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Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905.

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ner und nicht auch die der Frauen mit organisieren. Und
wenn man überall vergessen sollte, an die armen Arbeiterinnen
zu denken - ich werde sie nicht vergessen!"

Diese Adresse, so fügt Gertrud Bäumer in ihrer Ge-
schichte der Frauenbewegung (im Handbuch, Teil I) hinzu,
fand in der Kommission, die des Maiaufstandes wegen dann
freilich nur bis 1849 tagte, und im Ministerium volle Wür-
digung und eingehende Beachtung.

1869 veranlaßte dann Luise Otto in Berlin die Grün-
dung eines Arbeiterinnenvereins, der jedoch nur bis 1871 be-
stand.

1881 wurde ebenfalls von einem Vorstandsmitgliede
des Allg. Dtsch. Frauenvereins, Marianne Menzzer-Dresden
die Gründung eines Frauen-Hilfsvereins für Handarbeiterinnen
angeregt, der jedoch aus Mangel an Beteiligung sich bald
wieder auflöste.

Mit solchem Vorgehen standen diese Frauen, wie gesagt, noch
durchaus vereinzelt. Nur wenige ihrer Zeit- und Gesinnungs-
genossinnen empfanden wie sie Verantwortlichkeitsgefühl für
das Wohl der arbeitenden Klassen. Jn der Frauenbewegung
drängte sich die Frage der Berufserweiterung für gebildete
Frauen, die Frage verbesserter Frauenbildung, der Kampf um
Eröffnung der Universitäten mehr und mehr in den Vorder-
grund. Denn die eigene Not, ich wies bereits darauf hin,
lag den Frauen der höheren Klassen und des Mittelstan-
des näher, machte sich ihnen schärfer fühlbar, als das Elend
unter den Proletarierinnen, auf die nur vereinzelt, z. B. mit
nachhaltiger Wirkung in Helene Langes Vortrag "Not",
aber immer im Zusammenhang mit der Not der oberen
Volksschichten hingewiesen wurde. Der Mangel an wahrhaft
sozialem Empfinden brachte es auch mit sich, daß in gar vielen

ner und nicht auch die der Frauen mit organisieren. Und
wenn man überall vergessen sollte, an die armen Arbeiterinnen
zu denken – ich werde sie nicht vergessen!“

Diese Adresse, so fügt Gertrud Bäumer in ihrer Ge-
schichte der Frauenbewegung (im Handbuch, Teil I) hinzu,
fand in der Kommission, die des Maiaufstandes wegen dann
freilich nur bis 1849 tagte, und im Ministerium volle Wür-
digung und eingehende Beachtung.

1869 veranlaßte dann Luise Otto in Berlin die Grün-
dung eines Arbeiterinnenvereins, der jedoch nur bis 1871 be-
stand.

1881 wurde ebenfalls von einem Vorstandsmitgliede
des Allg. Dtsch. Frauenvereins, Marianne Menzzer-Dresden
die Gründung eines Frauen-Hilfsvereins für Handarbeiterinnen
angeregt, der jedoch aus Mangel an Beteiligung sich bald
wieder auflöste.

Mit solchem Vorgehen standen diese Frauen, wie gesagt, noch
durchaus vereinzelt. Nur wenige ihrer Zeit- und Gesinnungs-
genossinnen empfanden wie sie Verantwortlichkeitsgefühl für
das Wohl der arbeitenden Klassen. Jn der Frauenbewegung
drängte sich die Frage der Berufserweiterung für gebildete
Frauen, die Frage verbesserter Frauenbildung, der Kampf um
Eröffnung der Universitäten mehr und mehr in den Vorder-
grund. Denn die eigene Not, ich wies bereits darauf hin,
lag den Frauen der höheren Klassen und des Mittelstan-
des näher, machte sich ihnen schärfer fühlbar, als das Elend
unter den Proletarierinnen, auf die nur vereinzelt, z. B. mit
nachhaltiger Wirkung in Helene Langes Vortrag „Not“,
aber immer im Zusammenhang mit der Not der oberen
Volksschichten hingewiesen wurde. Der Mangel an wahrhaft
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[252/0262] ner und nicht auch die der Frauen mit organisieren. Und wenn man überall vergessen sollte, an die armen Arbeiterinnen zu denken – ich werde sie nicht vergessen!“ Diese Adresse, so fügt Gertrud Bäumer in ihrer Ge- schichte der Frauenbewegung (im Handbuch, Teil I) hinzu, fand in der Kommission, die des Maiaufstandes wegen dann freilich nur bis 1849 tagte, und im Ministerium volle Wür- digung und eingehende Beachtung. 1869 veranlaßte dann Luise Otto in Berlin die Grün- dung eines Arbeiterinnenvereins, der jedoch nur bis 1871 be- stand. 1881 wurde ebenfalls von einem Vorstandsmitgliede des Allg. Dtsch. Frauenvereins, Marianne Menzzer-Dresden die Gründung eines Frauen-Hilfsvereins für Handarbeiterinnen angeregt, der jedoch aus Mangel an Beteiligung sich bald wieder auflöste. Mit solchem Vorgehen standen diese Frauen, wie gesagt, noch durchaus vereinzelt. Nur wenige ihrer Zeit- und Gesinnungs- genossinnen empfanden wie sie Verantwortlichkeitsgefühl für das Wohl der arbeitenden Klassen. Jn der Frauenbewegung drängte sich die Frage der Berufserweiterung für gebildete Frauen, die Frage verbesserter Frauenbildung, der Kampf um Eröffnung der Universitäten mehr und mehr in den Vorder- grund. Denn die eigene Not, ich wies bereits darauf hin, lag den Frauen der höheren Klassen und des Mittelstan- des näher, machte sich ihnen schärfer fühlbar, als das Elend unter den Proletarierinnen, auf die nur vereinzelt, z. B. mit nachhaltiger Wirkung in Helene Langes Vortrag „Not“, aber immer im Zusammenhang mit der Not der oberen Volksschichten hingewiesen wurde. Der Mangel an wahrhaft sozialem Empfinden brachte es auch mit sich, daß in gar vielen

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-11-13T13:59:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-08-20T13:59:15Z)
Anna Pfundt: Konvertierung nach DTA-Basisformat. (2015-08-06T11:00:00Z)

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Zitationshilfe: Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/262>, abgerufen am 11.05.2024.