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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.

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selbst darunter leiden müßten und nur eine desto härtere Todesstrafe
zu gewarten haben würden. Aber er glaubte nicht, daß der Plan
aufgegeben sei, und in seinem Verhör zu Vaihingen sagte er, es werde
gewiß noch geschehen, und man werde vielleicht deßhalb an ihn ge¬
denken, wenn er schon todt sei. Es geschah jedoch nicht, denn sein
Verrath verbreitete unter den Räubern denselben Schrecken, den sie
dem badischen Lande zugedacht hatten, und die vielen Randzeichen des
Vaihinger Untersuchungsprotokolls zeugen von den eben so vielen Mit¬
theilungen, welcher der thätige Oberamtmann an die benachbarten Aemter
und Gerichte ausgehen ließ, um ihre Arme gegen die noch auf freiem
Fuß befindlichen Genossen seines Gefangenen in Bewegung zu setzen.

Der Verbrecher, der seinen Vaterort täglich durch Drohungen mit
Mord und Brand geängstigt hatte, verließ mit Abscheu die Versamm¬
lung, die der Ausführung solcher Thaten fähig war, und enthüllte in
dem Briefe, den wir bereits kennen, dem Amtmann von Stein den
verruchten Mordbrennerplan. Freilich war die gute Regung, die man
nach seiner ganzen Beschaffenheit nicht an ihm bezweifeln kann, mit
sehr menschlichen Absichten vermischt: er wollte Gnade für sich, und
hatte unter den badischen Beamten den von Stein ausgewählt, weil
er durch seine Unterhandlung mit diesem günstig auf Christinens
Schicksal einzuwirken hoffte. Dennoch würde selbst im Falle ausschlie߬
licher Eigensucht seiner Enthüllung ein Verdienst nicht ermangeln; denn
wenn jene politischen Blutigel, wie ein zeitgenössischer Beamter und
Schriftsteller die zu Tausenden umherstreifenden Jauner nannte, Raum
gefunden hätten, als geschlossene Macht aufzutreten, so wäre bei dem
Zustande des Reiches und der von den Preußen geschlagenen Reichs¬
armee mehr als viel auf dem Spiele gestanden.

Er erhielt jedoch von dem Amtmann keine Antwort, merkte aber
bald, daß derselbe ihm auf der Spur sei, denn als er nach dem Hofe
bei Stein zurückkehrte, vernahm er, daß das Gerücht von seiner An¬
wesenheit verbreitet sei, und hatte Noth sich durch die aufgebotenen
Streifwachen durchzuschleichen. Unstät und flüchtig irrte er nach an¬
dern Gegenden.

Nach dem vergeblichen Schritte bei dem Amtmann von Stein faßte
er den noch abenteuerlicheren Gedanken, in der Residenz des Deutsch¬
meisters, auf neutralen Boden also, wie er meinte, vor seinem aus

ſelbſt darunter leiden müßten und nur eine deſto härtere Todesſtrafe
zu gewarten haben würden. Aber er glaubte nicht, daß der Plan
aufgegeben ſei, und in ſeinem Verhör zu Vaihingen ſagte er, es werde
gewiß noch geſchehen, und man werde vielleicht deßhalb an ihn ge¬
denken, wenn er ſchon todt ſei. Es geſchah jedoch nicht, denn ſein
Verrath verbreitete unter den Räubern denſelben Schrecken, den ſie
dem badiſchen Lande zugedacht hatten, und die vielen Randzeichen des
Vaihinger Unterſuchungsprotokolls zeugen von den eben ſo vielen Mit¬
theilungen, welcher der thätige Oberamtmann an die benachbarten Aemter
und Gerichte ausgehen ließ, um ihre Arme gegen die noch auf freiem
Fuß befindlichen Genoſſen ſeines Gefangenen in Bewegung zu ſetzen.

