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Kuhnow, Anna: Gedanken und Erfahrungen über Frauenbildung und Frauenberuf. Leipzig, 1896.

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diesen Gründen es wünschen, ja fordern, dass wir in den
Lehranstalten der Männer aufgenommen werden. Eine
Frauenuniversität z. B. wäre auch von diesem Standpunkte
aus ein Unglück, denn in Jahrhunderten würde dort die
Ausbildung derjenigen der Männer nicht ebenbürtig sein,
abgesehen von den anderen Gründen, die ich anfangs er-
wähnte; für einen gleichen Missgriff resp. Rückschritt halte
ich die Gründung von eigenen Mädchengymnasien, besonders
dann, wenn sie noch nicht einmal eine den Gymnasien der
Männer gleichwerthige Ausbildung geben.

3. Die drohende Concurrenz der Frau in den höheren
Berufen ist, meines Erachtens, ein Schreckgespenst mit dem
die furchtsamen Emancipationskinder zur Ruhe gegrault
werden. Sie wird niemals die Rolle spielen, welche die
Concurrenzarbeit der Frau in den niederen Berufen ein-
nimmt; da die Mehrzahl der Frauen in den begüterten
Klassen, welche die langwierigen und kostspieligen Studien
im Allgemeinen durchführen können, auch besonders unter
heutigen Verhältnissen diejenigen sind, welche für die Ehe am
begehrenswerthesten. Und so wird es sehr oft geschehen, dass
Frauen aus diesen Kreisen, selbst wenn sie zur Ausübung
eines gelehrten Berufes befähigt und vorgebildet sind, den-
selben für die Ehe und den Mutterberuf aufgeben werden
ganz oder zeitweise. Schon jetzt weisen uns einige Vorzeichen
auf diesen Gang der Dinge hin. Natürlich wird auch aus
dieser Wahrscheinlichkeit von hochgelehrten National-Oeko-
nomen schon wieder Kapital geschlagen, die da behaupten,
die Nation würde durch solchen Gang der Dinge um die
Berufsarbeit betrogen, die sie für die grossen Kosten der
Ausbildung, für Erhaltung der Universitäten zu fordern be-
rechtigt sei. Ich frage aber, ob es nicht möglich, ja sehr
wahrscheinlich sei, dass ihr in den wohlentwickelten und
wohlerzogenen Kindern solcher Mutter später das Kapital
mit Zinsen reichlich zurückerstattet würde und behaupte
kühn, dass ein Mann, der einen Beruf hat, und dem Staat

diesen Gründen es wünschen, ja fordern, dass wir in den
Lehranstalten der Männer aufgenommen werden. Eine
Frauenuniversität z. B. wäre auch von diesem Standpunkte
aus ein Unglück, denn in Jahrhunderten würde dort die
Ausbildung derjenigen der Männer nicht ebenbürtig sein,
abgesehen von den anderen Gründen, die ich anfangs er-
wähnte; für einen gleichen Missgriff resp. Rückschritt halte
ich die Gründung von eigenen Mädchengymnasien, besonders
dann, wenn sie noch nicht einmal eine den Gymnasien der
Männer gleichwerthige Ausbildung geben.

3. Die drohende Concurrenz der Frau in den höheren
Berufen ist, meines Erachtens, ein Schreckgespenst mit dem
die furchtsamen Emancipationskinder zur Ruhe gegrault
werden. Sie wird niemals die Rolle spielen, welche die
Concurrenzarbeit der Frau in den niederen Berufen ein-
nimmt; da die Mehrzahl der Frauen in den begüterten
Klassen, welche die langwierigen und kostspieligen Studien
im Allgemeinen durchführen können, auch besonders unter
heutigen Verhältnissen diejenigen sind, welche für die Ehe am
begehrenswerthesten. Und so wird es sehr oft geschehen, dass
Frauen aus diesen Kreisen, selbst wenn sie zur Ausübung
eines gelehrten Berufes befähigt und vorgebildet sind, den-
selben für die Ehe und den Mutterberuf aufgeben werden
ganz oder zeitweise. Schon jetzt weisen uns einige Vorzeichen
auf diesen Gang der Dinge hin. Natürlich wird auch aus
dieser Wahrscheinlichkeit von hochgelehrten National-Oeko-
nomen schon wieder Kapital geschlagen, die da behaupten,
die Nation würde durch solchen Gang der Dinge um die
Berufsarbeit betrogen, die sie für die grossen Kosten der
Ausbildung, für Erhaltung der Universitäten zu fordern be-
rechtigt sei. Ich frage aber, ob es nicht möglich, ja sehr
wahrscheinlich sei, dass ihr in den wohlentwickelten und
wohlerzogenen Kindern solcher Mutter später das Kapital
mit Zinsen reichlich zurückerstattet würde und behaupte
kühn, dass ein Mann, der einen Beruf hat, und dem Staat

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[18/0019] diesen Gründen es wünschen, ja fordern, dass wir in den Lehranstalten der Männer aufgenommen werden. Eine Frauenuniversität z. B. wäre auch von diesem Standpunkte aus ein Unglück, denn in Jahrhunderten würde dort die Ausbildung derjenigen der Männer nicht ebenbürtig sein, abgesehen von den anderen Gründen, die ich anfangs er- wähnte; für einen gleichen Missgriff resp. Rückschritt halte ich die Gründung von eigenen Mädchengymnasien, besonders dann, wenn sie noch nicht einmal eine den Gymnasien der Männer gleichwerthige Ausbildung geben. 3. Die drohende Concurrenz der Frau in den höheren Berufen ist, meines Erachtens, ein Schreckgespenst mit dem die furchtsamen Emancipationskinder zur Ruhe gegrault werden. Sie wird niemals die Rolle spielen, welche die Concurrenzarbeit der Frau in den niederen Berufen ein- nimmt; da die Mehrzahl der Frauen in den begüterten Klassen, welche die langwierigen und kostspieligen Studien im Allgemeinen durchführen können, auch besonders unter heutigen Verhältnissen diejenigen sind, welche für die Ehe am begehrenswerthesten. Und so wird es sehr oft geschehen, dass Frauen aus diesen Kreisen, selbst wenn sie zur Ausübung eines gelehrten Berufes befähigt und vorgebildet sind, den- selben für die Ehe und den Mutterberuf aufgeben werden ganz oder zeitweise. Schon jetzt weisen uns einige Vorzeichen auf diesen Gang der Dinge hin. Natürlich wird auch aus dieser Wahrscheinlichkeit von hochgelehrten National-Oeko- nomen schon wieder Kapital geschlagen, die da behaupten, die Nation würde durch solchen Gang der Dinge um die Berufsarbeit betrogen, die sie für die grossen Kosten der Ausbildung, für Erhaltung der Universitäten zu fordern be- rechtigt sei. Ich frage aber, ob es nicht möglich, ja sehr wahrscheinlich sei, dass ihr in den wohlentwickelten und wohlerzogenen Kindern solcher Mutter später das Kapital mit Zinsen reichlich zurückerstattet würde und behaupte kühn, dass ein Mann, der einen Beruf hat, und dem Staat

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Zitationshilfe: Kuhnow, Anna: Gedanken und Erfahrungen über Frauenbildung und Frauenberuf. Leipzig, 1896, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuhnow_gedanken_1896/19>, abgerufen am 21.11.2024.