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Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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unentbehrlich wurde, war von ihm eben so unzertrennlich, und Holger, der seiner neuen Bekannten wegen, bei der gewöhnlichen Zuvorkommenheit, die der dänischen Marine eigen ist, wenn sie glaubt fremden Standesgenossen nützlich sein zu können, häufig und zu ziemlich späten Stunden in dem Billardhause verweilen mußte, war oft Zeuge von lärmenden Auftritten, in welchen er mit kaum verhehltem Unmuth John als Theilnehmer bemerkte. Besonders widerte es ihn an, wenn er sah, wie dieser beim Pharotische, wenn das Glück seinen Leichtsinn verließ, mit unsinniger Wuth Summen verschleuderte, die, obgleich unbedeutend an sich, doch gewiß seine eignen gegenwärtigen Mittel weit überstiegen; ja er ertappte sich oft selbst in dem Wunsche, daß doch Jener diese Gelage nicht in Uniform besuchen möchte, obgleich er selbst jetzt immer, mit dem ruhigen Selbstgefühl, als müsse diese ringsum Haltung und Würde aufrecht erhalten, sie nie ablegte. Auch war es wirklich, als wenn seine Gegenwart die Rohheit selbst höherer Offiziere in Schranken hielt. Nur Einer von diesen, ein eben nicht mehr junger Mann, der Nächstcommandeur der Brigg und von Geburt ein Franzose, dessen Gesinnungen mit den seinen übereinzustimmen schienen, und der nur wenig Antheil an den nächtlichen Gelagen seiner Gefährten nahm, von welchen jedoch der Chef dem Spiele am meisten ergeben war, hatte Holzern Achtung und Freundschaft eingeflößt.

Am Abend vor dem zur Abfahrt des schon wieder

unentbehrlich wurde, war von ihm eben so unzertrennlich, und Holger, der seiner neuen Bekannten wegen, bei der gewöhnlichen Zuvorkommenheit, die der dänischen Marine eigen ist, wenn sie glaubt fremden Standesgenossen nützlich sein zu können, häufig und zu ziemlich späten Stunden in dem Billardhause verweilen mußte, war oft Zeuge von lärmenden Auftritten, in welchen er mit kaum verhehltem Unmuth John als Theilnehmer bemerkte. Besonders widerte es ihn an, wenn er sah, wie dieser beim Pharotische, wenn das Glück seinen Leichtsinn verließ, mit unsinniger Wuth Summen verschleuderte, die, obgleich unbedeutend an sich, doch gewiß seine eignen gegenwärtigen Mittel weit überstiegen; ja er ertappte sich oft selbst in dem Wunsche, daß doch Jener diese Gelage nicht in Uniform besuchen möchte, obgleich er selbst jetzt immer, mit dem ruhigen Selbstgefühl, als müsse diese ringsum Haltung und Würde aufrecht erhalten, sie nie ablegte. Auch war es wirklich, als wenn seine Gegenwart die Rohheit selbst höherer Offiziere in Schranken hielt. Nur Einer von diesen, ein eben nicht mehr junger Mann, der Nächstcommandeur der Brigg und von Geburt ein Franzose, dessen Gesinnungen mit den seinen übereinzustimmen schienen, und der nur wenig Antheil an den nächtlichen Gelagen seiner Gefährten nahm, von welchen jedoch der Chef dem Spiele am meisten ergeben war, hatte Holzern Achtung und Freundschaft eingeflößt.

Am Abend vor dem zur Abfahrt des schon wieder

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unentbehrlich wurde, war von ihm      eben so unzertrennlich, und Holger, der seiner neuen Bekannten wegen, bei der gewöhnlichen      Zuvorkommenheit, die der dänischen Marine eigen ist, wenn sie glaubt fremden Standesgenossen      nützlich sein zu können, häufig und zu ziemlich späten Stunden in dem Billardhause verweilen      mußte, war oft Zeuge von lärmenden Auftritten, in welchen er mit kaum verhehltem Unmuth John      als Theilnehmer bemerkte. Besonders widerte es ihn an, wenn er sah, wie dieser beim      Pharotische, wenn das Glück seinen Leichtsinn verließ, mit unsinniger Wuth Summen      verschleuderte, die, obgleich unbedeutend an sich, doch gewiß seine eignen gegenwärtigen Mittel      weit überstiegen; ja er ertappte sich oft selbst in dem Wunsche, daß doch Jener diese Gelage      nicht in Uniform besuchen möchte, obgleich er selbst jetzt immer, mit dem ruhigen Selbstgefühl,      als müsse diese ringsum Haltung und Würde aufrecht erhalten, sie nie ablegte. Auch war es      wirklich, als wenn seine Gegenwart die Rohheit selbst höherer Offiziere in Schranken hielt. Nur      Einer von diesen, ein eben nicht mehr junger Mann, der Nächstcommandeur der Brigg und von      Geburt ein Franzose, dessen Gesinnungen mit den seinen übereinzustimmen schienen, und der nur      wenig Antheil an den nächtlichen Gelagen seiner Gefährten nahm, von welchen jedoch der Chef dem      Spiele am meisten ergeben war, hatte Holzern Achtung und Freundschaft eingeflößt.</p><lb/>
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[0057] unentbehrlich wurde, war von ihm eben so unzertrennlich, und Holger, der seiner neuen Bekannten wegen, bei der gewöhnlichen Zuvorkommenheit, die der dänischen Marine eigen ist, wenn sie glaubt fremden Standesgenossen nützlich sein zu können, häufig und zu ziemlich späten Stunden in dem Billardhause verweilen mußte, war oft Zeuge von lärmenden Auftritten, in welchen er mit kaum verhehltem Unmuth John als Theilnehmer bemerkte. Besonders widerte es ihn an, wenn er sah, wie dieser beim Pharotische, wenn das Glück seinen Leichtsinn verließ, mit unsinniger Wuth Summen verschleuderte, die, obgleich unbedeutend an sich, doch gewiß seine eignen gegenwärtigen Mittel weit überstiegen; ja er ertappte sich oft selbst in dem Wunsche, daß doch Jener diese Gelage nicht in Uniform besuchen möchte, obgleich er selbst jetzt immer, mit dem ruhigen Selbstgefühl, als müsse diese ringsum Haltung und Würde aufrecht erhalten, sie nie ablegte. Auch war es wirklich, als wenn seine Gegenwart die Rohheit selbst höherer Offiziere in Schranken hielt. Nur Einer von diesen, ein eben nicht mehr junger Mann, der Nächstcommandeur der Brigg und von Geburt ein Franzose, dessen Gesinnungen mit den seinen übereinzustimmen schienen, und der nur wenig Antheil an den nächtlichen Gelagen seiner Gefährten nahm, von welchen jedoch der Chef dem Spiele am meisten ergeben war, hatte Holzern Achtung und Freundschaft eingeflößt. Am Abend vor dem zur Abfahrt des schon wieder

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:52:36Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:52:36Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910/57>, abgerufen am 06.05.2024.