mehr an meine Seite kommen. Ich wollt Dir gern was schicken, ich forcht, Du möchtest in dem Eberspächer Markt zu dem Tanz gehen und Dich mit Einem einlassen; so will ich jetzt Dir noch nichts schicken, son¬ dern auf Deine Aufführung warten. Wann Du Dich hältst, so will ich Deiner nicht vergessen und Dich auch nicht lassen. Solltest Du Dir Dein Leben verkürzen, wie Du gesagt hast, so schreibe ich mich aus der Schuld und gib es Dir und den Deinigen über. Was ich gesagt hab, das halt ich Dir und laß Dir Deinen Willen. Ich wünsche daß Gott der Allmächtige Dein Hertz regiere, und führe Dich zu allem Guten, und gebe Dir Glück und Segen, und regiere Dein Hertz, daß es nicht fallen noch irr gehen kann. Das wünsch ich Dir aus getreuem Hertzen. Noch Eins: Ich verlange eine Nachricht von Dir. Ich will Dir die Ueberschrift sagen, wie Du an mich schreiben sollst. Weiter kann ich Dir nicht schreiben, als Du sollst mir nicht übel nehmen, weil ich so s--mäßig geschrieben hab. Die Nacht ist mir auf den Halß gekom¬ men, und vor Betrübnus hats nicht sein können. Du und die Deinige seynd tausendmahl gegrüßt und in den Schutz Gottes befohlen, und bleibe Dir getreu bis in den Tod. Joh. Fr. Schwan. -- Dieser Brief zukomme an Joh. Friedrich Schwahn, Hausknecht bei der Sonne in Sachsenhausen bei Frankfort a. M."
Noch ehe Christine sich zu dem großen Unternehmen entschließen konnte, einen Brief von der Fils nach dem Main zu schreiben, der doch auch die Postgebür durch seine Länge rechtfertigen mußte, oder ehe sie vielleicht den Unmuth ganz überwunden hatte, den ihr ohne Zweifel das fortgesetzte Mißtrauen in ihre Treue verursachte, schickte er einen zweiten Brief, zwar kürzer als der erste, aber dafür um so zärtlicher und leidenschaftlicher, auch obendrein von einem Geschenke begleitet, aus welchem sie bei einigem Nachdenken schließen konnte, daß er über ihre "Aufführung" an dem gefürchteten Markttage, den erst die nächste Woche brachte, schwerlich so unruhig war, als er sich ge¬ stellt hatte, um, freilich nicht eben unter einem feingewählten Vor¬ wande, den bekannten Zustand seiner Baarschaft zu verbergen, den er in seinem ersten Briefe einzugestehen sich geschämt hatte und der sich seitdem in etwas gebessert haben mochte.
In diesem zweiten Briefe schrieb er: "Gottes Segen zum Gruß und Jesum zum Beistand. Hertzgeliebter Schatz, hertzgeliebte Christina,
mehr an meine Seite kommen. Ich wollt Dir gern was ſchicken, ich forcht, Du möchteſt in dem Eberſpächer Markt zu dem Tanz gehen und Dich mit Einem einlaſſen; ſo will ich jetzt Dir noch nichts ſchicken, ſon¬ dern auf Deine Aufführung warten. Wann Du Dich hältſt, ſo will ich Deiner nicht vergeſſen und Dich auch nicht laſſen. Sollteſt Du Dir Dein Leben verkürzen, wie Du geſagt haſt, ſo ſchreibe ich mich aus der Schuld und gib es Dir und den Deinigen über. Was ich geſagt hab, das halt ich Dir und laß Dir Deinen Willen. Ich wünſche daß Gott der Allmächtige Dein Hertz regiere, und führe Dich zu allem Guten, und gebe Dir Glück und Segen, und regiere Dein Hertz, daß es nicht fallen noch irr gehen kann. Das wünſch ich Dir aus getreuem Hertzen. Noch Eins: Ich verlange eine Nachricht von Dir. Ich will Dir die Ueberſchrift ſagen, wie Du an mich ſchreiben ſollſt. Weiter kann ich Dir nicht ſchreiben, als Du ſollſt mir nicht übel nehmen, weil ich ſo ſ—mäßig geſchrieben hab. Die Nacht iſt mir auf den Halß gekom¬ men, und vor Betrübnus hats nicht ſein können. Du und die Deinige ſeynd tauſendmahl gegrüßt und in den Schutz Gottes befohlen, und bleibe Dir getreu bis in den Tod. Joh. Fr. Schwan. — Dieſer Brief zukomme an Joh. Friedrich Schwahn, Hausknecht bei der Sonne in Sachſenhauſen bei Frankfort a. M.“
Noch ehe Chriſtine ſich zu dem großen Unternehmen entſchließen konnte, einen Brief von der Fils nach dem Main zu ſchreiben, der doch auch die Poſtgebür durch ſeine Länge rechtfertigen mußte, oder ehe ſie vielleicht den Unmuth ganz überwunden hatte, den ihr ohne Zweifel das fortgeſetzte Mißtrauen in ihre Treue verurſachte, ſchickte er einen zweiten Brief, zwar kürzer als der erſte, aber dafür um ſo zärtlicher und leidenſchaftlicher, auch obendrein von einem Geſchenke begleitet, aus welchem ſie bei einigem Nachdenken ſchließen konnte, daß er über ihre „Aufführung“ an dem gefürchteten Markttage, den erſt die nächſte Woche brachte, ſchwerlich ſo unruhig war, als er ſich ge¬ ſtellt hatte, um, freilich nicht eben unter einem feingewählten Vor¬ wande, den bekannten Zuſtand ſeiner Baarſchaft zu verbergen, den er in ſeinem erſten Briefe einzugeſtehen ſich geſchämt hatte und der ſich ſeitdem in etwas gebeſſert haben mochte.
