Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.Lieg' ich auf der faulen Haut? entgegnete Magdalene vorwurfsvoll. Nun, so sei froh, daß du jetzt bessere Tage kriegst. Ich will keine bessere Tage, ich bin ja zufrieden. Ich will noch Das wär' ein Kunststück! Bin ich eine Hex'? Kann ich dich Eine alte Jungfer kann auch in Himmel kommen. Ja, aber durch's Nebenthürle. Und jetzt hör' auf mit dem Ge¬ Freilich verdien' ich's nicht! Er soll eine Andere nehmen, meinet¬ Was hast du gegen den Chirurgus? rief die Sonnenwirthin zornig. O Mutter, begann das Mädchen nach einer Weile mit bebender Du wüste Strunz du! rief die Sonnenwirthin. So, da liegt der Magdalene schluchzte: O Mutter, Mutter! Ja, Mutter! spottete jene. Ich weiß wohl was Jesus Sirach Lieg' ich auf der faulen Haut? entgegnete Magdalene vorwurfsvoll. Nun, ſo ſei froh, daß du jetzt beſſere Tage kriegſt. Ich will keine beſſere Tage, ich bin ja zufrieden. Ich will noch Das wär' ein Kunſtſtück! Bin ich eine Hex'? Kann ich dich Eine alte Jungfer kann auch in Himmel kommen. Ja, aber durch's Nebenthürle. Und jetzt hör' auf mit dem Ge¬ Freilich verdien' ich's nicht! Er ſoll eine Andere nehmen, meinet¬ Was haſt du gegen den Chirurgus? rief die Sonnenwirthin zornig. O Mutter, begann das Mädchen nach einer Weile mit bebender Du wüſte Strunz du! rief die Sonnenwirthin. So, da liegt der Magdalene ſchluchzte: O Mutter, Mutter! Ja, Mutter! ſpottete jene. Ich weiß wohl was Jeſus Sirach <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0057" n="41"/> <p>Lieg' ich auf der faulen Haut? entgegnete Magdalene vorwurfsvoll.<lb/> Werd' ich nicht gepudelt vom frühen Morgen bis in die ſpäte Nacht?<lb/> Hab' ich das bisle Eſſen nicht ſo gut verdient, wie wenn ich Eure<lb/> Magd wär'?</p><lb/> <p>Nun, ſo ſei froh, daß du jetzt beſſere Tage kriegſt.</p><lb/> <p>Ich will keine beſſere Tage, ich bin ja zufrieden. Ich will noch<lb/> härter arbeiten, will Euer Kehrbeſen ſein und Eure Ofengabel, will<lb/> ſchlumpen und pumpen, nur laßt mich bleiben wie ich bin.</p><lb/> <p>Das wär' ein Kunſtſtück! Bin ich eine Hex'? Kann ich dich<lb/> halten, daß du bleibſt heut' wie geſtern, und morgen wie heut?<lb/> Kann ich's verhindern, daß du eine alte Jungfer wirſt?</p><lb/> <p>Eine alte Jungfer kann auch in Himmel kommen.</p><lb/> <p>Ja, aber durch's Nebenthürle. Und jetzt hör' auf mit dem Ge¬<lb/> ſchwätz. Es iſt eine Ehr' für dich, daß dich der Chirurgus nehmen<lb/> will, ſo ein Herr! Wart', wenn du an ſeinem Arm daher ſtratzen<lb/> kannſt, das wird eine Hoffärtigkeit ſein! Du verdienſt's gar nicht, daß<lb/> es ſo hoch hinaus ſoll mit dir!</p><lb/> <p>Freilich verdien' ich's nicht! Er ſoll eine Andere nehmen, meinet¬<lb/> wegen die verwitwete Herzogin, die thät vielleicht beſſer für ihn paſſen.</p><lb/> <p>Was haſt du gegen den Chirurgus? rief die Sonnenwirthin zornig.<lb/> Was kannſt du wider ihn ſagen?