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Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905.

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sem Mangel abzuhelfen sei und fährt dann fort: "Die bisher
ungelöste
Aufgabe der Gymnasialkurse für Mädchen bleibt
demnach: in organischem Zusammenhange mit der nachgewie-
senen Vorbildung und in einer, dem Verständnisse erwachsener
Mädchen angemessenen Lehrform die Schülerinnen zu den Zielen
des Gymnasiums zu führen."

Es liegt eine Besprechung dieses Erlasses aus der Feder
Helene Langes, der Leiterin der Berliner Gymnasialkurse,
vor. Die von ihr eingerichteten Berliner Kurse sind vorbild-
lich geworden für alle später begründeten. Auf ihre aller-
dings glänzenden Erfolge wird verwiesen, wenn jemand - wie
der Kölner Verein das tut - Gymnasialkurse als unzuläng-
lich bezeichnet, wenn man an Stelle ihres nur 3- bis 5jährigen
Lehrganges einen 6- bis 9jährigen setzen will, wenn man die
Mädchenschule nicht als geeigneten Unterbau für gymnasiale
Weiterbildung ansieht, sondern mit neunjährigen oder doch
zwölfjährigen Mädchen den gymnasialen Lehrgang beginnen will.

Da berührt es eigen, das vernichtende Urteil Helene
Langes
über den von der Regierung so warm verteidigten
Unterbau der höheren Töchterschule, zu lesen. "Das positive
Wissen" (der die Mädchenschule verlassenden Mädchen) - so
schreibt sie, der eine 24jährige Erfahrung als Leiterin eines
Lehrerinnen-Seminars, dann als Leiterin der Real- und Gym-
nasialkurse zur Seite steht, - "war mit wenigen Ausnahmen
dürftig und zusammenhanglos.... Ein wahrhaft kompro-
mittierendes Zeugnis für die höhere Mädchenschule sind die
deutschen Aufsätze.... Jch habe längst schon davon abge-
sehen, die Aufnahme (in die Gymnasialkurse) von dem Bestand
des Wissens abhängig zu machen, sondern meine Prüfung nur
darauf gerichtet, mir ein Urteil über die Jntelligenz der jungen
Mädchen zu bilden.... Der Unterricht der höheren Mäd-

Krukenberg, Frauenbewegung. 6

sem Mangel abzuhelfen sei und fährt dann fort: „Die bisher
ungelöste
Aufgabe der Gymnasialkurse für Mädchen bleibt
demnach: in organischem Zusammenhange mit der nachgewie-
senen Vorbildung und in einer, dem Verständnisse erwachsener
Mädchen angemessenen Lehrform die Schülerinnen zu den Zielen
des Gymnasiums zu führen.“

Es liegt eine Besprechung dieses Erlasses aus der Feder
Helene Langes, der Leiterin der Berliner Gymnasialkurse,
vor. Die von ihr eingerichteten Berliner Kurse sind vorbild-
lich geworden für alle später begründeten. Auf ihre aller-
dings glänzenden Erfolge wird verwiesen, wenn jemand – wie
der Kölner Verein das tut – Gymnasialkurse als unzuläng-
lich bezeichnet, wenn man an Stelle ihres nur 3- bis 5jährigen
Lehrganges einen 6- bis 9jährigen setzen will, wenn man die
Mädchenschule nicht als geeigneten Unterbau für gymnasiale
Weiterbildung ansieht, sondern mit neunjährigen oder doch
zwölfjährigen Mädchen den gymnasialen Lehrgang beginnen will.

Da berührt es eigen, das vernichtende Urteil Helene
Langes
über den von der Regierung so warm verteidigten
Unterbau der höheren Töchterschule, zu lesen. „Das positive
Wissen“ (der die Mädchenschule verlassenden Mädchen) – so
schreibt sie, der eine 24jährige Erfahrung als Leiterin eines
Lehrerinnen-Seminars, dann als Leiterin der Real- und Gym-
nasialkurse zur Seite steht, – „war mit wenigen Ausnahmen
dürftig und zusammenhanglos…. Ein wahrhaft kompro-
mittierendes Zeugnis für die höhere Mädchenschule sind die
deutschen Aufsätze…. Jch habe längst schon davon abge-
sehen, die Aufnahme (in die Gymnasialkurse) von dem Bestand
des Wissens abhängig zu machen, sondern meine Prüfung nur
darauf gerichtet, mir ein Urteil über die Jntelligenz der jungen
Mädchen zu bilden…. Der Unterricht der höheren Mäd-

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[81/0091] sem Mangel abzuhelfen sei und fährt dann fort: „Die bisher ungelöste Aufgabe der Gymnasialkurse für Mädchen bleibt demnach: in organischem Zusammenhange mit der nachgewie- senen Vorbildung und in einer, dem Verständnisse erwachsener Mädchen angemessenen Lehrform die Schülerinnen zu den Zielen des Gymnasiums zu führen.“ Es liegt eine Besprechung dieses Erlasses aus der Feder Helene Langes, der Leiterin der Berliner Gymnasialkurse, vor. Die von ihr eingerichteten Berliner Kurse sind vorbild- lich geworden für alle später begründeten. Auf ihre aller- dings glänzenden Erfolge wird verwiesen, wenn jemand – wie der Kölner Verein das tut – Gymnasialkurse als unzuläng- lich bezeichnet, wenn man an Stelle ihres nur 3- bis 5jährigen Lehrganges einen 6- bis 9jährigen setzen will, wenn man die Mädchenschule nicht als geeigneten Unterbau für gymnasiale Weiterbildung ansieht, sondern mit neunjährigen oder doch zwölfjährigen Mädchen den gymnasialen Lehrgang beginnen will. Da berührt es eigen, das vernichtende Urteil Helene Langes über den von der Regierung so warm verteidigten Unterbau der höheren Töchterschule, zu lesen. „Das positive Wissen“ (der die Mädchenschule verlassenden Mädchen) – so schreibt sie, der eine 24jährige Erfahrung als Leiterin eines Lehrerinnen-Seminars, dann als Leiterin der Real- und Gym- nasialkurse zur Seite steht, – „war mit wenigen Ausnahmen dürftig und zusammenhanglos…. Ein wahrhaft kompro- mittierendes Zeugnis für die höhere Mädchenschule sind die deutschen Aufsätze…. Jch habe längst schon davon abge- sehen, die Aufnahme (in die Gymnasialkurse) von dem Bestand des Wissens abhängig zu machen, sondern meine Prüfung nur darauf gerichtet, mir ein Urteil über die Jntelligenz der jungen Mädchen zu bilden…. Der Unterricht der höheren Mäd- Krukenberg, Frauenbewegung. 6

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-11-13T13:59:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Anna Pfundt: Konvertierung nach DTA-Basisformat. (2015-08-06T11:00:00Z)

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Zitationshilfe: Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/91>, abgerufen am 06.05.2024.