Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905.

Bild:
<< vorherige Seite
dellen ist der Mädchenhandel. Wird nicht "frische
Ware" geliefert, so zieht das Bordell nicht, der Mann sucht
sich anderweitige Opfer. Der Staat, der den Mädchenhandel
verbietet, der dabei Bordelle erlaubt, wird zum Heuchler und
Lügner, er zieht durch das Errichten öffentlicher Häuser das
sittliche Niveau des Volkes immer tiefer herab, er gibt An-
laß, den Mädchenhandel immer weiter zu betreiben.
4) Bordelle sind nur durch Ausnahmege-
setze gegen die Frauen möglich
. Die Frauen aber
können es nicht zulassen, daß ein Teil ihres Geschlechts unter
Staatskontrolle, also mit gesetzlicher Duldung, vom Manne in
niedrigster Weise gemißbraucht wird.

Allein durch Hebung des Sittenniveaus, der sitt-
lichen Feinfühligkeit im Volke wird es gelingen, die
Prostitution einzuschränken
und im Zusammenhang da-
mit die Geschlechtskrankheiten zu verringern. Staatliche Re-
glementierung
aber, das muß man immer wieder betonen,
verwirrt und erniedrigt alle sittlichen Begriffe und
da sie, vom Manne gehandhabt, immer wieder zu einer Aus-
nahmegesetzgebung gegen die Frau wird, wird sie auch aus
diesem Grunde, weil sie die Frau männlicher Willkür preis-
gibt, die Achtung vor der Frau mindert, von Frauen und
Männern verworfen.

England ist der Beweis, daß ohne Reglementierung die
Sittenzustände und damit die Gesundheitszustände im Volke
sich heben können.

Seit Aufhebung der Reglementierung nahmen die Ge-
schlechtskrankheiten - nach amtlichen Angaben - in folgen-
den Stufen ab: (Kurven siehe nächste Seite).
"Es wäre nun kurzsichtig und einseitig", so fügt der Abo-
litionist, das Organ der deutschen Föderation hinzu, "wenn man

dellen ist der Mädchenhandel. Wird nicht „frische
Ware“ geliefert, so zieht das Bordell nicht, der Mann sucht
sich anderweitige Opfer. Der Staat, der den Mädchenhandel
verbietet, der dabei Bordelle erlaubt, wird zum Heuchler und
Lügner, er zieht durch das Errichten öffentlicher Häuser das
sittliche Niveau des Volkes immer tiefer herab, er gibt An-
laß, den Mädchenhandel immer weiter zu betreiben.
4) Bordelle sind nur durch Ausnahmege-
setze gegen die Frauen möglich
. Die Frauen aber
können es nicht zulassen, daß ein Teil ihres Geschlechts unter
Staatskontrolle, also mit gesetzlicher Duldung, vom Manne in
niedrigster Weise gemißbraucht wird.

Allein durch Hebung des Sittenniveaus, der sitt-
lichen Feinfühligkeit im Volke wird es gelingen, die
Prostitution einzuschränken
und im Zusammenhang da-
mit die Geschlechtskrankheiten zu verringern. Staatliche Re-
glementierung
aber, das muß man immer wieder betonen,
verwirrt und erniedrigt alle sittlichen Begriffe und
da sie, vom Manne gehandhabt, immer wieder zu einer Aus-
nahmegesetzgebung gegen die Frau wird, wird sie auch aus
diesem Grunde, weil sie die Frau männlicher Willkür preis-
gibt, die Achtung vor der Frau mindert, von Frauen und
Männern verworfen.

England ist der Beweis, daß ohne Reglementierung die
Sittenzustände und damit die Gesundheitszustände im Volke
sich heben können.

Seit Aufhebung der Reglementierung nahmen die Ge-
schlechtskrankheiten – nach amtlichen Angaben – in folgen-
den Stufen ab: (Kurven siehe nächste Seite).
„Es wäre nun kurzsichtig und einseitig“, so fügt der Abo-
litionist, das Organ der deutschen Föderation hinzu, „wenn man

