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Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746.

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in den allerältesten Zeiten.
theilter Nachricht von einer mit dem Käyser gehabten Un-
terredung: daß, da er gegen diesen Prinzen, bey Gele-
genheit eines Gemähldes von Noah, so er demselben ge-
zeiget, der Sündfluth gedacht, und dabey erzählet habe,
daß von diesem Propheten, und denen, die mit demsel-
ben in den Kasten gewesen, die gesammte Erde sey bevölkert
worden; so habe der Käyser lachend geantwortet: Jm
Nahmen des Noah irrest du nicht; was aber die
allgemeine Ueberschwemmung betrift, so wissen
wir von derselben gar nichts. Es ist wahr, daß
die Sündfluth einen Theil der Erde überschwem-
met hat, sie reichte aber nicht bis an unsere Ge-
gend, ja nicht einmal bis nach Jndien. Ebn
Schocknah
rechnet die Chieneser unter diejenigen, so
die Sündfluth leugnen.

§. 40.

Aller dieser Zeugnisse ohngeachtet, welche die Allge-
meinheit der Sündfluth behaupten, hat es doch sehr viele
gegeben, welche dabey so viele Schwierigkeiten anzutref-
fen gemeint haben, daß sie auf die Gedanken gerathen: es
habe sich diese Ueberschwemmung nur über einen sehr klei-
nen Theil der Erde, und sonderlich nur über Palästina
erstreckt. Wenn man dieses annehmen wollte, so wäre
kein grosses Kopf brechen nöthig, um den Ursprung der
Sündfluth begreiflich zu machen. Denn zu der Hervor-
bringung einzelner Ueberschwemmungen sind gnugsame
Mittel in der Natur vorhanden, und ihre Möglichkeit kan
durch die Wirklichkeit so vieler solcher Begebenheiten völ-
lig ausser Zweifel gesetzt werden. Es bleibet auch aller-
dings bey den Erzehlungen der heydnischen Geschicht-
schreiber immer der Zweifel übrig; ob sie nicht eine kleine
rednerische Figur darinnen gemacht, und an statt der
Ueberschwemmung ihres Landes den ganzen Erdboden ge-
nennet haben: weil ihnen vielleicht die übrigen Länder der

Erde
E 5

in den alleraͤlteſten Zeiten.
theilter Nachricht von einer mit dem Kaͤyſer gehabten Un-
terredung: daß, da er gegen dieſen Prinzen, bey Gele-
genheit eines Gemaͤhldes von Noah, ſo er demſelben ge-
zeiget, der Suͤndfluth gedacht, und dabey erzaͤhlet habe,
daß von dieſem Propheten, und denen, die mit demſel-
ben in den Kaſten geweſen, die geſammte Erde ſey bevoͤlkert
worden; ſo habe der Kaͤyſer lachend geantwortet: Jm
Nahmen des Noah irreſt du nicht; was aber die
allgemeine Ueberſchwemmung betrift, ſo wiſſen
wir von derſelben gar nichts. Es iſt wahr, daß
die Suͤndfluth einen Theil der Erde uͤberſchwem-
met hat, ſie reichte aber nicht bis an unſere Ge-
gend, ja nicht einmal bis nach Jndien. Ebn
Schocknah
rechnet die Chieneſer unter diejenigen, ſo
die Suͤndfluth leugnen.

§. 40.

Aller dieſer Zeugniſſe ohngeachtet, welche die Allge-
meinheit der Suͤndfluth behaupten, hat es doch ſehr viele
gegeben, welche dabey ſo viele Schwierigkeiten anzutref-
fen gemeint haben, daß ſie auf die Gedanken gerathen: es
habe ſich dieſe Ueberſchwemmung nur uͤber einen ſehr klei-
nen Theil der Erde, und ſonderlich nur uͤber Palaͤſtina
erſtreckt. Wenn man dieſes annehmen wollte, ſo waͤre
kein groſſes Kopf brechen noͤthig, um den Urſprung der
Suͤndfluth begreiflich zu machen. Denn zu der Hervor-
bringung einzelner Ueberſchwemmungen ſind gnugſame
Mittel in der Natur vorhanden, und ihre Moͤglichkeit kan
durch die Wirklichkeit ſo vieler ſolcher Begebenheiten voͤl-
lig auſſer Zweifel geſetzt werden. Es bleibet auch aller-
dings bey den Erzehlungen der heydniſchen Geſchicht-
ſchreiber immer der Zweifel uͤbrig; ob ſie nicht eine kleine
redneriſche Figur darinnen gemacht, und an ſtatt der
Ueberſchwemmung ihres Landes den ganzen Erdboden ge-
nennet haben: weil ihnen vielleicht die uͤbrigen Laͤnder der

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[73/0087] in den alleraͤlteſten Zeiten. theilter Nachricht von einer mit dem Kaͤyſer gehabten Un- terredung: daß, da er gegen dieſen Prinzen, bey Gele- genheit eines Gemaͤhldes von Noah, ſo er demſelben ge- zeiget, der Suͤndfluth gedacht, und dabey erzaͤhlet habe, daß von dieſem Propheten, und denen, die mit demſel- ben in den Kaſten geweſen, die geſammte Erde ſey bevoͤlkert worden; ſo habe der Kaͤyſer lachend geantwortet: Jm Nahmen des Noah irreſt du nicht; was aber die allgemeine Ueberſchwemmung betrift, ſo wiſſen wir von derſelben gar nichts. Es iſt wahr, daß die Suͤndfluth einen Theil der Erde uͤberſchwem- met hat, ſie reichte aber nicht bis an unſere Ge- gend, ja nicht einmal bis nach Jndien. Ebn Schocknah rechnet die Chieneſer unter diejenigen, ſo die Suͤndfluth leugnen. §. 40. Aller dieſer Zeugniſſe ohngeachtet, welche die Allge- meinheit der Suͤndfluth behaupten, hat es doch ſehr viele gegeben, welche dabey ſo viele Schwierigkeiten anzutref- fen gemeint haben, daß ſie auf die Gedanken gerathen: es habe ſich dieſe Ueberſchwemmung nur uͤber einen ſehr klei- nen Theil der Erde, und ſonderlich nur uͤber Palaͤſtina erſtreckt. Wenn man dieſes annehmen wollte, ſo waͤre kein groſſes Kopf brechen noͤthig, um den Urſprung der Suͤndfluth begreiflich zu machen. Denn zu der Hervor- bringung einzelner Ueberſchwemmungen ſind gnugſame Mittel in der Natur vorhanden, und ihre Moͤglichkeit kan durch die Wirklichkeit ſo vieler ſolcher Begebenheiten voͤl- lig auſſer Zweifel geſetzt werden. Es bleibet auch aller- dings bey den Erzehlungen der heydniſchen Geſchicht- ſchreiber immer der Zweifel uͤbrig; ob ſie nicht eine kleine redneriſche Figur darinnen gemacht, und an ſtatt der Ueberſchwemmung ihres Landes den ganzen Erdboden ge- nennet haben: weil ihnen vielleicht die uͤbrigen Laͤnder der Erde E 5

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Zitationshilfe: Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/87>, abgerufen am 27.11.2024.