Pflanz' dich nur her, sagte der Andere. Du gehörst ja in Ein Element mit uns. Ein Glas Wein für den Fisch! Willst nicht? Und meinethalb noch einen Freitrunk drüber, daß der Weinkauf richtig ist.
So macht nur geschwind, daß die Alte nicht dazu kommt, erwi¬ derte der Fischer. Aber mehr als einen auf den Mann kann ich nicht hergeben und hier könnet ihr sie auch nicht essen, denn die Sonnen¬ wirthin darf beileib nichts davon wissen.
Freilich, 's ist ein halber Kirchenraub! rief der ältere Müller lachend, fuhr in den Kübel, griff mit sicherer Hand eine große schöne Forelle heraus, zu welcher der Fischer gewaltig sauer sah, schlug sie mit dem Kopf gegen die Tischecke, und steckte sie eilig in die Tasche. Der Jüngere war eben so schnell seinem Beispiel gefolgt.
So, Fischerhanne, sagte der Aeltere, nachdem sie den Handel be¬ endigt hatten, wir wollen das Element leben lassen, das unsere gemein¬ schaftliche Nahrung ist. Nahrung wohlverstanden! denn für den Hunger ist's zwar gut, aber nicht für den Durst. Der Eulenspiegel hat's allezeit den starken Trank geheißen; es treibe Mühlräder, sagte er, und deßhalb sei es ihm zu stark für seine Natur.
Er klingelte am Glase, um noch eine Flasche zu bestellen. Aber jetzt ist's recht, rief er, als die Thüre aufging: jetzt kommt auch ein¬ mal die Oberkellnerin, die Magdalene. Komm her, du Hübsche und du Feine, da gibt's schmachtende Herzen zu laben.
Das Mädchen, das auf den Ruf der durstigen Sturmglocke er¬ schienen war, konnte man nicht ansehen ohne ihr freundlich gesinnt zu werden. Sie trug auf einem wohlgewachsenen Körper ein rundes, unschuldiges, gutmüthiges Gesichtchen, ein weiblich mildes Abbild von den derben Zügen ihres Bruders, und zugleich eine Bürgschaft, daß auch hinter dieser rauhen Schale ein guter Kern verborgen sein könnte.
Hab' ich's nicht gesagt? rief der ältere Müller: und es verlohnt sich der Müh', es zweimal zu sagen, wiewohl wir nicht in der Mühle sind! Das Mädle gäb' einen staatsmäßigen Arm voll, nicht zu viel und nicht zu wenig, für einen braven Junggesellen.
Er blickte dabei mit einer Spaßvogelsmiene auf den Andern. Wenn Ihr sie zu Eurer Käther hin heirathen wollt, so müßt Ihr eben ein
Pflanz' dich nur her, ſagte der Andere. Du gehörſt ja in Ein Element mit uns. Ein Glas Wein für den Fiſch! Willſt nicht? Und meinethalb noch einen Freitrunk drüber, daß der Weinkauf richtig iſt.
So macht nur geſchwind, daß die Alte nicht dazu kommt, erwi¬ derte der Fiſcher. Aber mehr als einen auf den Mann kann ich nicht hergeben und hier könnet ihr ſie auch nicht eſſen, denn die Sonnen¬ wirthin darf beileib nichts davon wiſſen.
Freilich, 's iſt ein halber Kirchenraub! rief der ältere Müller lachend, fuhr in den Kübel, griff mit ſicherer Hand eine große ſchöne Forelle heraus, zu welcher der Fiſcher gewaltig ſauer ſah, ſchlug ſie mit dem Kopf gegen die Tiſchecke, und ſteckte ſie eilig in die Taſche. Der Jüngere war eben ſo ſchnell ſeinem Beiſpiel gefolgt.
So, Fiſcherhanne, ſagte der Aeltere, nachdem ſie den Handel be¬ endigt hatten, wir wollen das Element leben laſſen, das unſere gemein¬ ſchaftliche Nahrung iſt. Nahrung wohlverſtanden! denn für den Hunger iſt's zwar gut, aber nicht für den Durſt. Der Eulenſpiegel hat's allezeit den ſtarken Trank geheißen; es treibe Mühlräder, ſagte er, und deßhalb ſei es ihm zu ſtark für ſeine Natur.