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <list>
          <item><hi rendition="#g"><pb facs="#f0167" n="157"/>
dellen ist der Mädchenhandel</hi>. Wird nicht &#x201E;frische<lb/>
Ware&#x201C; geliefert, so zieht das Bordell nicht, der Mann sucht<lb/>
sich anderweitige Opfer. Der Staat, der den Mädchenhandel<lb/>
verbietet, der dabei Bordelle erlaubt, wird zum Heuchler und<lb/>
Lügner, er zieht durch das Errichten öffentlicher Häuser das<lb/>
sittliche Niveau des Volkes immer tiefer herab, er gibt An-<lb/>
laß, den Mädchenhandel immer weiter zu betreiben.</item><lb/>
          <item>4) <hi rendition="#g">Bordelle sind nur durch Ausnahmege-<lb/>
setze gegen die Frauen möglich</hi>. Die Frauen aber<lb/>
können es nicht zulassen, daß ein Teil ihres Geschlechts unter<lb/>
Staatskontrolle, also mit gesetzlicher Duldung, vom Manne in<lb/>
niedrigster Weise gemißbraucht wird.</item><lb/>
        </list>
        <p><hi rendition="#g">Allein durch Hebung des Sittenniveaus, der sitt-<lb/>
lichen Feinfühligkeit im Volke wird es gelingen, die<lb/>
Prostitution einzuschränken</hi> und im Zusammenhang da-<lb/>
mit die Geschlechtskrankheiten zu verringern. <hi rendition="#g">Staatliche Re-<lb/>
glementierung</hi> aber, das muß man immer wieder betonen,<lb/><hi rendition="#g">verwirrt und erniedrigt alle sittlichen Begriffe</hi> und<lb/>
da sie, vom Manne gehandhabt, immer wieder zu einer Aus-<lb/>
nahmegesetzgebung gegen die <hi rendition="#g">Frau</hi> wird, wird sie auch aus<lb/>
diesem Grunde, weil sie die Frau männlicher Willkür preis-<lb/>
gibt, die Achtung vor der Frau mindert, von Frauen und<lb/>
Männern verworfen.</p><lb/>
        <p>England ist der Beweis, daß <hi rendition="#g">ohne</hi> Reglementierung die<lb/>
Sittenzustände und damit die Gesundheitszustände im Volke<lb/>
sich heben können.</p><lb/>
        <p>Seit Aufhebung der Reglementierung nahmen die Ge-<lb/>
schlechtskrankheiten &#x2013; nach amtlichen Angaben &#x2013; in folgen-<lb/>
den Stufen ab: (Kurven siehe nächste Seite).<lb/>
&#x201E;Es wäre nun kurzsichtig und einseitig&#x201C;, so fügt der Abo-<lb/>
litionist, das Organ der deutschen Föderation hinzu, &#x201E;wenn man<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[157/0167] dellen ist der Mädchenhandel. Wird nicht „frische Ware“ geliefert, so zieht das Bordell nicht, der Mann sucht sich anderweitige Opfer. Der Staat, der den Mädchenhandel verbietet, der dabei Bordelle erlaubt, wird zum Heuchler und Lügner, er zieht durch das Errichten öffentlicher Häuser das sittliche Niveau des Volkes immer tiefer herab, er gibt An- laß, den Mädchenhandel immer weiter zu betreiben. 4) Bordelle sind nur durch Ausnahmege- setze gegen die Frauen möglich. Die Frauen aber können es nicht zulassen, daß ein Teil ihres Geschlechts unter Staatskontrolle, also mit gesetzlicher Duldung, vom Manne in niedrigster Weise gemißbraucht wird. Allein durch Hebung des Sittenniveaus, der sitt- lichen Feinfühligkeit im Volke wird es gelingen, die Prostitution einzuschränken und im Zusammenhang da- mit die Geschlechtskrankheiten zu verringern. Staatliche Re- glementierung aber, das muß man immer wieder betonen, verwirrt und erniedrigt alle sittlichen Begriffe und da sie, vom Manne gehandhabt, immer wieder zu einer Aus- nahmegesetzgebung gegen die Frau wird, wird sie auch aus diesem Grunde, weil sie die Frau männlicher Willkür preis- gibt, die Achtung vor der Frau mindert, von Frauen und Männern verworfen. England ist der Beweis, daß ohne Reglementierung die Sittenzustände und damit die Gesundheitszustände im Volke sich heben können. Seit Aufhebung der Reglementierung nahmen die Ge- schlechtskrankheiten – nach amtlichen Angaben – in folgen- den Stufen ab: (Kurven siehe nächste Seite). „Es wäre nun kurzsichtig und einseitig“, so fügt der Abo- litionist, das Organ der deutschen Föderation hinzu, „wenn man

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-11-13T13:59:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-08-20T13:59:15Z)
Anna Pfundt: Konvertierung nach DTA-Basisformat. (2015-08-06T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: wie Vorlage; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/167
Zitationshilfe: Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/167>, abgerufen am 02.05.2024.