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Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855.

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ihr: -- dieser aber war ein dummer! Es blieb ihm unbegreiflich,
was ein Feind, der zu schaden oder auch nur zu kränken denkt, Plan¬
mäßiges ausgeführt hat, wenn er sich dem Gesetze gegenüber in eine
völlig offene, ungedeckte Lage begibt, sich einer schweren Strafe schuldig
macht, und nichts erreicht hat dafür, was einer logischen Bosheit ein
entsprechender Ersatz scheinen könnte. Denn daß der rechtmäßige Herr
eines Hauses eine Nacht außer seinem Hause zubringt, sollte das ein
lange vorbereiteter Racheact, sollte das ein Genuß sein, der das Straf¬
urtheil einer unrechtmäßigen Besitzergreifung mittels gewaltthätigen Ein¬
bruchs aufwäge?

So war nach der Betäubung des ersten Augenblicks Moorfeld's
Eindruck von diesem Erlebnisse eigentlich kein anderer, als der einer
schlechtbefriedigten -- Verwunderung. Noch nie war eine Beleidigung
sinnloser angelegt, noch nie eine Genugthuung gewisser.

In dieser Zuversicht stand Moorfeld Tags darauf vor dem Can¬
tonsrichter in New Lisbon, und forderte nach einem kurzen Referate
der nächtlichen Begebenheit einen Constabler, der ihn in den Besitz
seines Hauses zurück- und den unbefugten Eindringling in Haft daraus
wegführte.

Kaum aber hatte Moorfeld sein Begehren vorgebracht, als Mr. Wo¬
gan selbst vor dem Richter erschien. Er behauptete eine große Kalt¬
blütigkeit bei Moorfeld's Anblick.

Zu dem Friedensrichter gewendet sagte er, er komme, um das
Ortsgericht zur Uebernahme eines Depositums aufzufordern. Es stün¬
den ihm die Fahrnisse im Wege, welche der vorige "Inhaber" von
John Stuterings Loos in seinem log shanty zurückgelassen. Seine
Rechtstitel erstreckten sich nur auf das Immobiliar, die bewegliche Habe
anzutasten oder zu benutzen getraue er sich nicht zu verantworten.
Uebrigens belästige sie ihn nachgerade, da er endlich daran denke, sich
mit einer eigenen Einrichtung zu versehen, ja vielleicht breche er über¬
haupt die vorgefundene Blockhütte ab und fange einen größeren Bau
an; -- kurz, er wolle diesen Nachlaß auf eine legale Art los sein.
Mit großem Gleichmuthe fügte er hinzu, er sehe zwar in diesem
Augenblicke die Person des Eigenthümers jener Möbel selbst vor sich,
er nehme aber Anstand, deren Uebernahme von ihm zu begehren, da
derselbe voraussichtlich und demnächst eine Haft werde anzutreten haben,

ihr: — dieſer aber war ein dummer! Es blieb ihm unbegreiflich,
was ein Feind, der zu ſchaden oder auch nur zu kränken denkt, Plan¬
mäßiges ausgeführt hat, wenn er ſich dem Geſetze gegenüber in eine
völlig offene, ungedeckte Lage begibt, ſich einer ſchweren Strafe ſchuldig
macht, und nichts erreicht hat dafür, was einer logiſchen Bosheit ein
entſprechender Erſatz ſcheinen könnte. Denn daß der rechtmäßige Herr
eines Hauſes eine Nacht außer ſeinem Hauſe zubringt, ſollte das ein
lange vorbereiteter Racheact, ſollte das ein Genuß ſein, der das Straf¬
urtheil einer unrechtmäßigen Beſitzergreifung mittels gewaltthätigen Ein¬
bruchs aufwäge?

So war nach der Betäubung des erſten Augenblicks Moorfeld's
Eindruck von dieſem Erlebniſſe eigentlich kein anderer, als der einer
ſchlechtbefriedigten — Verwunderung. Noch nie war eine Beleidigung
ſinnloſer angelegt, noch nie eine Genugthuung gewiſſer.

In dieſer Zuverſicht ſtand Moorfeld Tags darauf vor dem Can¬
tonsrichter in New Lisbon, und forderte nach einem kurzen Referate
der nächtlichen Begebenheit einen Conſtabler, der ihn in den Beſitz
ſeines Hauſes zurück- und den unbefugten Eindringling in Haft daraus
wegführte.