Er klingelte am Glaſe, um noch eine Flaſche zu beſtellen. Aber jetzt iſt's recht, rief er, als die Thüre aufging: jetzt kommt auch ein¬ mal die Oberkellnerin, die Magdalene. Komm her, du Hübſche und du Feine, da gibt's ſchmachtende Herzen zu laben.
Das Mädchen, das auf den Ruf der durſtigen Sturmglocke er¬ ſchienen war, konnte man nicht anſehen ohne ihr freundlich geſinnt zu werden. Sie trug auf einem wohlgewachſenen Körper ein rundes, unſchuldiges, gutmüthiges Geſichtchen, ein weiblich mildes Abbild von den derben Zügen ihres Bruders, und zugleich eine Bürgſchaft, daß auch hinter dieſer rauhen Schale ein guter Kern verborgen ſein könnte.
Hab' ich's nicht geſagt? rief der ältere Müller: und es verlohnt ſich der Müh', es zweimal zu ſagen, wiewohl wir nicht in der Mühle ſind! Das Mädle gäb' einen ſtaatsmäßigen Arm voll, nicht zu viel und nicht zu wenig, für einen braven Junggeſellen.
Er blickte dabei mit einer Spaßvogelsmiene auf den Andern. Wenn Ihr ſie zu Eurer Käther hin heirathen wollt, ſo müßt Ihr eben ein
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0036"n="20"/><p>Pflanz' dich nur her, ſagte der Andere. Du gehörſt ja in Ein<lb/>
Element mit uns. Ein Glas Wein für den Fiſch! Willſt nicht?<lb/>
Und meinethalb noch einen Freitrunk drüber, daß der Weinkauf<lb/>
richtig iſt.</p><lb/><p>So macht nur geſchwind, daß die Alte nicht dazu kommt, erwi¬<lb/>
derte der Fiſcher. Aber mehr als einen auf den Mann kann ich<lb/>
nicht hergeben und hier könnet ihr ſie auch nicht eſſen, denn die Sonnen¬<lb/>
wirthin darf beileib nichts davon wiſſen.</p><lb/><p>Freilich, 's iſt ein halber Kirchenraub! rief der ältere Müller<lb/>
lachend, fuhr in den Kübel, griff mit ſicherer Hand eine große ſchöne<lb/>
Forelle heraus, zu welcher der Fiſcher gewaltig ſauer ſah, ſchlug ſie<lb/>
mit dem Kopf gegen die Tiſchecke, und ſteckte ſie eilig in die Taſche.<lb/>
Der Jüngere war eben ſo ſchnell ſeinem Beiſpiel gefolgt.</p><lb/><p>So, Fiſcherhanne, ſagte der Aeltere, nachdem ſie den Handel be¬<lb/>
endigt hatten, wir wollen das Element leben laſſen, das unſere gemein¬<lb/>ſchaftliche Nahrung iſt. Nahrung wohlverſtanden! denn für den Hunger<lb/>
iſt's zwar gut, aber nicht für den Durſt. Der Eulenſpiegel hat's<lb/>
allezeit den ſtarken Trank geheißen; es treibe Mühlräder, ſagte er,<lb/>
und deßhalb ſei es ihm zu ſtark für ſeine Natur.</p><lb/><p>Er klingelte am Glaſe, um noch eine Flaſche zu beſtellen. Aber<lb/>
jetzt iſt's recht, rief er, als die Thüre aufging: jetzt kommt auch ein¬<lb/>
mal die Oberkellnerin, die Magdalene. Komm her, du Hübſche und<lb/>
du Feine, da gibt's ſchmachtende Herzen zu laben.</p><lb/><p>Das Mädchen, das auf den Ruf der durſtigen Sturmglocke er¬<lb/>ſchienen war, konnte man nicht anſehen ohne ihr freundlich geſinnt zu<lb/>
werden. Sie trug auf einem wohlgewachſenen Körper ein rundes,<lb/>
unſchuldiges, gutmüthiges Geſichtchen, ein weiblich mildes Abbild von<lb/>