</p><lb/> <p>O Mutter, begann das Mädchen nach einer Weile mit bebender<lb/> Stimme, denkt an Eure eigene Jugend zurück — er iſt ſo alt —<lb/> und ſo —</p><lb/> <p>Du wüſte Strunz du! rief die Sonnenwirthin. So, <hi rendition="#g">da</hi> liegt der<lb/> Haſ' im Pfeffer? Der Ehſtand iſt eine chriſtliche Anſtalt, dem Herrn<lb/> zum Preis, und nicht für Ueppigkeit und Fleiſchesluſt. Wenn du ſo<lb/> lüderliche Gedanken haſt, ſo bet' daß ſie dir vergehen, oder behalt ſie<lb/> wenigſtens bei dir und ſchäm' dich. Wenn die Leut' wüßten, daß du<lb/> ſo fleiſchlich denkſt, ſie thäten mit Fingern auf dich zeigen.</p><lb/> <p>Magdalene ſchluchzte: O Mutter, Mutter!</p><lb/> <p>Ja, Mutter! ſpottete jene. Ich weiß wohl was Jeſus Sirach<lb/> einer Mutter einſchärft im Sechsundzwanzigſten: „Iſt deine Tochter<lb/> nicht ſchamhaftig, ſo halte ſie hart, auf daß ſie nicht ihren Muthwillen<lb/> treibe, wenn ſie ſo frei iſt. Wie ein Fußgänger, der durſtig iſt,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [41/0057]
Lieg' ich auf der faulen Haut? entgegnete Magdalene vorwurfsvoll.
Werd' ich nicht gepudelt vom frühen Morgen bis in die ſpäte Nacht?
Hab' ich das bisle Eſſen nicht ſo gut verdient, wie wenn ich Eure
Magd wär'?
Nun, ſo ſei froh, daß du jetzt beſſere Tage kriegſt.
Ich will keine beſſere Tage, ich bin ja zufrieden. Ich will noch
härter arbeiten, will Euer Kehrbeſen ſein und Eure Ofengabel, will
ſchlumpen und pumpen, nur laßt mich bleiben wie ich bin.
Das wär' ein Kunſtſtück! Bin ich eine Hex'? Kann ich dich
halten, daß du bleibſt heut' wie geſtern, und morgen wie heut?
Kann ich's verhindern, daß du eine alte Jungfer wirſt?
Eine alte Jungfer kann auch in Himmel kommen.
Ja, aber durch's Nebenthürle. Und jetzt hör' auf mit dem Ge¬
ſchwätz. Es iſt eine Ehr' für dich, daß dich der Chirurgus nehmen
will, ſo ein Herr! Wart', wenn du an ſeinem Arm daher ſtratzen
kannſt, das wird eine Hoffärtigkeit ſein! Du verdienſt's gar nicht, daß
es ſo hoch hinaus ſoll mit dir!
Freilich verdien' ich's nicht! Er ſoll eine Andere nehmen, meinet¬
wegen die verwitwete Herzogin, die thät vielleicht beſſer für ihn paſſen.
Was haſt du gegen den Chirurgus? rief die Sonnenwirthin zornig.
Was kannſt du wider ihn ſagen?
O Mutter, begann das Mädchen nach einer Weile mit bebender
Stimme, denkt an Eure eigene Jugend zurück — er iſt ſo alt —
und ſo —
Du wüſte Strunz du! rief die Sonnenwirthin. So, da liegt der
Haſ' im Pfeffer? Der Ehſtand iſt eine chriſtliche Anſtalt, dem Herrn
zum Preis, und nicht für Ueppigkeit und Fleiſchesluſt. Wenn du ſo
lüderliche Gedanken haſt, ſo bet' daß ſie dir vergehen, oder behalt ſie
wenigſtens bei dir und ſchäm' dich. Wenn die Leut' wüßten, daß du
ſo fleiſchlich denkſt, ſie thäten mit Fingern auf dich zeigen.
Magdalene ſchluchzte: O Mutter, Mutter!
Ja, Mutter! ſpottete jene. Ich weiß wohl was Jeſus Sirach
einer Mutter einſchärft im Sechsundzwanzigſten: „Iſt deine Tochter
nicht ſchamhaftig, ſo halte ſie hart, auf daß ſie nicht ihren Muthwillen
treibe, wenn ſie ſo frei iſt. Wie ein Fußgänger, der durſtig iſt,
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