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Kuczynski, Jürgen: Tagebuch. Berlin, 1987.

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titäten von Profit wünschen kann. 0s gibt keine Qualität von N002
Profit. Das Streben nach immer größerer Quantität, nach immer N003
größerer Eile und Beschleunigung ist uns vom Kapitalismus über- N004
kommen, ein ideologisches Überbleibsel, in gewisser Weise sogar N005
ein notwendiges Überbleibsel, solange der Kapitalismus noch in N006
einem großen Teil der Welt herrscht.

N001
Aber immer mehr beschleunigtes Wachstum kann und darf nicht N002
zum Entwicklungsgesetz des Sozialismus erhoben werden!

N001
Kürzlich las ich auch von einem Gesetz der "immer schnelleren

N001
Entwicklung der Wissenschaft im Sozialismus". Sicher war der "Ent- N002
decker" dieses "Gesetzes" genau so stolz wie ich bei der "Entdeckung" N003
meines "Gesetzes" über die Produktivkräfte. Paktisch stellt auch N004
dieses "Gesetz", genau wie das meine, nur die pragmatische Fest- N005
stellung eines relativ kurzen historischen Vorgangs dar. Jeder kann N006
sich vorstellen, wie unsinnig ein solches "Gesetz" ist, wenn man N007
es etwa als Gesetz für den Sozialismus aufstellt. Ein solches Ge- N008
setz müßte dazu führen, daß in gar nicht so ferner Zeit jede Woche N009
und schließlich in unendlich kurzer Zeit eine "Umwälzung" der Wis- N010
senschaft der anderen folgen muß.

N001
Ich meine, eine der großen Weisheiten unserer Politik, die wir N002
auf dem VIII. Parteitag angefangen haben zu entwickeln, und die N003
immer offenbarer wird, ist, daß Sozialismus für immer und ewig N004
höhere Qualität, nicht aber größere Quantität und schnelleres N005
Tempo bedeutet*

N001
Das wird auch besonders deutlich bei der Interpretation des N002
folgenden "Gesetzes""

N001
Manohe Gesellschaftswissenschaftler meinen, daß der subjektive N002
Faktor in der sozialistischen Gesellschaft gesetzmäßig eine immer N003
größere Rolle spielt. Wäre das so, dann würden wir sehr schnell N004
beim Hegelschen Weltgeist, natürlich einem sozialistisch verbrämten

N001
titäten von Profit wünschen kann. 0s gibt keine Qualität von N002
Profit. Das Streben nach immer größerer Quantität, nach immer N003
größerer Eile und Beschleunigung ist uns vom Kapitalismus über- N004
kommen, ein ideologisches Überbleibsel, in gewisser Weise sogar N005
ein notwendiges Überbleibsel, solange der Kapitalismus noch in N006
einem großen Teil der Welt herrscht.

N001
Aber immer mehr beschleunigtes Wachstum kann und darf nicht N002
zum Entwicklungsgesetz des Sozialismus erhoben werden!

N001
Kürzlich las ich auch von einem Gesetz der "immer schnelleren

N001
Entwicklung der Wissenschaft im Sozialismus". Sicher war der "Ent- N002
decker" dieses "Gesetzes" genau so stolz wie ich bei der "Entdeckung" N003
meines "Gesetzes" über die Produktivkräfte. Paktisch stellt auch N004
dieses "Gesetz", genau wie das meine, nur die pragmatische Fest- N005
stellung eines relativ kurzen historischen Vorgangs dar. Jeder kann N006
sich vorstellen, wie unsinnig ein solches "Gesetz" ist, wenn man N007
es etwa als Gesetz für den Sozialismus aufstellt. Ein solches Ge- N008
setz müßte dazu führen, daß in gar nicht so ferner Zeit jede Woche N009
und schließlich in unendlich kurzer Zeit eine "Umwälzung" der Wis- N010
senschaft der anderen folgen muß.

N001
Ich meine, eine der großen Weisheiten unserer Politik, die wir N002
auf dem VIII. Parteitag angefangen haben zu entwickeln, und die N003
immer offenbarer wird, ist, daß Sozialismus für immer und ewig N004
höhere Qualität, nicht aber größere Quantität und schnelleres N005
Tempo bedeutet*

N001
Das wird auch besonders deutlich bei der Interpretation des N002
folgenden "Gesetzes"«

N001
Manohe Gesellschaftswissenschaftler meinen, daß der subjektive N002
Faktor in der sozialistischen Gesellschaft gesetzmäßig eine immer N003
größere Rolle spielt. Wäre das so, dann würden wir sehr schnell N004
beim Hegelschen Weltgeist, natürlich einem sozialistisch verbrämten

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Zitationshilfe: Kuczynski, Jürgen: Tagebuch. Berlin, 1987, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuczynski_tagebuch_1987/600>, abgerufen am 30.06.2024.