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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.

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Pfarrer. Wenn die beiden Herren etwas bei Seinem Vater ausrichten,
so könnt' man ja noch einmal von der Sach' reden. Aber so, wie's
jetzt steht, kann ich nicht nur so ohne Weiters meine Einwilligung
geben, denn ich will mir nicht nachsagen lassen, daß ich mich mit den
Meinigen in eine Familie eingedrungen hab', wo wir überlästig sind.

Redet mit dem Pfarrer und dem Chirurgus, wenn ich fort bin,
sagte Friedrich, denn fort muß ich jedenfalls auf einige Zeit, das thut
mein Vater nicht anders. Und füget mir's dann zu wissen, wie die
Unterredung ausgefallen ist. Jetzt aber bin ich die längst' Zeit da¬
gewesen, und Ihr werdet es nicht anders als billig finden, daß ich
von meinem Schatz unter vier Augen Abschied nehm', denn mein
Schatz ist und bleibt sie, und wenn der Himmel einfällt. Nun behüt
Euch Gott, Vetter und Bas', und geb', daß ich bald Schwährvater
und Schwieger zu Euch sagen kann. Haltet mir mein' Schatz gut;
ich will nicht, daß sie Euch zur Last fallen soll, und werd' das Kost¬
geld für sie bezahlen so lang sie bei Euch im Haus ist, denn ich
seh' sie als mein Eigenthum an, und will sie bei Euch eingestellt
haben, wie das Lamm, das ihr gehört. -- Hiermit legte er lachend einen
guten Theil des Reisegeldes, das ihm sein Vater gegeben hatte, auf
den Tisch; denn er hatte unter dem Reden wahrgenommen, daß sich
die zerbrochene Scheibe noch in dem Zustande wie sie von Christinen
verstopft worden war befand, und daraus den Schluß gezogen, daß
die Armuth der Leute nicht einmal gestattet habe, den Glaser zu holen.
Ihr zwei aber, sagte er zu den beiden Söhnen, die ebenfalls in der
Stube anwesend waren, sich aber so wenig wie Christine in's Gespräch
mischten, ihr zwei kommt in einer Stunde in's Beckenhaus, wir müssen
den Abend noch einen Abschiedstrunk mit einander thun.

Er gab dem Bauer und der Bäuerin die Hand zum Lebewohl und
sie ließen es schweigend geschehen, daß er sein Mädchen am Arme
nahm und mit sich aus der Stube zog. Ein Seufzer der Bäuerin
den man verschieden auslegen konnte, und ein Kopfschütteln des Bauern,
das schon nicht so viele Deutungen zuließ, war Alles was nach
seinem Weggehen geäußert wurde.

Christine fiel ihm draußen laut weinend um den Hals. Wenn
mich nur mein Vater geschlagen hätt', schluchzte sie, vielleicht wär'
mir's leichter geworden. Sieh, es hat mir Stich aus Stich durch's

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Pfarrer. Wenn die beiden Herren etwas bei Seinem Vater ausrichten,
ſo könnt' man ja noch einmal von der Sach' reden. Aber ſo, wie's
jetzt ſteht, kann ich nicht nur ſo ohne Weiters meine Einwilligung
geben, denn ich will mir nicht nachſagen laſſen, daß ich mich mit den
Meinigen in eine Familie eingedrungen hab', wo wir überläſtig ſind.

Redet mit dem Pfarrer und dem Chirurgus, wenn ich fort bin,
ſagte Friedrich, denn fort muß ich jedenfalls auf einige Zeit, das thut
mein Vater nicht anders. Und füget mir's dann zu wiſſen, wie die
Unterredung ausgefallen iſt. Jetzt aber bin ich die längſt' Zeit da¬
geweſen, und Ihr werdet es nicht anders als billig finden, daß ich
von meinem Schatz unter vier Augen Abſchied nehm', denn mein
Schatz iſt und bleibt ſie, und wenn der Himmel einfällt. Nun behüt
Euch Gott, Vetter und Baſ', und geb', daß ich bald Schwährvater
und Schwieger zu Euch ſagen kann. Haltet mir mein' Schatz gut;
ich will nicht, daß ſie Euch zur Laſt fallen ſoll, und werd' das Koſt¬
geld für ſie bezahlen ſo lang ſie bei Euch im Haus iſt, denn ich
ſeh' ſie als mein Eigenthum an, und will ſie bei Euch eingeſtellt
haben, wie das Lamm, das ihr gehört. — Hiermit legte er lachend einen
guten Theil des Reiſegeldes, das ihm ſein Vater gegeben hatte, auf
den Tiſch; denn er hatte unter dem Reden wahrgenommen, daß ſich
die zerbrochene Scheibe noch in dem Zuſtande wie ſie von Chriſtinen
verſtopft worden war befand, und daraus den Schluß gezogen, daß
die Armuth der Leute nicht einmal geſtattet habe, den Glaſer zu holen.
Ihr zwei aber, ſagte er zu den beiden Söhnen, die ebenfalls in der
Stube anweſend waren, ſich aber ſo wenig wie Chriſtine in's Geſpräch
miſchten, ihr zwei kommt in einer Stunde in's Beckenhaus, wir müſſen
den Abend noch einen Abſchiedstrunk mit einander thun.

