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Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855.

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Moorfeld schrack zusammen. Er überblickte den ganzen Werth die¬
ses Mädchens. Wo hatte sie den höchsten Begriff der Poesie gefunden:
Eigenthümlichkeiten zu verehren, nicht umzubilden, wenn nicht in ihrer
eigenen herrlichen Seele?

Und doch!

Und doch, fuhr Mrs. Bennet fort, für uns gibt es keine Hoff¬
nung! Auf meinen Mann ist nicht anders zu wirken, als mit ihm.
Keine Opposition ist einflußloser als gegen Mr. Bennet. Wir werden
einen Freund gewinnen, sagten Doctor Channing und Doctor Gris¬
wold, das heißt: wir werden einen Mann mehr haben auf unserm
Rückzuge. Leider ist es so. Wir haben unsern Freunden nur eine ver¬
lorne Sache zu bieten. Neue Opfer den alten hinzuzufügen, wäre
nach unsern Erfahrungen grausam gewesen. Wir können uns nicht hel¬
fen, -- mindestens nicht anders, ach! als es Cöleste gethan.

Während Mrs. Bennet noch sprach, öffnete sich leise die Thür des
Drawingrooms. Cöleste selbst war es. Als sie Besuch sah, trat sie so¬
gleich wieder zurück, aber schon hatte ihr halb sichtbares Bild zwischen
Thür und Angel Moorfeld's Auge gestreift. Moorfeld sprang auf
und ging dem Mädchen entgegen. Er nahm sie bei der Hand mit den
Worten: Wir sprachen von Ihnen, theuerste Miß; schenken Sie uns
einen Augenblick Ihre Nähe. Ich habe Ihnen meinen Glückwunsch zu
Füßen zu legen. Sie werden, wie ich höre, in die große Welt ein¬
treten. Auf diesem Wege werden Sie einen großen Schatz finden, --
das Bewußtsein, was für ein unermeßlicher Besitz es ist, sich selbst
zu haben! Sie werden inne werden, daß die Welt, in welcher Jeder
sein eigener Mittelpunkt zu sein glaubt, nichts so naturgemäß sucht,
als sich um den Hof einer edlen und schönen Selbstständigkeit zu grup¬
piren. Dieses Glück zu finden, erwartet Sie unter allen Umständen
und dazu bringe ich Ihnen meine aufrichtigsten Wünsche.

Ein tiefes, kraftgebändigtes Beben klang durch Moorfeld's Stimme,
als er diese Worte sprach. Cöleste selbst vermochte nicht anders zu
antworten, als mit stummer Gebärde.

Indem sie jetzt tiefer ins Licht vortrat, rief Mrs. Bennet bei
ihrem Anblick: Aber welche Toilette, mein Kind? Das junge Mädchen
trug ein schwarzes Atlaskleid mit einem Schmucke von Coque-Perlen.
Es contrastirte mit einer magischen Wirkung zu der stillen, marmornen

Moorfeld ſchrack zuſammen. Er überblickte den ganzen Werth die¬
ſes Mädchens. Wo hatte ſie den höchſten Begriff der Poeſie gefunden:
Eigenthümlichkeiten zu verehren, nicht umzubilden, wenn nicht in ihrer
eigenen herrlichen Seele?

Und doch!

Und doch, fuhr Mrs. Bennet fort, für uns gibt es keine Hoff¬
nung! Auf meinen Mann iſt nicht anders zu wirken, als mit ihm.
Keine Oppoſition iſt einflußloſer als gegen Mr. Bennet. Wir werden
einen Freund gewinnen, ſagten Doctor Channing und Doctor Gris¬
wold, das heißt: wir werden einen Mann mehr haben auf unſerm
Rückzuge. Leider iſt es ſo. Wir haben unſern Freunden nur eine ver¬
lorne Sache zu bieten. Neue Opfer den alten hinzuzufügen, wäre
nach unſern Erfahrungen grauſam geweſen. Wir können uns nicht hel¬
fen, — mindeſtens nicht anders, ach! als es Cöleſte gethan.