Der Verbrecher, der ſeinen Vaterort täglich durch Drohungen mit
Mord und Brand geängſtigt hatte, verließ mit Abſcheu die Verſamm¬
lung, die der Ausführung ſolcher Thaten fähig war, und enthüllte in
dem Briefe, den wir bereits kennen, dem Amtmann von Stein den
verruchten Mordbrennerplan. Freilich war die gute Regung, die man
nach ſeiner ganzen Beſchaffenheit nicht an ihm bezweifeln kann, mit
ſehr menſchlichen Abſichten vermiſcht: er wollte Gnade für ſich, und
hatte unter den badiſchen Beamten den von Stein ausgewählt, weil
er durch ſeine Unterhandlung mit dieſem günſtig auf Chriſtinens
Schickſal einzuwirken hoffte. Dennoch würde ſelbſt im Falle ausſchlie߬
licher Eigenſucht ſeiner Enthüllung ein Verdienſt nicht ermangeln; denn
wenn jene politiſchen Blutigel, wie ein zeitgenöſſiſcher Beamter und
Schriftſteller die zu Tauſenden umherſtreifenden Jauner nannte, Raum
gefunden hätten, als geſchloſſene Macht aufzutreten, ſo wäre bei dem
Zuſtande des Reiches und der von den Preußen geſchlagenen Reichs¬
armee mehr als viel auf dem Spiele geſtanden.

Er erhielt jedoch von dem Amtmann keine Antwort, merkte aber
bald, daß derſelbe ihm auf der Spur ſei, denn als er nach dem Hofe
bei Stein zurückkehrte, vernahm er, daß das Gerücht von ſeiner An¬
weſenheit verbreitet ſei, und hatte Noth ſich durch die aufgebotenen
Streifwachen durchzuſchleichen. Unſtät und flüchtig irrte er nach an¬
dern Gegenden.

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er den noch abenteuerlicheren Gedanken, in der Reſidenz des Deutſch¬
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[452/0468] ſelbſt darunter leiden müßten und nur eine deſto härtere Todesſtrafe zu gewarten haben würden. Aber er glaubte nicht, daß der Plan aufgegeben ſei, und in ſeinem Verhör zu Vaihingen ſagte er, es werde gewiß noch geſchehen, und man werde vielleicht deßhalb an ihn ge¬ denken, wenn er ſchon todt ſei. Es geſchah jedoch nicht, denn ſein Verrath verbreitete unter den Räubern denſelben Schrecken, den ſie dem badiſchen Lande zugedacht hatten, und die vielen Randzeichen des Vaihinger Unterſuchungsprotokolls zeugen von den eben ſo vielen Mit¬ theilungen, welcher der thätige Oberamtmann an die benachbarten Aemter und Gerichte ausgehen ließ, um ihre Arme gegen die noch auf freiem Fuß befindlichen Genoſſen ſeines Gefangenen in Bewegung zu ſetzen. Der Verbrecher, der ſeinen Vaterort täglich durch Drohungen mit Mord und Brand geängſtigt hatte, verließ mit Abſcheu die Verſamm¬ lung, die der Ausführung ſolcher Thaten fähig war, und enthüllte in dem Briefe, den wir bereits kennen, dem Amtmann von Stein den verruchten Mordbrennerplan. Freilich war die gute Regung, die man nach ſeiner ganzen Beſchaffenheit nicht an ihm bezweifeln kann, mit ſehr menſchlichen Abſichten vermiſcht: er wollte Gnade für ſich, und hatte unter den badiſchen Beamten den von Stein ausgewählt, weil er durch ſeine Unterhandlung mit dieſem günſtig auf Chriſtinens Schickſal einzuwirken hoffte. Dennoch würde ſelbſt im Falle ausſchlie߬ licher Eigenſucht ſeiner Enthüllung ein Verdienſt nicht ermangeln; denn wenn jene politiſchen Blutigel, wie ein zeitgenöſſiſcher Beamter und Schriftſteller die zu Tauſenden umherſtreifenden Jauner nannte, Raum gefunden hätten, als geſchloſſene Macht aufzutreten, ſo wäre bei dem Zuſtande des Reiches und der von den Preußen geſchlagenen Reichs¬ armee mehr als viel auf dem Spiele geſtanden. Er erhielt jedoch von dem Amtmann keine Antwort, merkte aber bald, daß derſelbe ihm auf der Spur ſei, denn als er nach dem Hofe bei Stein zurückkehrte, vernahm er, daß das Gerücht von ſeiner An¬ weſenheit verbreitet ſei, und hatte Noth ſich durch die aufgebotenen Streifwachen durchzuſchleichen. Unſtät und flüchtig irrte er nach an¬ dern Gegenden. Nach dem vergeblichen Schritte bei dem Amtmann von Stein faßte er den noch abenteuerlicheren Gedanken, in der Reſidenz des Deutſch¬ meiſters, auf neutralen Boden alſo, wie er meinte, vor ſeinem aus

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/468>, abgerufen am 22.11.2024.