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Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905.

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Jm1.Lebensjahremonatlich20Mk.
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"3.-6.""15"
"6.-16.""18"

Mit 16 Jahren erlischt die Alimentationspflicht, wie ge-
sagt, ganz, sofern das Kind nicht infolge körperlicher oder
geistiger Gebrechen außer Stande ist, sich selbst zu helfen. Außer
gerechterer Normierung der Alimentationsansprüche forderten
die Frauen, wie ich schon kurz hervorhob, Gewährung der el-
terlichen Gewalt auch für die uneheliche Mutter. Diese elter-
liche Gewalt hat die uneheliche Mutter nicht, gleichwohl hat
sie die Sorge für die Person des Kindes.

Der Gesetzgeber ging dabei von dem Grundsatz aus, daß
uneheliche Mütter meist leichtsinnige Personen seien und suchte
zwar nicht die Person des Kindes, wohl aber sein etwa vor-
handenes Vermögen vor ihren Eingriffen sicher zu stellen. Das
Vermögen bedeutete ihm mehr als die Person des Kindes, die
vollständig der Sorge und Obhut der Mutter unterstellt ist.
Darin liegt selbstverständlich eine Jnkonsequenz.

Aber Gesetze, darüber müssen wir uns klar sein, können
auf diesem Gebiete nur weniges mildern. Denn die gesetzli-
chen Bestimmungen sind fast bedeutungslos gegenüber dem
Einfluß, den Sitte und Anschauung auf die Lebensstellung der
unehelichen Mutter, des unehelichen Kindes ausüben.

Mutter und Kind sind geächtet. Einem gefallenen Mäd-
chen gegenüber war man, mit wenigen Ausnahmen, im Voll-
gefühl wohl behüteter Tugend erbarmungslos hart. Statt der
in bittere Not Geratenen die Hand zu reichen, sie vergessen zu
machen, daß ein Mann schmachvoll an ihr gehandelt, indem er
sie und ihr Kind, das doch auch sein Kind war, gewissenlos
dem blinden Schicksal überließ, statt dem Mädchen die Hand

Krukenberg, Frauenbewegung. 14
Jm1.Lebensjahremonatlich20Mk.
1.–3.18
3.–6.15
6.–16.18

Mit 16 Jahren erlischt die Alimentationspflicht, wie ge-
sagt, ganz, sofern das Kind nicht infolge körperlicher oder
geistiger Gebrechen außer Stande ist, sich selbst zu helfen. Außer
gerechterer Normierung der Alimentationsansprüche forderten
die Frauen, wie ich schon kurz hervorhob, Gewährung der el-
terlichen Gewalt auch für die uneheliche Mutter. Diese elter-
liche Gewalt hat die uneheliche Mutter nicht, gleichwohl hat
sie die Sorge für die Person des Kindes.

Der Gesetzgeber ging dabei von dem Grundsatz aus, daß
uneheliche Mütter meist leichtsinnige Personen seien und suchte
zwar nicht die Person des Kindes, wohl aber sein etwa vor-
handenes Vermögen vor ihren Eingriffen sicher zu stellen. Das
Vermögen bedeutete ihm mehr als die Person des Kindes, die
vollständig der Sorge und Obhut der Mutter unterstellt ist.
Darin liegt selbstverständlich eine Jnkonsequenz.

Aber Gesetze, darüber müssen wir uns klar sein, können
auf diesem Gebiete nur weniges mildern. Denn die gesetzli-
chen Bestimmungen sind fast bedeutungslos gegenüber dem
Einfluß, den Sitte und Anschauung auf die Lebensstellung der
unehelichen Mutter, des unehelichen Kindes ausüben.

Mutter und Kind sind geächtet. Einem gefallenen Mäd-
chen gegenüber war man, mit wenigen Ausnahmen, im Voll-
gefühl wohl behüteter Tugend erbarmungslos hart. Statt der
in bittere Not Geratenen die Hand zu reichen, sie vergessen zu
machen, daß ein Mann schmachvoll an ihr gehandelt, indem er
sie und ihr Kind, das doch auch sein Kind war, gewissenlos
dem blinden Schicksal überließ, statt dem Mädchen die Hand

Krukenberg, Frauenbewegung. 14
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[209/0219] Jm 1. Lebensjahre monatlich 20 Mk. 〃 1.–3. 〃 〃 18 〃 〃 3.–6. 〃 〃 15 〃 〃 6.–16. 〃 〃 18 〃 Mit 16 Jahren erlischt die Alimentationspflicht, wie ge- sagt, ganz, sofern das Kind nicht infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen außer Stande ist, sich selbst zu helfen. Außer gerechterer Normierung der Alimentationsansprüche forderten die Frauen, wie ich schon kurz hervorhob, Gewährung der el- terlichen Gewalt auch für die uneheliche Mutter. Diese elter- liche Gewalt hat die uneheliche Mutter nicht, gleichwohl hat sie die Sorge für die Person des Kindes. Der Gesetzgeber ging dabei von dem Grundsatz aus, daß uneheliche Mütter meist leichtsinnige Personen seien und suchte zwar nicht die Person des Kindes, wohl aber sein etwa vor- handenes Vermögen vor ihren Eingriffen sicher zu stellen. Das Vermögen bedeutete ihm mehr als die Person des Kindes, die vollständig der Sorge und Obhut der Mutter unterstellt ist. Darin liegt selbstverständlich eine Jnkonsequenz. Aber Gesetze, darüber müssen wir uns klar sein, können auf diesem Gebiete nur weniges mildern. Denn die gesetzli- chen Bestimmungen sind fast bedeutungslos gegenüber dem Einfluß, den Sitte und Anschauung auf die Lebensstellung der unehelichen Mutter, des unehelichen Kindes ausüben. Mutter und Kind sind geächtet. Einem gefallenen Mäd- chen gegenüber war man, mit wenigen Ausnahmen, im Voll- gefühl wohl behüteter Tugend erbarmungslos hart. Statt der in bittere Not Geratenen die Hand zu reichen, sie vergessen zu machen, daß ein Mann schmachvoll an ihr gehandelt, indem er sie und ihr Kind, das doch auch sein Kind war, gewissenlos dem blinden Schicksal überließ, statt dem Mädchen die Hand Krukenberg, Frauenbewegung. 14

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-11-13T13:59:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-08-20T13:59:15Z)
Anna Pfundt: Konvertierung nach DTA-Basisformat. (2015-08-06T11:00:00Z)

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Zitationshilfe: Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/219>, abgerufen am 28.04.2024.