Während Mrs. Bennet noch ſprach, öffnete ſich leiſe die Thür des
Drawingrooms. Cöleſte ſelbſt war es. Als ſie Beſuch ſah, trat ſie ſo¬
gleich wieder zurück, aber ſchon hatte ihr halb ſichtbares Bild zwiſchen
Thür und Angel Moorfeld's Auge geſtreift. Moorfeld ſprang auf
und ging dem Mädchen entgegen. Er nahm ſie bei der Hand mit den
Worten: Wir ſprachen von Ihnen, theuerſte Miß; ſchenken Sie uns
einen Augenblick Ihre Nähe. Ich habe Ihnen meinen Glückwunſch zu
Füßen zu legen. Sie werden, wie ich höre, in die große Welt ein¬
treten. Auf dieſem Wege werden Sie einen großen Schatz finden, —
das Bewußtſein, was für ein unermeßlicher Beſitz es iſt, ſich ſelbſt
zu haben! Sie werden inne werden, daß die Welt, in welcher Jeder
ſein eigener Mittelpunkt zu ſein glaubt, nichts ſo naturgemäß ſucht,
als ſich um den Hof einer edlen und ſchönen Selbſtſtändigkeit zu grup¬
piren. Dieſes Glück zu finden, erwartet Sie unter allen Umſtänden
und dazu bringe ich Ihnen meine aufrichtigſten Wünſche.

Ein tiefes, kraftgebändigtes Beben klang durch Moorfeld's Stimme,
als er dieſe Worte ſprach. Cöleſte ſelbſt vermochte nicht anders zu
antworten, als mit ſtummer Gebärde.

Indem ſie jetzt tiefer ins Licht vortrat, rief Mrs. Bennet bei
ihrem Anblick: Aber welche Toilette, mein Kind? Das junge Mädchen
trug ein ſchwarzes Atlaskleid mit einem Schmucke von Coque-Perlen.
Es contraſtirte mit einer magiſchen Wirkung zu der ſtillen, marmornen

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[492/0510] Moorfeld ſchrack zuſammen. Er überblickte den ganzen Werth die¬ ſes Mädchens. Wo hatte ſie den höchſten Begriff der Poeſie gefunden: Eigenthümlichkeiten zu verehren, nicht umzubilden, wenn nicht in ihrer eigenen herrlichen Seele? Und doch! Und doch, fuhr Mrs. Bennet fort, für uns gibt es keine Hoff¬ nung! Auf meinen Mann iſt nicht anders zu wirken, als mit ihm. Keine Oppoſition iſt einflußloſer als gegen Mr. Bennet. Wir werden einen Freund gewinnen, ſagten Doctor Channing und Doctor Gris¬ wold, das heißt: wir werden einen Mann mehr haben auf unſerm Rückzuge. Leider iſt es ſo. Wir haben unſern Freunden nur eine ver¬ lorne Sache zu bieten. Neue Opfer den alten hinzuzufügen, wäre nach unſern Erfahrungen grauſam geweſen. Wir können uns nicht hel¬ fen, — mindeſtens nicht anders, ach! als es Cöleſte gethan. Während Mrs. Bennet noch ſprach, öffnete ſich leiſe die Thür des Drawingrooms. Cöleſte ſelbſt war es. Als ſie Beſuch ſah, trat ſie ſo¬ gleich wieder zurück, aber ſchon hatte ihr halb ſichtbares Bild zwiſchen Thür und Angel Moorfeld's Auge geſtreift. Moorfeld ſprang auf und ging dem Mädchen entgegen. Er nahm ſie bei der Hand mit den Worten: Wir ſprachen von Ihnen, theuerſte Miß; ſchenken Sie uns einen Augenblick Ihre Nähe. Ich habe Ihnen meinen Glückwunſch zu Füßen zu legen. Sie werden, wie ich höre, in die große Welt ein¬ treten. Auf dieſem Wege werden Sie einen großen Schatz finden, — das Bewußtſein, was für ein unermeßlicher Beſitz es iſt, ſich ſelbſt zu haben! Sie werden inne werden, daß die Welt, in welcher Jeder ſein eigener Mittelpunkt zu ſein glaubt, nichts ſo naturgemäß ſucht, als ſich um den Hof einer edlen und ſchönen Selbſtſtändigkeit zu grup¬ piren. Dieſes Glück zu finden, erwartet Sie unter allen Umſtänden und dazu bringe ich Ihnen meine aufrichtigſten Wünſche. Ein tiefes, kraftgebändigtes Beben klang durch Moorfeld's Stimme, als er dieſe Worte ſprach. Cöleſte ſelbſt vermochte nicht anders zu antworten, als mit ſtummer Gebärde. Indem ſie jetzt tiefer ins Licht vortrat, rief Mrs. Bennet bei ihrem Anblick: Aber welche Toilette, mein Kind? Das junge Mädchen trug ein ſchwarzes Atlaskleid mit einem Schmucke von Coque-Perlen. Es contraſtirte mit einer magiſchen Wirkung zu der ſtillen, marmornen

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Zitationshilfe: Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855, S. 492. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_amerikamuede_1855/510>, abgerufen am 24.11.2024.