Er gab dem Bauer und der Bäuerin die Hand zum Lebewohl und
ſie ließen es ſchweigend geſchehen, daß er ſein Mädchen am Arme
nahm und mit ſich aus der Stube zog. Ein Seufzer der Bäuerin
den man verſchieden auslegen konnte, und ein Kopfſchütteln des Bauern,
das ſchon nicht ſo viele Deutungen zuließ, war Alles was nach
ſeinem Weggehen geäußert wurde.

Chriſtine fiel ihm draußen laut weinend um den Hals. Wenn
mich nur mein Vater geſchlagen hätt', ſchluchzte ſie, vielleicht wär'
mir's leichter geworden. Sieh, es hat mir Stich aus Stich durch's

10 *
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[147/0163] Pfarrer. Wenn die beiden Herren etwas bei Seinem Vater ausrichten, ſo könnt' man ja noch einmal von der Sach' reden. Aber ſo, wie's jetzt ſteht, kann ich nicht nur ſo ohne Weiters meine Einwilligung geben, denn ich will mir nicht nachſagen laſſen, daß ich mich mit den Meinigen in eine Familie eingedrungen hab', wo wir überläſtig ſind. Redet mit dem Pfarrer und dem Chirurgus, wenn ich fort bin, ſagte Friedrich, denn fort muß ich jedenfalls auf einige Zeit, das thut mein Vater nicht anders. Und füget mir's dann zu wiſſen, wie die Unterredung ausgefallen iſt. Jetzt aber bin ich die längſt' Zeit da¬ geweſen, und Ihr werdet es nicht anders als billig finden, daß ich von meinem Schatz unter vier Augen Abſchied nehm', denn mein Schatz iſt und bleibt ſie, und wenn der Himmel einfällt. Nun behüt Euch Gott, Vetter und Baſ', und geb', daß ich bald Schwährvater und Schwieger zu Euch ſagen kann. Haltet mir mein' Schatz gut; ich will nicht, daß ſie Euch zur Laſt fallen ſoll, und werd' das Koſt¬ geld für ſie bezahlen ſo lang ſie bei Euch im Haus iſt, denn ich ſeh' ſie als mein Eigenthum an, und will ſie bei Euch eingeſtellt haben, wie das Lamm, das ihr gehört. — Hiermit legte er lachend einen guten Theil des Reiſegeldes, das ihm ſein Vater gegeben hatte, auf den Tiſch; denn er hatte unter dem Reden wahrgenommen, daß ſich die zerbrochene Scheibe noch in dem Zuſtande wie ſie von Chriſtinen verſtopft worden war befand, und daraus den Schluß gezogen, daß die Armuth der Leute nicht einmal geſtattet habe, den Glaſer zu holen. Ihr zwei aber, ſagte er zu den beiden Söhnen, die ebenfalls in der Stube anweſend waren, ſich aber ſo wenig wie Chriſtine in's Geſpräch miſchten, ihr zwei kommt in einer Stunde in's Beckenhaus, wir müſſen den Abend noch einen Abſchiedstrunk mit einander thun. Er gab dem Bauer und der Bäuerin die Hand zum Lebewohl und ſie ließen es ſchweigend geſchehen, daß er ſein Mädchen am Arme nahm und mit ſich aus der Stube zog. Ein Seufzer der Bäuerin den man verſchieden auslegen konnte, und ein Kopfſchütteln des Bauern, das ſchon nicht ſo viele Deutungen zuließ, war Alles was nach ſeinem Weggehen geäußert wurde. Chriſtine fiel ihm draußen laut weinend um den Hals. Wenn mich nur mein Vater geſchlagen hätt', ſchluchzte ſie, vielleicht wär' mir's leichter geworden. Sieh, es hat mir Stich aus Stich durch's 10 *

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/163>, abgerufen am 21.11.2024.