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Kürnberger, Ferdinand: Der Drache. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [263]–310. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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ihn. Er bekam ein Gefühl der Sicherheit, wie das Kind in der Nähe der Erwachsenen. Leise und schüchtern öffnete sein Herz sich wieder der Hoffnung. Und als man in Pirna die Kuppen des Erzgebirges am reinsten, sammtweichen Sommerhimmel stehen sah, als nirgends die Sage ging, daß Breitenau ein Salzsee geworden oder sonst ein Unglück im Oberlande sich ereignet: da bestieg er mit sichtlichem Muthe die Landkutsche, die dem verhängnißvollen Schauplatze entgegenrollte. Der Doctor ließ sich auf dieser Fahrt über Personen und Ortsverhältnisse so genau unterrichten, als er zu seinem Heilzwecke bedurfte, und als Rudolf mit seinem rohen, aber markvollen Urtheile es zu leisten vermochte. So vorbereitet, erreichte er das Dorf. Beim Hineinfahren streckten sich verschiedene Köpfe zu den Fenstern und Luken der Häuser heraus, und einmal hörte er eine Stimme, welche laut ins Innere eines Hofes zurückrief: Da kommt der Matzchendoctor!

Im nächsten Augenblick hielt der Wagen vor dem allverrufenen Hause.

III.

Was der Doctor über die Lebensweise seines Patienten sich hatte mittheilen lassen, erklärte ihm dessen Zustand schon zum guten Theile. Der erzgebirgische Bauer, an üppigen Fleisch- und Weingenuß zeitlebens nicht gewöhnt, ergab sich diesem Genusse im Wohlstande seiner Erbschaft reichlich. Zu vorgerückt im Alter, als daß seine Natur den gebotenen Ueberfluß kräftig verbrauchen konnte, litt er in Folge davon an einem beständigen Mißverhältniß der mehreren Nahrung und des geringeren Bedürfnisses. Daher die

ihn. Er bekam ein Gefühl der Sicherheit, wie das Kind in der Nähe der Erwachsenen. Leise und schüchtern öffnete sein Herz sich wieder der Hoffnung. Und als man in Pirna die Kuppen des Erzgebirges am reinsten, sammtweichen Sommerhimmel stehen sah, als nirgends die Sage ging, daß Breitenau ein Salzsee geworden oder sonst ein Unglück im Oberlande sich ereignet: da bestieg er mit sichtlichem Muthe die Landkutsche, die dem verhängnißvollen Schauplatze entgegenrollte. Der Doctor ließ sich auf dieser Fahrt über Personen und Ortsverhältnisse so genau unterrichten, als er zu seinem Heilzwecke bedurfte, und als Rudolf mit seinem rohen, aber markvollen Urtheile es zu leisten vermochte. So vorbereitet, erreichte er das Dorf. Beim Hineinfahren streckten sich verschiedene Köpfe zu den Fenstern und Luken der Häuser heraus, und einmal hörte er eine Stimme, welche laut ins Innere eines Hofes zurückrief: Da kommt der Matzchendoctor!

Im nächsten Augenblick hielt der Wagen vor dem allverrufenen Hause.

III.

Was der Doctor über die Lebensweise seines Patienten sich hatte mittheilen lassen, erklärte ihm dessen Zustand schon zum guten Theile. Der erzgebirgische Bauer, an üppigen Fleisch- und Weingenuß zeitlebens nicht gewöhnt, ergab sich diesem Genusse im Wohlstande seiner Erbschaft reichlich. Zu vorgerückt im Alter, als daß seine Natur den gebotenen Ueberfluß kräftig verbrauchen konnte, litt er in Folge davon an einem beständigen Mißverhältniß der mehreren Nahrung und des geringeren Bedürfnisses. Daher die

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[0033] ihn. Er bekam ein Gefühl der Sicherheit, wie das Kind in der Nähe der Erwachsenen. Leise und schüchtern öffnete sein Herz sich wieder der Hoffnung. Und als man in Pirna die Kuppen des Erzgebirges am reinsten, sammtweichen Sommerhimmel stehen sah, als nirgends die Sage ging, daß Breitenau ein Salzsee geworden oder sonst ein Unglück im Oberlande sich ereignet: da bestieg er mit sichtlichem Muthe die Landkutsche, die dem verhängnißvollen Schauplatze entgegenrollte. Der Doctor ließ sich auf dieser Fahrt über Personen und Ortsverhältnisse so genau unterrichten, als er zu seinem Heilzwecke bedurfte, und als Rudolf mit seinem rohen, aber markvollen Urtheile es zu leisten vermochte. So vorbereitet, erreichte er das Dorf. Beim Hineinfahren streckten sich verschiedene Köpfe zu den Fenstern und Luken der Häuser heraus, und einmal hörte er eine Stimme, welche laut ins Innere eines Hofes zurückrief: Da kommt der Matzchendoctor! Im nächsten Augenblick hielt der Wagen vor dem allverrufenen Hause. III. Was der Doctor über die Lebensweise seines Patienten sich hatte mittheilen lassen, erklärte ihm dessen Zustand schon zum guten Theile. Der erzgebirgische Bauer, an üppigen Fleisch- und Weingenuß zeitlebens nicht gewöhnt, ergab sich diesem Genusse im Wohlstande seiner Erbschaft reichlich. Zu vorgerückt im Alter, als daß seine Natur den gebotenen Ueberfluß kräftig verbrauchen konnte, litt er in Folge davon an einem beständigen Mißverhältniß der mehreren Nahrung und des geringeren Bedürfnisses. Daher die

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:57:16Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:57:16Z)

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Zitationshilfe: Kürnberger, Ferdinand: Der Drache. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [263]–310. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_drache_1910/33>, abgerufen am 24.11.2024.