ternd, heulend, und im Besitz aller möglichen Waffen zu jedem Ver¬ brechen aufgelegt, umher. Sie sperrten den Brand ab, wie sie sagten, d. h. sie ließen ihrem Wüthen in Kleindeutschland keine Intervention zu.
Moorfeld mußte seine Versuche, an jenen Schauplatz des Unglücks durchzudringen, der Reihe nach aufgeben. Bei dieser verhängnißvollen Unmöglichkeit blieb ihm nichts übrig, als der schwache Trost, daß die Insassen des grünen Baums vielleicht eben im Stadthause selbst ein momentanes Asyl gefunden. Das Geschrei nach dem Blute der Deutschen, das wolfsgierig zu allen Fenstern hineinheulte, schien diese Vermuthung zu erlauben. Freilich blieb es dann zweifelhaft, wie lange dieser Schutz ausreichen und ob die anarchischen Rotten nicht zum Sturm selbst vorschreiten würden. Wie frech ihre Dictatur das obrigkeitliche Ansehen mit Füßen trat, davon sah Moorfeld mit eigenen Augen eine Probe. Als das Mord¬ geschrei nach den Deutschen den wildesten Grad erreicht hatte, trat der Mayor von Newyork mit einigen Aldermens auf den Balkon. Meine Herren, haranguirte er die Aufrührer, wir sind soeben mit dem Ver¬ höre der geflüchteten Deutschen beschäftigt, und machen Sie darauf auf¬ merksam, daß Ihre Ungeduld um prompte Justiz nur geeignet ist, das Werk der Justiz aufzuhalten. Ich versichere Sie übrigens als Gentle¬ man, daß eine exacte Gerechtigkeit gehandhabt werden soll. Sie mögen sich, meine Herren, über diesen Punkt vollkommen beruhigen. Bis da¬ hin empfehle ich die Stadt Ihrem Schutz und hoffe zu der Loyalität freier und aufgeklärter Bürger, daß Sie einer so billigen und gesetz¬ lichen Aufforderung Folge leisten werden. -- Moorfeld traute seinen Ohren nicht, als er in diesen Worten Newyork in die Discretion von Meuterern stellen hörte. Wo bleibt die Polizei, die Stadtmiliz? fragte er staunend einen wohlgekleideten Bürger neben sich. Ich rathe, Mister, wir thun wohl, das Wort Polizei und Stadtmiliz heute nicht auszu¬ sprechen, antwortete dieser erschrocken und rückte von Moorfeld's Seite. Die Rowdies aber waren von der Anrede des Mayors noch so wenig befriedigt, daß sie mit einer Feuerspritze vorfuhren und unter betäu¬ bendem Gebrüll einen Wasserstrahl auf das Haupt der Stadtobrigkeit schleuderten.
Moorfeld kehrte wieder um. Unvermögend, dem Brennpunkte die¬ ser Frevel einen Zugang abzugewinnen, noch mehr, irgend eine nütz¬ liche That zu thun, mußte er sich darauf beschränken, in Europa aus
ternd, heulend, und im Beſitz aller möglichen Waffen zu jedem Ver¬ brechen aufgelegt, umher. Sie ſperrten den Brand ab, wie ſie ſagten, d. h. ſie ließen ihrem Wüthen in Kleindeutſchland keine Intervention zu.
Moorfeld mußte ſeine Verſuche, an jenen Schauplatz des Unglücks durchzudringen, der Reihe nach aufgeben. Bei dieſer verhängnißvollen Unmöglichkeit blieb ihm nichts übrig, als der ſchwache Troſt, daß die Inſaſſen des grünen Baums vielleicht eben im Stadthauſe ſelbſt ein momentanes Aſyl gefunden. Das Geſchrei nach dem Blute der Deutſchen, das wolfsgierig zu allen Fenſtern hineinheulte, ſchien dieſe Vermuthung zu erlauben. Freilich blieb es dann zweifelhaft, wie lange dieſer Schutz ausreichen und ob die anarchiſchen Rotten nicht zum Sturm ſelbſt vorſchreiten würden. Wie frech ihre Dictatur das obrigkeitliche Anſehen mit Füßen trat, davon ſah Moorfeld mit eigenen Augen eine Probe. Als das Mord¬ geſchrei nach den Deutſchen den wildeſten Grad erreicht hatte, trat der Mayor von Newyork mit einigen Aldermens auf den Balkon. Meine Herren, haranguirte er die Aufrührer, wir ſind ſoeben mit dem Ver¬ höre der geflüchteten Deutſchen beſchäftigt, und machen Sie darauf auf¬ merkſam, daß Ihre Ungeduld um prompte Juſtiz nur geeignet iſt, das Werk der Juſtiz aufzuhalten. Ich verſichere Sie übrigens als Gentle¬ man, daß eine exacte Gerechtigkeit gehandhabt werden ſoll. Sie mögen ſich, meine Herren, über dieſen Punkt vollkommen beruhigen. Bis da¬ hin empfehle ich die Stadt Ihrem Schutz und hoffe zu der Loyalität freier und aufgeklärter Bürger, daß Sie einer ſo billigen und geſetz¬ lichen Aufforderung Folge leiſten werden. — Moorfeld traute ſeinen Ohren nicht, als er in dieſen Worten Newyork in die Discretion von Meuterern ſtellen hörte. Wo bleibt die Polizei, die Stadtmiliz? fragte er ſtaunend einen wohlgekleideten Bürger neben ſich. Ich rathe, Miſter, wir thun wohl, das Wort Polizei und Stadtmiliz heute nicht auszu¬ ſprechen, antwortete dieſer erſchrocken und rückte von Moorfeld's Seite. Die Rowdies aber waren von der Anrede des Mayors noch ſo wenig befriedigt, daß ſie mit einer Feuerſpritze vorfuhren und unter betäu¬ bendem Gebrüll einen Waſſerſtrahl auf das Haupt der Stadtobrigkeit ſchleuderten.
