Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kuczynski, Jürgen: Tagebuch. Berlin, 1987.

Bild:
<< vorherige Seite

N001
Verschandelung duroh den Stalinismus in unserer Partei bei N002
meinen Schülern bewahrt.

N001
Abgesehen von einer kurzen Schwankung in den Tagen, in N002
denen ich viel mit Schtsohukin zusammen war, und Anna Seghers, N003
die mit uns war, mich scharf zurechtrückte, kann ich das Gleiche N004
von meiner Haltung zur Malerei sagen. Meine Schüler haben ge- N005
lernt, cULe Impressionisten wie die Expressionisten zumindest N006
mit offenen Augen zu sehen.

N001
Selbstverständlich war mir diese Haltung auch zur spätbürger- N002
lichen großen Romanliteratur, zu Kafka oder Hemingway, zu Proust N003
oder Faulkner.

N001
So konnte ioh trotz des Stalinismus doch dafür sorgen, daß N002
meine Schüler als allgemein gebildete Mensohen aufwuchsen. Neben N003
der Vermittlung einer wissenschaftlichen Arbeitsmethode halte N004
ich das für das Wichtigste, das ich dem Stalinismus zum Trotz N005
ihnen habe geben können.

N001
+

N001
Wenn ioh das Geschriebene überlese, ergibt sich der Eindruck, N002
daß ich am Anfang sehr vorsichtig die Möglichkeit zu einer Ana- N003
lyse des Stalinismus heute und duroh mich einsohätze, darauf N004
hinweise, wie schwierig es ist zu ermessen, in welchem Ausmaß N005
man im Stalinismus gefangen war und auch heute noch ist.

N001
Und dann folgen eine Reihe doch sehr deutlicher Einschätzun- N002
gen und Urteile, die sicher berechtigt sind, wenn es sich um Ein- N003
zelfälle von Stalinismus, die heute klar zu erkennen sind, han- N004
delt, die sicher berechtigt sind, wenn es um eine Peststellung N005
wie den Niedergang der Gesellschaftswissenschaften oder die Er- N006
mordung der Soziologie geht. Ebenso sicher sind sie wohl nloht

N001
Verschandelung duroh den Stalinismus in unserer Partei bei N002
meinen Schülern bewahrt.

N001
Abgesehen von einer kurzen Schwankung in den Tagen, in N002
denen ich viel mit Schtsohukin zusammen war, und Anna Seghers, N003
die mit uns war, mich scharf zurechtrückte, kann ich das Gleiche N004
von meiner Haltung zur Malerei sagen. Meine Schüler haben ge- N005
lernt, cULe Impressionisten wie die Expressionisten zumindest N006
mit offenen Augen zu sehen.

N001
Selbstverständlich war mir diese Haltung auch zur spätbürger- N002
lichen großen Romanliteratur, zu Kafka oder Hemingway, zu Proust N003
oder Faulkner.

N001
So konnte ioh trotz des Stalinismus doch dafür sorgen, daß N002
meine Schüler als allgemein gebildete Mensohen aufwuchsen. Neben N003
der Vermittlung einer wissenschaftlichen Arbeitsmethode halte N004
ich das für das Wichtigste, das ich dem Stalinismus zum Trotz N005
ihnen habe geben können.

N001
+

N001
Wenn ioh das Geschriebene überlese, ergibt sich der Eindruck, N002
daß ich am Anfang sehr vorsichtig die Möglichkeit zu einer Ana- N003
lyse des Stalinismus heute und duroh mich einsohätze, darauf N004
hinweise, wie schwierig es ist zu ermessen, in welchem Ausmaß N005
man im Stalinismus gefangen war und auch heute noch ist.

