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Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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doch immer gescheut hatte, Statt fand, sondern er auch John's Theilnahme an höchst bedenklichen Ausgelassenheiten erfuhr, welches ihn um so unmuthiger stimmte, als der Freund weniger als sonst auf seine vertraulichen Klagen darüber Acht gab.-- Sein Auge folgte von nun an John unablässig, so wie der Blick des Herrn einem tölpischen Diener, den er nothgedrungen ein kostbares Gefäß tragen lassen muß, und gegen den er bei jedem Straucheln eine emporlodernde Erbitterung in seinem Innern fühlt. -- Aus Sorge für die Ehre der Uniform hatte Holger John's kleinliche Beleidigungen fast vergessen.

Der Frühling war indeß gekommen, das Eis in dem Hafen gesprengt, wo die Wogen die großen Blöcke in das Meer hinauswälzten; und die Langeweile wurde Holgern wie seinen Gefährten noch peinlicher, so wie er mit immer größerer Ungeduld Nachrichten ihrer nächsten Bestimmung wegen entgegensah und außerdem auch, so wie die Andern, fast gänzlich ohne Geld war. Die große Entfernung von der Hauptstadt, die Beschwerlichkeit des durch die Zeitumstände oft unterbrochenen Postganges hatten ihn bisher auf die kleinen Diäten eingeschränkt, die er obendrein durch John beziehen mußte, dem es übertragen war, die durchaus nothwendige Summe im Namen des Königs bei den Behörden der Stadt aufzunehmen. Ihn mochten die Freunde nun nicht um eine Beihülfe ansprechen, um so weniger, da der Leichtsinn, womit er in ihrer Lage be-

doch immer gescheut hatte, Statt fand, sondern er auch John's Theilnahme an höchst bedenklichen Ausgelassenheiten erfuhr, welches ihn um so unmuthiger stimmte, als der Freund weniger als sonst auf seine vertraulichen Klagen darüber Acht gab.— Sein Auge folgte von nun an John unablässig, so wie der Blick des Herrn einem tölpischen Diener, den er nothgedrungen ein kostbares Gefäß tragen lassen muß, und gegen den er bei jedem Straucheln eine emporlodernde Erbitterung in seinem Innern fühlt. — Aus Sorge für die Ehre der Uniform hatte Holger John's kleinliche Beleidigungen fast vergessen.

Der Frühling war indeß gekommen, das Eis in dem Hafen gesprengt, wo die Wogen die großen Blöcke in das Meer hinauswälzten; und die Langeweile wurde Holgern wie seinen Gefährten noch peinlicher, so wie er mit immer größerer Ungeduld Nachrichten ihrer nächsten Bestimmung wegen entgegensah und außerdem auch, so wie die Andern, fast gänzlich ohne Geld war. Die große Entfernung von der Hauptstadt, die Beschwerlichkeit des durch die Zeitumstände oft unterbrochenen Postganges hatten ihn bisher auf die kleinen Diäten eingeschränkt, die er obendrein durch John beziehen mußte, dem es übertragen war, die durchaus nothwendige Summe im Namen des Königs bei den Behörden der Stadt aufzunehmen. Ihn mochten die Freunde nun nicht um eine Beihülfe ansprechen, um so weniger, da der Leichtsinn, womit er in ihrer Lage be-

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:52:36Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:52:36Z)

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Zitationshilfe: Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910/55>, abgerufen am 06.05.2024.