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Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855.

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kommen, sagte er. Heda, Tom! Lauf hinüber: Mr. Gull, wenn
es ihm gefällig ist, möge mit dem Grundbuche sich bei mir ein¬
finden.

Moorfeld hörte diesen Befehl mit Erstaunen. Aber freilich erin¬
nerte er sich zugleich, in einem Reisewerke über Amerika einst gelesen
zu haben, daß dem Reisenden ein sehr achtungswerther Staatssecretär
die auf Pergament geschriebene Stiftungsurkunde eines großen Union¬
staates vorgezeigt habe, welche wie ein gewöhnlicher auf die Post ge¬
gebener Brief zusammengelegt, in den Falten abgeschabt und in den
Ecken durchlöchert war. Auf die Bemerkung des Reisenden, daß man
solche Documente in Europa in Folio zwischen Papp und andern Tafeln
aufbewahre, habe der Staatssecretär dieses Verfahren zwar sehr schön
gefunden, aber deßungeachtet seine Urkunde höchst kaltblütig wieder in
die alten Falten eingebrochen. So schien es denn ein Seitenstück dieses
Verfahrens, ein Grundbuch ohne Weiters aus der Registratur zu reißen
und damit über jede beliebige Straße zu laufen.

Tom, ein schwarzer Hausdiener, war inzwischen fortgelaufen, der
Richter fuhr fort, seine glänzenden Schmiedekünste an dem alten Pack¬
wagen zu erschöpfen.

Mr. Wogan hatte die Unverschämtheit, dem Richter Parteilichkeit
vorzuwerfen, daß er bisher nur Moorfeld's Sache berücksichtigt, seine
eigene Klage of trepass vi et armis aber durchaus ignorirt.

Eure Zeugen? fragte der Richter.

Mr. James Pettigraw, Advokat von New-Lisbon, Mr. Richard
Luke, Farmer im County und Lieutenant bei der Landmiliz, Mr.
William Clisby, ein Holzhändler aus Virginien, Mr. Charles Adoir,
ein Pferdehändler vom Süden, Mr. Phelim O'Brien, Friedensrichter
von Ravenna --

Was? der Phelim war auch dabei? fiel der Richter lebhaft da¬
zwischen. Ei, Mr. Wogan, dann seid ihr ja Alle, nehmt mir's nicht
übel -- voll gewesen. Ja, ja, ich rathe, ihr seid tüchtig im Lee ge¬
legen. Den Teufel auch, der Phelim! Wo mein ehrenwerther College
von Ravenna einfährt, dort schwimmt man im Grog bis an die
Ohren, -- lehrt mich den Irländer kennen! Nein, Mr. Wogan, Be¬
trunkene sind keine Zeugen, das ist ein Factum. Vi et armis!
ach geht mir doch! Wo seid Ihr denn verletzt? Wo thut's Euch denn

kommen, ſagte er. Heda, Tom! Lauf hinüber: Mr. Gull, wenn
es ihm gefällig iſt, möge mit dem Grundbuche ſich bei mir ein¬
finden.

Moorfeld hörte dieſen Befehl mit Erſtaunen. Aber freilich erin¬
nerte er ſich zugleich, in einem Reiſewerke über Amerika einſt geleſen
zu haben, daß dem Reiſenden ein ſehr achtungswerther Staatsſecretär
die auf Pergament geſchriebene Stiftungsurkunde eines großen Union¬
ſtaates vorgezeigt habe, welche wie ein gewöhnlicher auf die Poſt ge¬
gebener Brief zuſammengelegt, in den Falten abgeſchabt und in den
Ecken durchlöchert war. Auf die Bemerkung des Reiſenden, daß man
ſolche Documente in Europa in Folio zwiſchen Papp und andern Tafeln
aufbewahre, habe der Staatsſecretär dieſes Verfahren zwar ſehr ſchön
gefunden, aber deßungeachtet ſeine Urkunde höchſt kaltblütig wieder in
die alten Falten eingebrochen. So ſchien es denn ein Seitenſtück dieſes
Verfahrens, ein Grundbuch ohne Weiters aus der Regiſtratur zu reißen
und damit über jede beliebige Straße zu laufen.

Tom, ein ſchwarzer Hausdiener, war inzwiſchen fortgelaufen, der
Richter fuhr fort, ſeine glänzenden Schmiedekünſte an dem alten Pack¬
wagen zu erſchöpfen.