In dieſem zweiten Briefe ſchrieb er: „Gottes Segen zum Gruß und Jeſum zum Beiſtand. Hertzgeliebter Schatz, hertzgeliebte Chriſtina,
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Dich mit Einem einlaſſen; ſo will ich jetzt Dir noch nichts ſchicken, ſon¬
dern auf Deine Aufführung warten. Wann Du Dich hältſt, ſo will ich
Deiner nicht vergeſſen und Dich auch nicht laſſen. Sollteſt Du Dir Dein
Leben verkürzen, wie Du geſagt haſt, ſo ſchreibe ich mich aus der
Schuld und gib es Dir und den Deinigen über. Was ich geſagt hab,
das halt ich Dir und laß Dir Deinen Willen. Ich wünſche daß Gott
der Allmächtige Dein Hertz regiere, und führe Dich zu allem Guten,
und gebe Dir Glück und Segen, und regiere Dein Hertz, daß es nicht
fallen noch irr gehen kann. Das wünſch ich Dir aus getreuem Hertzen.
Noch Eins: Ich verlange eine Nachricht von Dir. Ich will Dir die
Ueberſchrift ſagen, wie Du an mich ſchreiben ſollſt. Weiter kann ich
Dir nicht ſchreiben, als Du ſollſt mir nicht übel nehmen, weil ich ſo
ſ—mäßig geſchrieben hab. Die Nacht iſt mir auf den Halß gekom¬
men, und vor Betrübnus hats nicht ſein können. Du und die Deinige
ſeynd tauſendmahl gegrüßt und in den Schutz Gottes befohlen, und
bleibe Dir getreu bis in den Tod. Joh. Fr. Schwan. — Dieſer Brief
zukomme an Joh. Friedrich Schwahn, Hausknecht bei der Sonne in
Sachſenhauſen bei Frankfort a. M.“
Noch ehe Chriſtine ſich zu dem großen Unternehmen entſchließen
konnte, einen Brief von der Fils nach dem Main zu ſchreiben, der
doch auch die Poſtgebür durch ſeine Länge rechtfertigen mußte, oder
ehe ſie vielleicht den Unmuth ganz überwunden hatte, den ihr ohne
Zweifel das fortgeſetzte Mißtrauen in ihre Treue verurſachte, ſchickte
er einen zweiten Brief, zwar kürzer als der erſte, aber dafür um ſo
zärtlicher und leidenſchaftlicher, auch obendrein von einem Geſchenke
begleitet, aus welchem ſie bei einigem Nachdenken ſchließen konnte, daß
er über ihre „Aufführung“ an dem gefürchteten Markttage, den erſt
die nächſte Woche brachte, ſchwerlich ſo unruhig war, als er ſich ge¬
ſtellt hatte, um, freilich nicht eben unter einem feingewählten Vor¬
wande, den bekannten Zuſtand ſeiner Baarſchaft zu verbergen, den er
in ſeinem erſten Briefe einzugeſtehen ſich geſchämt hatte und der ſich
ſeitdem in etwas gebeſſert haben mochte.
In dieſem zweiten Briefe ſchrieb er: „Gottes Segen zum Gruß
und Jeſum zum Beiſtand. Hertzgeliebter Schatz, hertzgeliebte Chriſtina,
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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/174>, abgerufen am 23.11.2024.
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