den derben Zügen ihres Bruders, und zugleich eine Bürgſchaft, daß<lb/>
auch hinter dieſer rauhen Schale ein guter Kern verborgen ſein<lb/>
könnte.</p><lb/><p>Hab' ich's nicht geſagt? rief der ältere Müller: und es verlohnt<lb/>ſich der Müh', es zweimal zu ſagen, wiewohl wir nicht in der Mühle<lb/>ſind! Das Mädle gäb' einen ſtaatsmäßigen Arm voll, nicht zu viel<lb/>
und nicht zu wenig, für einen braven Junggeſellen.</p><lb/><p>Er blickte dabei mit einer Spaßvogelsmiene auf den Andern. Wenn<lb/>
Ihr ſie zu Eurer Käther hin heirathen wollt, ſo müßt Ihr eben ein<lb/></p></div></body></text></TEI>
[20/0036]
Pflanz' dich nur her, ſagte der Andere. Du gehörſt ja in Ein
Element mit uns. Ein Glas Wein für den Fiſch! Willſt nicht?
Und meinethalb noch einen Freitrunk drüber, daß der Weinkauf
richtig iſt.
So macht nur geſchwind, daß die Alte nicht dazu kommt, erwi¬
derte der Fiſcher. Aber mehr als einen auf den Mann kann ich
nicht hergeben und hier könnet ihr ſie auch nicht eſſen, denn die Sonnen¬
wirthin darf beileib nichts davon wiſſen.
Freilich, 's iſt ein halber Kirchenraub! rief der ältere Müller
lachend, fuhr in den Kübel, griff mit ſicherer Hand eine große ſchöne
Forelle heraus, zu welcher der Fiſcher gewaltig ſauer ſah, ſchlug ſie
mit dem Kopf gegen die Tiſchecke, und ſteckte ſie eilig in die Taſche.
Der Jüngere war eben ſo ſchnell ſeinem Beiſpiel gefolgt.
So, Fiſcherhanne, ſagte der Aeltere, nachdem ſie den Handel be¬
endigt hatten, wir wollen das Element leben laſſen, das unſere gemein¬
ſchaftliche Nahrung iſt. Nahrung wohlverſtanden! denn für den Hunger
iſt's zwar gut, aber nicht für den Durſt. Der Eulenſpiegel hat's
allezeit den ſtarken Trank geheißen; es treibe Mühlräder, ſagte er,
und deßhalb ſei es ihm zu ſtark für ſeine Natur.
Er klingelte am Glaſe, um noch eine Flaſche zu beſtellen. Aber
jetzt iſt's recht, rief er, als die Thüre aufging: jetzt kommt auch ein¬
mal die Oberkellnerin, die Magdalene. Komm her, du Hübſche und
du Feine, da gibt's ſchmachtende Herzen zu laben.
Das Mädchen, das auf den Ruf der durſtigen Sturmglocke er¬
ſchienen war, konnte man nicht anſehen ohne ihr freundlich geſinnt zu
werden. Sie trug auf einem wohlgewachſenen Körper ein rundes,
unſchuldiges, gutmüthiges Geſichtchen, ein weiblich mildes Abbild von
den derben Zügen ihres Bruders, und zugleich eine Bürgſchaft, daß
auch hinter dieſer rauhen Schale ein guter Kern verborgen ſein
könnte.
Hab' ich's nicht geſagt? rief der ältere Müller: und es verlohnt
ſich der Müh', es zweimal zu ſagen, wiewohl wir nicht in der Mühle
ſind! Das Mädle gäb' einen ſtaatsmäßigen Arm voll, nicht zu viel
und nicht zu wenig, für einen braven Junggeſellen.
Er blickte dabei mit einer Spaßvogelsmiene auf den Andern. Wenn
Ihr ſie zu Eurer Käther hin heirathen wollt, ſo müßt Ihr eben ein
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/36>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.