiben — Eduard, der schwarze Prinz! schaltete er lachend ein — und ein Steckbrief, den man mir heute schriebe, würde noch nach zwanzig Jahren seine gute Wirkung thun. Auf Wiedersehen also!</p><lb/> <p>Sie stießen an und versicherten einander unter begeisterten Schwüren eines unauslöschlichen Andenkens.</p><lb/> <p>Hierauf begaben sie sich in die an den Garten stoßenden Wirthschaftszimmer, in die sich die Gesellschaft bei der zunehmenden Kühle des Abends schon längst zurückgezogen hatte. Die beiden Knaben setzten sich hinter den Ofen, um im Trockenen mit anzuhören, was von den Erwachsenen inter pocula gesprochen wurde, und des Aufbruchs ihrer Väter zu harren.</p><lb/> <p>Hier hatte sich der anfangs heitere Horizont nach und nach getrübt.</p><lb/> <p>Dem Pfarrer von Y . . . burg war das stehende Lächeln, das ihm die Gesellschaft entgegenhielt, allmählich mehr und mehr aufgefallen, und das um so unangenehmer, als es, bei einzelnen Mitgliedern wenigstens, mit einem stillen Mitleid tingirt erschien. Er fragte seinen Freund von A . . . berg mit großer Schärfe in Blick und Ton, was das sonderbare Benehmen der Leute bedeuten solle.</p><lb/> <p>Dieser befand sich in maßloser Noth. Er wußte nicht ob Eduard seinem Vater gestanden hatte, was ihm<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0102]
Gewiß! antwortete Eduard. Und an Wahrzeichen wird es uns auch nicht fehlen, denn wenn dich die Jahre noch so sehr verändern sollten, ich werde mir immer gleich bleiben — Eduard, der schwarze Prinz! schaltete er lachend ein — und ein Steckbrief, den man mir heute schriebe, würde noch nach zwanzig Jahren seine gute Wirkung thun. Auf Wiedersehen also!
Sie stießen an und versicherten einander unter begeisterten Schwüren eines unauslöschlichen Andenkens.
Hierauf begaben sie sich in die an den Garten stoßenden Wirthschaftszimmer, in die sich die Gesellschaft bei der zunehmenden Kühle des Abends schon längst zurückgezogen hatte. Die beiden Knaben setzten sich hinter den Ofen, um im Trockenen mit anzuhören, was von den Erwachsenen inter pocula gesprochen wurde, und des Aufbruchs ihrer Väter zu harren.
Hier hatte sich der anfangs heitere Horizont nach und nach getrübt.
Dem Pfarrer von Y . . . burg war das stehende Lächeln, das ihm die Gesellschaft entgegenhielt, allmählich mehr und mehr aufgefallen, und das um so unangenehmer, als es, bei einzelnen Mitgliedern wenigstens, mit einem stillen Mitleid tingirt erschien. Er fragte seinen Freund von A . . . berg mit großer Schärfe in Blick und Ton, was das sonderbare Benehmen der Leute bedeuten solle.
Dieser befand sich in maßloser Noth. Er wußte nicht ob Eduard seinem Vater gestanden hatte, was ihm
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Zitationshilfe: | Kurz, Hermann: Die beiden Tubus. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 149–277. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_tubus_1910/102>, abgerufen am 16.07.2024. |