Mr. Wogan hatte die Unverſchämtheit, dem Richter Parteilichkeit
vorzuwerfen, daß er bisher nur Moorfeld's Sache berückſichtigt, ſeine
eigene Klage of trepass vi et armis aber durchaus ignorirt.

Eure Zeugen? fragte der Richter.

Mr. James Pettigraw, Advokat von New-Lisbon, Mr. Richard
Luke, Farmer im County und Lieutenant bei der Landmiliz, Mr.
William Clisby, ein Holzhändler aus Virginien, Mr. Charles Adoir,
ein Pferdehändler vom Süden, Mr. Phelim O'Brien, Friedensrichter
von Ravenna —

Was? der Phelim war auch dabei? fiel der Richter lebhaft da¬
zwiſchen. Ei, Mr. Wogan, dann ſeid ihr ja Alle, nehmt mir's nicht
übel — voll geweſen. Ja, ja, ich rathe, ihr ſeid tüchtig im Lee ge¬
legen. Den Teufel auch, der Phelim! Wo mein ehrenwerther College
von Ravenna einfährt, dort ſchwimmt man im Grog bis an die
Ohren, — lehrt mich den Irländer kennen! Nein, Mr. Wogan, Be¬
trunkene ſind keine Zeugen, das iſt ein Factum. Vi et armis!
ach geht mir doch! Wo ſeid Ihr denn verletzt? Wo thut's Euch denn

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[433/0451] kommen, ſagte er. Heda, Tom! Lauf hinüber: Mr. Gull, wenn es ihm gefällig iſt, möge mit dem Grundbuche ſich bei mir ein¬ finden. Moorfeld hörte dieſen Befehl mit Erſtaunen. Aber freilich erin¬ nerte er ſich zugleich, in einem Reiſewerke über Amerika einſt geleſen zu haben, daß dem Reiſenden ein ſehr achtungswerther Staatsſecretär die auf Pergament geſchriebene Stiftungsurkunde eines großen Union¬ ſtaates vorgezeigt habe, welche wie ein gewöhnlicher auf die Poſt ge¬ gebener Brief zuſammengelegt, in den Falten abgeſchabt und in den Ecken durchlöchert war. Auf die Bemerkung des Reiſenden, daß man ſolche Documente in Europa in Folio zwiſchen Papp und andern Tafeln aufbewahre, habe der Staatsſecretär dieſes Verfahren zwar ſehr ſchön gefunden, aber deßungeachtet ſeine Urkunde höchſt kaltblütig wieder in die alten Falten eingebrochen. So ſchien es denn ein Seitenſtück dieſes Verfahrens, ein Grundbuch ohne Weiters aus der Regiſtratur zu reißen und damit über jede beliebige Straße zu laufen. Tom, ein ſchwarzer Hausdiener, war inzwiſchen fortgelaufen, der Richter fuhr fort, ſeine glänzenden Schmiedekünſte an dem alten Pack¬ wagen zu erſchöpfen. Mr. Wogan hatte die Unverſchämtheit, dem Richter Parteilichkeit vorzuwerfen, daß er bisher nur Moorfeld's Sache berückſichtigt, ſeine eigene Klage of trepass vi et armis aber durchaus ignorirt. Eure Zeugen? fragte der Richter. Mr. James Pettigraw, Advokat von New-Lisbon, Mr. Richard Luke, Farmer im County und Lieutenant bei der Landmiliz, Mr. William Clisby, ein Holzhändler aus Virginien, Mr. Charles Adoir, ein Pferdehändler vom Süden, Mr. Phelim O'Brien, Friedensrichter von Ravenna — Was? der Phelim war auch dabei? fiel der Richter lebhaft da¬ zwiſchen. Ei, Mr. Wogan, dann ſeid ihr ja Alle, nehmt mir's nicht übel — voll geweſen. Ja, ja, ich rathe, ihr ſeid tüchtig im Lee ge¬ legen. Den Teufel auch, der Phelim! Wo mein ehrenwerther College von Ravenna einfährt, dort ſchwimmt man im Grog bis an die Ohren, — lehrt mich den Irländer kennen! Nein, Mr. Wogan, Be¬ trunkene ſind keine Zeugen, das iſt ein Factum. Vi et armis! ach geht mir doch! Wo ſeid Ihr denn verletzt? Wo thut's Euch denn

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Zitationshilfe: Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855, S. 433. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_amerikamuede_1855/451>, abgerufen am 25.11.2024.