N001
Und dann folgen eine Reihe doch sehr deutlicher Einschätzun- N002
gen und Urteile, die sicher berechtigt sind, wenn es sich um Ein- N003
zelfälle von Stalinismus, die heute klar zu erkennen sind, han- N004
delt, die sicher berechtigt sind, wenn es um eine Peststellung N005
wie den Niedergang der Gesellschaftswissenschaften oder die Er- N006
mordung der Soziologie geht. Ebenso sicher sind sie wohl nloht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter">
        <pb facs="#f0302" n="26"/>
        <p><lb n="N001"/>
Verschandelung duroh den Stalinismus in unserer Partei bei     <lb n="N002"/>
meinen Schülern bewahrt.</p>
        <p><lb n="N001"/>
Abgesehen von einer kurzen Schwankung in den Tagen, in     <lb n="N002"/>
denen ich viel mit Schtsohukin zusammen war, und Anna Seghers,     <lb n="N003"/>
die mit uns war, mich scharf zurechtrückte, kann ich das Gleiche     <lb n="N004"/>
von meiner Haltung zur Malerei sagen. Meine Schüler haben ge-     <lb n="N005"/>
lernt, cULe Impressionisten wie die Expressionisten zumindest     <lb n="N006"/>
mit offenen Augen zu sehen.</p>
        <p><lb n="N001"/>
Selbstverständlich war mir diese Haltung auch zur spätbürger-     <lb n="N002"/>
lichen großen Romanliteratur, zu Kafka oder Hemingway, zu Proust     <lb n="N003"/>
oder Faulkner.</p>
        <p><lb n="N001"/>
So konnte ioh trotz des Stalinismus doch dafür sorgen, daß     <lb n="N002"/>
meine Schüler als allgemein gebildete Mensohen aufwuchsen. Neben     <lb n="N003"/>
der Vermittlung einer wissenschaftlichen Arbeitsmethode halte     <lb n="N004"/>
ich das für das Wichtigste, das ich dem Stalinismus zum Trotz     <lb n="N005"/>
ihnen habe geben können.</p>
        <p><lb n="N001"/>
+</p>
        <p><lb n="N001"/>
Wenn ioh das Geschriebene überlese, ergibt sich der Eindruck,     <lb n="N002"/>
daß ich am Anfang sehr vorsichtig die Möglichkeit zu einer Ana-     <lb n="N003"/>
lyse des Stalinismus heute und duroh mich einsohätze, darauf     <lb n="N004"/>
hinweise, wie schwierig es ist zu ermessen, in welchem Ausmaß     <lb n="N005"/>
man im Stalinismus gefangen war und auch heute noch ist.</p>
        <p><lb n="N001"/>
Und dann folgen eine Reihe doch sehr deutlicher Einschätzun-     <lb n="N002"/>
gen und Urteile, die sicher berechtigt sind, wenn es sich um Ein-     <lb n="N003"/>
zelfälle von Stalinismus, die heute klar zu erkennen sind, han-     <lb n="N004"/>
delt, die sicher berechtigt sind, wenn es um eine Peststellung     <lb n="N005"/>
wie den Niedergang der Gesellschaftswissenschaften oder die Er-     <lb n="N006"/>
mordung der Soziologie geht. Ebenso sicher sind sie wohl nloht</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[26/0302] N001 Verschandelung duroh den Stalinismus in unserer Partei bei N002 meinen Schülern bewahrt. N001 Abgesehen von einer kurzen Schwankung in den Tagen, in N002 denen ich viel mit Schtsohukin zusammen war, und Anna Seghers, N003 die mit uns war, mich scharf zurechtrückte, kann ich das Gleiche N004 von meiner Haltung zur Malerei sagen. Meine Schüler haben ge- N005 lernt, cULe Impressionisten wie die Expressionisten zumindest N006 mit offenen Augen zu sehen. N001 Selbstverständlich war mir diese Haltung auch zur spätbürger- N002 lichen großen Romanliteratur, zu Kafka oder Hemingway, zu Proust N003 oder Faulkner. N001 So konnte ioh trotz des Stalinismus doch dafür sorgen, daß N002 meine Schüler als allgemein gebildete Mensohen aufwuchsen. Neben N003 der Vermittlung einer wissenschaftlichen Arbeitsmethode halte N004 ich das für das Wichtigste, das ich dem Stalinismus zum Trotz N005 ihnen habe geben können. N001 + N001 Wenn ioh das Geschriebene überlese, ergibt sich der Eindruck, N002 daß ich am Anfang sehr vorsichtig die Möglichkeit zu einer Ana- N003 lyse des Stalinismus heute und duroh mich einsohätze, darauf N004 hinweise, wie schwierig es ist zu ermessen, in welchem Ausmaß N005 man im Stalinismus gefangen war und auch heute noch ist. N001 Und dann folgen eine Reihe doch sehr deutlicher Einschätzun- N002 gen und Urteile, die sicher berechtigt sind, wenn es sich um Ein- N003 zelfälle von Stalinismus, die heute klar zu erkennen sind, han- N004 delt, die sicher berechtigt sind, wenn es um eine Peststellung N005 wie den Niedergang der Gesellschaftswissenschaften oder die Er- N006 mordung der Soziologie geht. Ebenso sicher sind sie wohl nloht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Archiv der Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-01-09T11:07:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-01-09T11:07:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kuczynski_tagebuch_1987
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kuczynski_tagebuch_1987/302
Zitationshilfe: Kuczynski, Jürgen: Tagebuch. Berlin, 1987, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuczynski_tagebuch_1987/302>, abgerufen am 22.11.2024.