Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kuczynski, Jürgen: Tagebuch. Berlin, 1987.

Bild:
<< vorherige Seite

N001
echaftlera in der Plenarsitzung, die mich 1a vielen meiner Gedanken N002
bestätigte und endlich veranlassen wird, Uber den Sinn bzw. Un- N003
sinn eines "hypokratischen Eides** der Wissenschaftler zu schrei- N004
ben , sowie die Diskussionen in meiner Arbeitsgruppe über Bevöl- N005
kerung.

N001
Anschließend war ich noch 172 Tage in London, wo ich Rajl N002
und Johnny Gollan sprach. Bei ersterem war ich am Nachmittag, N003
bei letzterem zum Abendbrot, das Elsie ganz rUhrend gemacht hatte. N004
Johnny sprach zum ersten Male wie ein Parteiführer, der Macht im N005
Lande hat - natürlich ist die Partei winzig, aber mit ihren N006
Punktionen in den Gewerkschaften und dadurch auch ihrer Rolle in N007
Streiks hat sie wirklich bedeutenden Einfluß. Johnny meinte auoh, N008
daß man über die Gewerkschaften stärkeren Einfluß auf die Labour N009
Party würde nehmen können. Merkwürdig diese Schlüsselrolle der N010
Gewerkschaften in England - genau wie vor 100 Jahren Marx und N011
Engels überall Parteien hatten, nur in England gab es praktisch N012
allein die Gewerkschaften.

N001
Sehr stolz meinte Johnny* "In die Politik unserer Partei N002
mischt sich keine andere Partei ein!" Am besteh stehen sie mit N003
der französischen Partei) in Indien stehen sie mit beiden komm- N004
nistischen Parteien.

N001
Ra;}i erzählte zum Teil aus alten Zeiten. Wie er 1923 mit N002
Harry Pollitt ln die SU kam, als Kämpfer gegen die "alte Garde" N003
in der englischen Partei, wie er drei Forderungen stellte, die N004
alle 3 abgelehnt wurden* 1 * Harry sollte Generalsekretär werden, N005
die Partei sollte finanziell unabhängig von der SU sein und die N006
Gewerkschaftsarbeit sollte nicht zur Bildung von "eigenen" Ge- N007
werkschaften fuhren. Borodin hatte ihm damals gesagt* "Es gibt N008
da im Politbüro einen Genossen, der wenig bekannt ist, aber er

N001
echaftlera in der Plenarsitzung, die mich 1a vielen meiner Gedanken N002
bestätigte und endlich veranlassen wird, Uber den Sinn bzw. Un- N003
sinn eines "hypokratischen Eides** der Wissenschaftler zu schrei- N004
ben , sowie die Diskussionen in meiner Arbeitsgruppe über Bevöl- N005
kerung.

N001
Anschließend war ich noch 172 Tage in London, wo ich Rajl N002
und Johnny Gollan sprach. Bei ersterem war ich am Nachmittag, N003
bei letzterem zum Abendbrot, das Elsie ganz rUhrend gemacht hatte. N004
Johnny sprach zum ersten Male wie ein Parteiführer, der Macht im N005
Lande hat - natürlich ist die Partei winzig, aber mit ihren N006
Punktionen in den Gewerkschaften und dadurch auch ihrer Rolle in N007
Streiks hat sie wirklich bedeutenden Einfluß. Johnny meinte auoh, N008
daß man über die Gewerkschaften stärkeren Einfluß auf die Labour N009
Party würde nehmen können. Merkwürdig diese Schlüsselrolle der N010
Gewerkschaften in England - genau wie vor 100 Jahren Marx und N011
Engels überall Parteien hatten, nur in England gab es praktisch N012
allein die Gewerkschaften.

N001
Sehr stolz meinte Johnny* "In die Politik unserer Partei N002
mischt sich keine andere Partei ein!" Am besteh stehen sie mit N003
der französischen Partei) in Indien stehen sie mit beiden komm- N004
nistischen Parteien.

N001
Ra;}i erzählte zum Teil aus alten Zeiten. Wie er 1923 mit N002
Harry Pollitt ln die SU kam, als Kämpfer gegen die "alte Garde" N003
in der englischen Partei, wie er drei Forderungen stellte, die N004
alle 3 abgelehnt wurden* 1 • Harry sollte Generalsekretär werden, N005
die Partei sollte finanziell unabhängig von der SU sein und die N006
Gewerkschaftsarbeit sollte nicht zur Bildung von "eigenen" Ge- N007
werkschaften fuhren. Borodin hatte ihm damals gesagt* "Es gibt N008
da im Politbüro einen Genossen, der wenig bekannt ist, aber er

