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Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905.

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schulen nicht aber die höheren Mädchenschulen mit unter
Fraueneinfluß sehen, ein Beweis, daß sie die Berechtigung der
Frauenforderungen wohl anerkennen, nur sich selbst vom Fort-
schritt auszunehmen wünschen.

Doch hängt Einstellung und erfolgreiches Wirken der Frauen
bei den hier in Betracht kommenden wie bei anderen kom-
munalen Ehrenämtern nicht von dem guten Willen der Be-
hörden allein ab, sondern ebensosehr von der Bereitwilligkeit
der ortsangesessenen Frauen, solche Aemter zu übernehmen,
von der Einsicht und Tüchtigkeit, mit der sie sich darin be-
währen. Die Zahl geeigneter Frauen zu mehren, sie fähig und
willens zu machen, zu solchem über das Haus hinausreichendem
Wirken ist daher eine gleich wichtige Aufgabe für die Frauen-
bewegungsvereine wie die Gewinnung der Behörden. Ohne
gleichzeitige Lösung dieser ersten Aufgabe bleiben Petitionen
und Eingaben - auch wenn sie Erfolg haben - wertlos. Die
den Frauen gemachten Zugeständnisse verfehlen ihre Wirkung,
wenn die Frauen nicht zur Ausübung neuer Rechte und zur
Uebernahme neuer Pflichten erzogen werden, wenn sie nicht
als gereifte Menschen ihre Stellung neben dem Manne auch
außer dem Hause einzunehmen verstehen. Deswegen muß die
Erziehung der Frauen zu vollwertigen Bürgerinnen mit dem
Versuche, neue Rechte für sie zu gewinnen, stets Hand in Hand
gehen. -

Die Gestaltung der Mädchenschule - das ist der wesent-
liche Jnhalt dieses Kapitels - ist nicht allein Sache des Mannes,
sondern ebensosehr Sache der Frau, der Lehrerin und der
Mutter. Weil sie Frau ist, muß die Lehrerin Einfluß auf die
Mädchen gewinnen durch Leitung auch öffentlicher Mädchen-
schulen, durch Unterricht in pädagogisch bedeutsamen Fächern,
muß aber - um den Unterricht in rechter Weise erteilen zu

schulen nicht aber die höheren Mädchenschulen mit unter
Fraueneinfluß sehen, ein Beweis, daß sie die Berechtigung der
Frauenforderungen wohl anerkennen, nur sich selbst vom Fort-
schritt auszunehmen wünschen.

Doch hängt Einstellung und erfolgreiches Wirken der Frauen
bei den hier in Betracht kommenden wie bei anderen kom-
munalen Ehrenämtern nicht von dem guten Willen der Be-
hörden allein ab, sondern ebensosehr von der Bereitwilligkeit
der ortsangesessenen Frauen, solche Aemter zu übernehmen,
von der Einsicht und Tüchtigkeit, mit der sie sich darin be-
währen. Die Zahl geeigneter Frauen zu mehren, sie fähig und
willens zu machen, zu solchem über das Haus hinausreichendem
Wirken ist daher eine gleich wichtige Aufgabe für die Frauen-
bewegungsvereine wie die Gewinnung der Behörden. Ohne
gleichzeitige Lösung dieser ersten Aufgabe bleiben Petitionen
und Eingaben – auch wenn sie Erfolg haben – wertlos. Die
den Frauen gemachten Zugeständnisse verfehlen ihre Wirkung,
wenn die Frauen nicht zur Ausübung neuer Rechte und zur
Uebernahme neuer Pflichten erzogen werden, wenn sie nicht
als gereifte Menschen ihre Stellung neben dem Manne auch
außer dem Hause einzunehmen verstehen. Deswegen muß die
Erziehung der Frauen zu vollwertigen Bürgerinnen mit dem
Versuche, neue Rechte für sie zu gewinnen, stets Hand in Hand
gehen. –

Die Gestaltung der Mädchenschule – das ist der wesent-
liche Jnhalt dieses Kapitels – ist nicht allein Sache des Mannes,
sondern ebensosehr Sache der Frau, der Lehrerin und der
Mutter. Weil sie Frau ist, muß die Lehrerin Einfluß auf die
Mädchen gewinnen durch Leitung auch öffentlicher Mädchen-
schulen, durch Unterricht in pädagogisch bedeutsamen Fächern,
muß aber – um den Unterricht in rechter Weise erteilen zu

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[66/0076] schulen nicht aber die höheren Mädchenschulen mit unter Fraueneinfluß sehen, ein Beweis, daß sie die Berechtigung der Frauenforderungen wohl anerkennen, nur sich selbst vom Fort- schritt auszunehmen wünschen. Doch hängt Einstellung und erfolgreiches Wirken der Frauen bei den hier in Betracht kommenden wie bei anderen kom- munalen Ehrenämtern nicht von dem guten Willen der Be- hörden allein ab, sondern ebensosehr von der Bereitwilligkeit der ortsangesessenen Frauen, solche Aemter zu übernehmen, von der Einsicht und Tüchtigkeit, mit der sie sich darin be- währen. Die Zahl geeigneter Frauen zu mehren, sie fähig und willens zu machen, zu solchem über das Haus hinausreichendem Wirken ist daher eine gleich wichtige Aufgabe für die Frauen- bewegungsvereine wie die Gewinnung der Behörden. Ohne gleichzeitige Lösung dieser ersten Aufgabe bleiben Petitionen und Eingaben – auch wenn sie Erfolg haben – wertlos. Die den Frauen gemachten Zugeständnisse verfehlen ihre Wirkung, wenn die Frauen nicht zur Ausübung neuer Rechte und zur Uebernahme neuer Pflichten erzogen werden, wenn sie nicht als gereifte Menschen ihre Stellung neben dem Manne auch außer dem Hause einzunehmen verstehen. Deswegen muß die Erziehung der Frauen zu vollwertigen Bürgerinnen mit dem Versuche, neue Rechte für sie zu gewinnen, stets Hand in Hand gehen. – Die Gestaltung der Mädchenschule – das ist der wesent- liche Jnhalt dieses Kapitels – ist nicht allein Sache des Mannes, sondern ebensosehr Sache der Frau, der Lehrerin und der Mutter. Weil sie Frau ist, muß die Lehrerin Einfluß auf die Mädchen gewinnen durch Leitung auch öffentlicher Mädchen- schulen, durch Unterricht in pädagogisch bedeutsamen Fächern, muß aber – um den Unterricht in rechter Weise erteilen zu

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-11-13T13:59:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-08-20T13:59:15Z)
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Zitationshilfe: Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/76>, abgerufen am 06.05.2024.