Kaum aber hatte Moorfeld ſein Begehren vorgebracht, als Mr. Wo¬
gan ſelbſt vor dem Richter erſchien. Er behauptete eine große Kalt¬
blütigkeit bei Moorfeld's Anblick.

Zu dem Friedensrichter gewendet ſagte er, er komme, um das
Ortsgericht zur Uebernahme eines Depoſitums aufzufordern. Es ſtün¬
den ihm die Fahrniſſe im Wege, welche der vorige „Inhaber“ von
John Stuterings Loos in ſeinem log ſhanty zurückgelaſſen. Seine
Rechtstitel erſtreckten ſich nur auf das Immobiliar, die bewegliche Habe
anzutaſten oder zu benutzen getraue er ſich nicht zu verantworten.
Uebrigens beläſtige ſie ihn nachgerade, da er endlich daran denke, ſich
mit einer eigenen Einrichtung zu verſehen, ja vielleicht breche er über¬
haupt die vorgefundene Blockhütte ab und fange einen größeren Bau
an; — kurz, er wolle dieſen Nachlaß auf eine legale Art los ſein.
Mit großem Gleichmuthe fügte er hinzu, er ſehe zwar in dieſem
Augenblicke die Perſon des Eigenthümers jener Möbel ſelbſt vor ſich,
er nehme aber Anſtand, deren Uebernahme von ihm zu begehren, da
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[430/0448] ihr: — dieſer aber war ein dummer! Es blieb ihm unbegreiflich, was ein Feind, der zu ſchaden oder auch nur zu kränken denkt, Plan¬ mäßiges ausgeführt hat, wenn er ſich dem Geſetze gegenüber in eine völlig offene, ungedeckte Lage begibt, ſich einer ſchweren Strafe ſchuldig macht, und nichts erreicht hat dafür, was einer logiſchen Bosheit ein entſprechender Erſatz ſcheinen könnte. Denn daß der rechtmäßige Herr eines Hauſes eine Nacht außer ſeinem Hauſe zubringt, ſollte das ein lange vorbereiteter Racheact, ſollte das ein Genuß ſein, der das Straf¬ urtheil einer unrechtmäßigen Beſitzergreifung mittels gewaltthätigen Ein¬ bruchs aufwäge? So war nach der Betäubung des erſten Augenblicks Moorfeld's Eindruck von dieſem Erlebniſſe eigentlich kein anderer, als der einer ſchlechtbefriedigten — Verwunderung. Noch nie war eine Beleidigung ſinnloſer angelegt, noch nie eine Genugthuung gewiſſer. In dieſer Zuverſicht ſtand Moorfeld Tags darauf vor dem Can¬ tonsrichter in New Lisbon, und forderte nach einem kurzen Referate der nächtlichen Begebenheit einen Conſtabler, der ihn in den Beſitz ſeines Hauſes zurück- und den unbefugten Eindringling in Haft daraus wegführte. Kaum aber hatte Moorfeld ſein Begehren vorgebracht, als Mr. Wo¬ gan ſelbſt vor dem Richter erſchien. Er behauptete eine große Kalt¬ blütigkeit bei Moorfeld's Anblick. Zu dem Friedensrichter gewendet ſagte er, er komme, um das Ortsgericht zur Uebernahme eines Depoſitums aufzufordern. Es ſtün¬ den ihm die Fahrniſſe im Wege, welche der vorige „Inhaber“ von John Stuterings Loos in ſeinem log ſhanty zurückgelaſſen. Seine Rechtstitel erſtreckten ſich nur auf das Immobiliar, die bewegliche Habe anzutaſten oder zu benutzen getraue er ſich nicht zu verantworten. Uebrigens beläſtige ſie ihn nachgerade, da er endlich daran denke, ſich mit einer eigenen Einrichtung zu verſehen, ja vielleicht breche er über¬ haupt die vorgefundene Blockhütte ab und fange einen größeren Bau an; — kurz, er wolle dieſen Nachlaß auf eine legale Art los ſein. Mit großem Gleichmuthe fügte er hinzu, er ſehe zwar in dieſem Augenblicke die Perſon des Eigenthümers jener Möbel ſelbſt vor ſich, er nehme aber Anſtand, deren Uebernahme von ihm zu begehren, da derſelbe vorausſichtlich und demnächſt eine Haft werde anzutreten haben,

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Zitationshilfe: Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_amerikamuede_1855/448>, abgerufen am 22.11.2024.