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter">
        <pb facs="#f0522"/>
        <p><lb n="N001"/>
echaftlera in der Plenarsitzung, die mich 1a vielen meiner Gedanken     <lb n="N002"/>
bestätigte und endlich veranlassen wird, Uber den Sinn bzw. Un-     <lb n="N003"/>
sinn eines "hypokratischen Eides** der Wissenschaftler zu schrei-     <lb n="N004"/>
ben , sowie die Diskussionen in meiner Arbeitsgruppe über Bevöl-     <lb n="N005"/>
kerung.</p>
        <p><lb n="N001"/>
Anschließend war ich noch 172 Tage in London, wo ich Rajl     <lb n="N002"/>
und Johnny Gollan sprach. Bei ersterem war ich am Nachmittag,     <lb n="N003"/>
bei letzterem zum Abendbrot, das Elsie ganz rUhrend gemacht hatte.     <lb n="N004"/>
Johnny sprach zum ersten Male wie ein Parteiführer, der Macht im     <lb n="N005"/>
Lande hat - natürlich ist die Partei winzig, aber mit ihren     <lb n="N006"/>
Punktionen in den Gewerkschaften und dadurch auch ihrer Rolle in     <lb n="N007"/>
Streiks hat sie wirklich bedeutenden Einfluß. Johnny meinte auoh,     <lb n="N008"/>
daß man über die Gewerkschaften stärkeren Einfluß auf die Labour     <lb n="N009"/>
Party würde nehmen können. Merkwürdig diese Schlüsselrolle der     <lb n="N010"/>
Gewerkschaften in England - genau wie vor 100 Jahren Marx und     <lb n="N011"/>
Engels überall Parteien hatten, nur in England gab es praktisch     <lb n="N012"/>
allein die Gewerkschaften.</p>
        <p><lb n="N001"/>
Sehr stolz meinte Johnny* "In die Politik unserer Partei     <lb n="N002"/>
mischt sich keine andere Partei ein!" Am besteh stehen sie mit     <lb n="N003"/>
der französischen Partei) in Indien stehen sie mit beiden komm-     <lb n="N004"/>
nistischen Parteien.</p>
        <p><lb n="N001"/>
Ra;}i erzählte zum Teil aus alten Zeiten. Wie er 1923 mit     <lb n="N002"/>
Harry Pollitt ln die SU kam, als Kämpfer gegen die "alte Garde"     <lb n="N003"/>
in der englischen Partei, wie er drei Forderungen stellte, die     <lb n="N004"/>
alle 3 abgelehnt wurden* 1 &#x2022; Harry sollte Generalsekretär werden,     <lb n="N005"/>
die Partei sollte finanziell unabhängig von der SU sein und die     <lb n="N006"/>
Gewerkschaftsarbeit sollte nicht zur Bildung von "eigenen" Ge-     <lb n="N007"/>
werkschaften fuhren. Borodin hatte ihm damals gesagt* "Es gibt     <lb n="N008"/>
da im Politbüro einen Genossen, der wenig bekannt ist, aber er</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0522] N001 echaftlera in der Plenarsitzung, die mich 1a vielen meiner Gedanken N002 bestätigte und endlich veranlassen wird, Uber den Sinn bzw. Un- N003 sinn eines "hypokratischen Eides** der Wissenschaftler zu schrei- N004 ben , sowie die Diskussionen in meiner Arbeitsgruppe über Bevöl- N005 kerung. N001 Anschließend war ich noch 172 Tage in London, wo ich Rajl N002 und Johnny Gollan sprach. Bei ersterem war ich am Nachmittag, N003 bei letzterem zum Abendbrot, das Elsie ganz rUhrend gemacht hatte. N004 Johnny sprach zum ersten Male wie ein Parteiführer, der Macht im N005 Lande hat - natürlich ist die Partei winzig, aber mit ihren N006 Punktionen in den Gewerkschaften und dadurch auch ihrer Rolle in N007 Streiks hat sie wirklich bedeutenden Einfluß. Johnny meinte auoh, N008 daß man über die Gewerkschaften stärkeren Einfluß auf die Labour N009 Party würde nehmen können. Merkwürdig diese Schlüsselrolle der N010 Gewerkschaften in England - genau wie vor 100 Jahren Marx und N011 Engels überall Parteien hatten, nur in England gab es praktisch N012 allein die Gewerkschaften. N001 Sehr stolz meinte Johnny* "In die Politik unserer Partei N002 mischt sich keine andere Partei ein!" Am besteh stehen sie mit N003 der französischen Partei) in Indien stehen sie mit beiden komm- N004 nistischen Parteien. N001 Ra;}i erzählte zum Teil aus alten Zeiten. Wie er 1923 mit N002 Harry Pollitt ln die SU kam, als Kämpfer gegen die "alte Garde" N003 in der englischen Partei, wie er drei Forderungen stellte, die N004 alle 3 abgelehnt wurden* 1 • Harry sollte Generalsekretär werden, N005 die Partei sollte finanziell unabhängig von der SU sein und die N006 Gewerkschaftsarbeit sollte nicht zur Bildung von "eigenen" Ge- N007 werkschaften fuhren. Borodin hatte ihm damals gesagt* "Es gibt N008 da im Politbüro einen Genossen, der wenig bekannt ist, aber er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Archiv der Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-01-09T11:07:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-01-09T11:07:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kuczynski_tagebuch_1987
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kuczynski_tagebuch_1987/522
Zitationshilfe: Kuczynski, Jürgen: Tagebuch. Berlin, 1987, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuczynski_tagebuch_1987/522>, abgerufen am 28.06.2024.