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Kuhnow, Anna: Gedanken und Erfahrungen über Frauenbildung und Frauenberuf. Leipzig, 1896.

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Weil aber unsere Culturentwicklung der Frau ihren
Arbeitskreis raubte, deshalb sollte ihr in einer Berufsbildung
ein Ersatz geboten werden, nicht nur um ihre Zeit zu be-
schäftigen, sondern vor allem, um ihre Kräfte der Gesell-
schaft unter den veränderten Culturbedingungen wieder
nutzbar zu machen, aber auch um ihre geistigen und sitt-
lichen Functionen dem Fühlen, Denken und Wollen des
Mannes anzupassen, um ihren Character und ihren Willen
zu entwickeln. Durch nichts werden die beiden letzteren
Ziele so gut erreicht als durch eine Berufsbildung: Die
Nothwendigkeit vor sich sehen, dass man ein bestimmtes
Ziel zu erreichen hat, auf das hin man jahrelang treu und
ehrlich arbeiten muss, das ist ein Reiz, der im Leben durch
keine andere Erziehung, die nur ästhetische und moralische
aber keine practischen Ziele verfolgt, zu erreichen ist. Durch
sie wird die Frau für die Anforderungen des praktischen
Lebens geschickt gemacht, durch sie gewinnt sie Verständ-
niss für die Berufspflichten ihres Gatten, wennselbst ein
günstiges Schicksal ihr die Nothwendigkeit des Geldverdienens
abnimmt; in einer so geschulten Lebensgefährtin wird der
Mann die viel geschmähte weibliche Unvernunft und den
Mangel an Logik bei ihrem Handeln vergeblich suchen,
denn ihre Lehr- oder Studienzeit hat ihr die Logik der
systematischen Arbeit und treuen Pflichterfüllung beigebracht,
und sie hat gelernt, das Erreichbare zu wünschen und sich
mit den Unvollkommenheiten des Lebens abzufinden. Eine
Frau mit einer Berufsbildung wird sicher eine gute Haus-
frau und Mutter werden, wenn sie sich einmal entschliesst,
dem Auserwählten die Hand zum Bunde für's Leben zu
reichen; sie wird sich nur in seltenen Fällen entschliessen,
sich mit einem Ernährer, einer Civilversorgung zu begnügen,
wie das unter den jetzigen Verhältnissen leider so oft ge-
schieht, - zum Unsegen für die jetzige und die künftigen
Generationen, wie ich glaube. Aber auch, wenn ihr und
ihren Kindern die Stürme und Wechselfälle des Lebens das

Weil aber unsere Culturentwicklung der Frau ihren
Arbeitskreis raubte, deshalb sollte ihr in einer Berufsbildung
ein Ersatz geboten werden, nicht nur um ihre Zeit zu be-
schäftigen, sondern vor allem, um ihre Kräfte der Gesell-
schaft unter den veränderten Culturbedingungen wieder
nutzbar zu machen, aber auch um ihre geistigen und sitt-
lichen Functionen dem Fühlen, Denken und Wollen des
Mannes anzupassen, um ihren Character und ihren Willen
zu entwickeln. Durch nichts werden die beiden letzteren
Ziele so gut erreicht als durch eine Berufsbildung: Die
Nothwendigkeit vor sich sehen, dass man ein bestimmtes
Ziel zu erreichen hat, auf das hin man jahrelang treu und
ehrlich arbeiten muss, das ist ein Reiz, der im Leben durch
keine andere Erziehung, die nur ästhetische und moralische
aber keine practischen Ziele verfolgt, zu erreichen ist. Durch
sie wird die Frau für die Anforderungen des praktischen
Lebens geschickt gemacht, durch sie gewinnt sie Verständ-
niss für die Berufspflichten ihres Gatten, wennselbst ein
günstiges Schicksal ihr die Nothwendigkeit des Geldverdienens
abnimmt; in einer so geschulten Lebensgefährtin wird der
Mann die viel geschmähte weibliche Unvernunft und den
Mangel an Logik bei ihrem Handeln vergeblich suchen,
denn ihre Lehr- oder Studienzeit hat ihr die Logik der
systematischen Arbeit und treuen Pflichterfüllung beigebracht,
und sie hat gelernt, das Erreichbare zu wünschen und sich
mit den Unvollkommenheiten des Lebens abzufinden. Eine
Frau mit einer Berufsbildung wird sicher eine gute Haus-
frau und Mutter werden, wenn sie sich einmal entschliesst,
dem Auserwählten die Hand zum Bunde für's Leben zu
reichen; sie wird sich nur in seltenen Fällen entschliessen,
sich mit einem Ernährer, einer Civilversorgung zu begnügen,
wie das unter den jetzigen Verhältnissen leider so oft ge-
schieht, – zum Unsegen für die jetzige und die künftigen
Generationen, wie ich glaube. Aber auch, wenn ihr und
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[13/0014] Weil aber unsere Culturentwicklung der Frau ihren Arbeitskreis raubte, deshalb sollte ihr in einer Berufsbildung ein Ersatz geboten werden, nicht nur um ihre Zeit zu be- schäftigen, sondern vor allem, um ihre Kräfte der Gesell- schaft unter den veränderten Culturbedingungen wieder nutzbar zu machen, aber auch um ihre geistigen und sitt- lichen Functionen dem Fühlen, Denken und Wollen des Mannes anzupassen, um ihren Character und ihren Willen zu entwickeln. Durch nichts werden die beiden letzteren Ziele so gut erreicht als durch eine Berufsbildung: Die Nothwendigkeit vor sich sehen, dass man ein bestimmtes Ziel zu erreichen hat, auf das hin man jahrelang treu und ehrlich arbeiten muss, das ist ein Reiz, der im Leben durch keine andere Erziehung, die nur ästhetische und moralische aber keine practischen Ziele verfolgt, zu erreichen ist. Durch sie wird die Frau für die Anforderungen des praktischen Lebens geschickt gemacht, durch sie gewinnt sie Verständ- niss für die Berufspflichten ihres Gatten, wennselbst ein günstiges Schicksal ihr die Nothwendigkeit des Geldverdienens abnimmt; in einer so geschulten Lebensgefährtin wird der Mann die viel geschmähte weibliche Unvernunft und den Mangel an Logik bei ihrem Handeln vergeblich suchen, denn ihre Lehr- oder Studienzeit hat ihr die Logik der systematischen Arbeit und treuen Pflichterfüllung beigebracht, und sie hat gelernt, das Erreichbare zu wünschen und sich mit den Unvollkommenheiten des Lebens abzufinden. Eine Frau mit einer Berufsbildung wird sicher eine gute Haus- frau und Mutter werden, wenn sie sich einmal entschliesst, dem Auserwählten die Hand zum Bunde für's Leben zu reichen; sie wird sich nur in seltenen Fällen entschliessen, sich mit einem Ernährer, einer Civilversorgung zu begnügen, wie das unter den jetzigen Verhältnissen leider so oft ge- schieht, – zum Unsegen für die jetzige und die künftigen Generationen, wie ich glaube. Aber auch, wenn ihr und ihren Kindern die Stürme und Wechselfälle des Lebens das

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Zitationshilfe: Kuhnow, Anna: Gedanken und Erfahrungen über Frauenbildung und Frauenberuf. Leipzig, 1896, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuhnow_gedanken_1896/14>, abgerufen am 21.11.2024.