Moorfeld kehrte wieder um. Unvermögend, dem Brennpunkte die¬ ſer Frevel einen Zugang abzugewinnen, noch mehr, irgend eine nütz¬ liche That zu thun, mußte er ſich darauf beſchränken, in Europa aus
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[498/0516]
ternd, heulend, und im Beſitz aller möglichen Waffen zu jedem Ver¬
brechen aufgelegt, umher. Sie ſperrten den Brand ab, wie ſie ſagten,
d. h. ſie ließen ihrem Wüthen in Kleindeutſchland keine Intervention zu.
Moorfeld mußte ſeine Verſuche, an jenen Schauplatz des Unglücks
durchzudringen, der Reihe nach aufgeben. Bei dieſer verhängnißvollen
Unmöglichkeit blieb ihm nichts übrig, als der ſchwache Troſt, daß die Inſaſſen
des grünen Baums vielleicht eben im Stadthauſe ſelbſt ein momentanes Aſyl
gefunden. Das Geſchrei nach dem Blute der Deutſchen, das wolfsgierig zu
allen Fenſtern hineinheulte, ſchien dieſe Vermuthung zu erlauben. Freilich
blieb es dann zweifelhaft, wie lange dieſer Schutz ausreichen und ob
die anarchiſchen Rotten nicht zum Sturm ſelbſt vorſchreiten würden.
Wie frech ihre Dictatur das obrigkeitliche Anſehen mit Füßen trat,
davon ſah Moorfeld mit eigenen Augen eine Probe. Als das Mord¬
geſchrei nach den Deutſchen den wildeſten Grad erreicht hatte, trat der
Mayor von Newyork mit einigen Aldermens auf den Balkon. Meine
Herren, haranguirte er die Aufrührer, wir ſind ſoeben mit dem Ver¬
höre der geflüchteten Deutſchen beſchäftigt, und machen Sie darauf auf¬
merkſam, daß Ihre Ungeduld um prompte Juſtiz nur geeignet iſt, das
Werk der Juſtiz aufzuhalten. Ich verſichere Sie übrigens als Gentle¬
man, daß eine exacte Gerechtigkeit gehandhabt werden ſoll. Sie mögen
ſich, meine Herren, über dieſen Punkt vollkommen beruhigen. Bis da¬
hin empfehle ich die Stadt Ihrem Schutz und hoffe zu der Loyalität
freier und aufgeklärter Bürger, daß Sie einer ſo billigen und geſetz¬
lichen Aufforderung Folge leiſten werden. — Moorfeld traute ſeinen
Ohren nicht, als er in dieſen Worten Newyork in die Discretion von
Meuterern ſtellen hörte. Wo bleibt die Polizei, die Stadtmiliz? fragte
er ſtaunend einen wohlgekleideten Bürger neben ſich. Ich rathe, Miſter,
wir thun wohl, das Wort Polizei und Stadtmiliz heute nicht auszu¬
ſprechen, antwortete dieſer erſchrocken und rückte von Moorfeld's Seite.
Die Rowdies aber waren von der Anrede des Mayors noch ſo wenig
befriedigt, daß ſie mit einer Feuerſpritze vorfuhren und unter betäu¬
bendem Gebrüll einen Waſſerſtrahl auf das Haupt der Stadtobrigkeit
ſchleuderten.
Moorfeld kehrte wieder um. Unvermögend, dem Brennpunkte die¬
ſer Frevel einen Zugang abzugewinnen, noch mehr, irgend eine nütz¬
liche That zu thun, mußte er ſich darauf beſchränken, in Europa aus
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Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855, S. 498. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_amerikamuede_1855/516>, abgerufen am 22.11.2024.
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