Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746.Geschichte der Erde prophezeyhen, welcher nach Whistons Gedanken zur Zeitder Sündfluth der Erde viel näher als der Mond gekom- men seyn soll. Es ist also viel glaublicher, daß unsere Erde eine Eroberung gemacht haben würde: weil die Sternverständige versichern, daß dieser Comete kleiner als unsere Erde gewesen wäre. Man muß diesen Ein- wurf für keine Kleinigkeit ansehen, denn wenn sich die anziehende Kraft der Weltcörper nicht allzuweit erstreckte; und um wichtiger Ursachen willen sehr weit erstrecken mü- ste: so würden nimmermehr die Planeten in so grossen Entfernungen von einander gesetzt worden seyn. Zwi- schen den Saturn und Jupiter ist eine grosse Kluft be- vestigt, und gleichwol ziehn sie einander an sich wenn sie in conjunction gerathen, was würde nun nicht gesche- hen, wenn sie noch näher beysammen stehen sollten? wür- de nicht der ehrliche Saturn das Unglück haben, zu einen Jupiters Trabanten zu werden, und seine eigene Mon- den würden sich genöthiget sehen ihm hierinne zu folgen. Jch bin daher der Meinung, daß der ungeheuren Ent- fernung der Weltkörper von einander ohngeachtet kein Raum in den Weltgebäude verschwendet worden sey. Wenn man dieses wüste oder bedächte: so würde man niemals die Abwesenheit eines leeren Raums auf eine so seltsame Art aus den Begriffe der Vollkommenheit herzu- leiten suchen. Wenn man sagt: Die Vollkommenheit bestehe in der Uebereinstimmung des mannigfaltigen. Hieraus fliesset, daß sie desto grösser seyn müste; je meh- rere Dinge vorhanden sind, unter welchen dergleichen Uebereinstimmung anzutreffen ist. Nun sind mehrere Din- ge in der Welt vorhanden, wenn alles mit Körpern er- füllt; als wenn ein leerer Raum darinn anzutreffen ist. Und da man aus andern Gründeu weiß, daß diese Welt vollkommen sey: so schliest man, daß es keinen leeren Raum darinnen gebe. Aber das ist schlimm, daß man nicht vorher ausgemacht hat; ob nicht eine grössere Un- voll-
Geſchichte der Erde prophezeyhen, welcher nach Whiſtons Gedanken zur Zeitder Suͤndfluth der Erde viel naͤher als der Mond gekom- men ſeyn ſoll. Es iſt alſo viel glaublicher, daß unſere Erde eine Eroberung gemacht haben wuͤrde: weil die Sternverſtaͤndige verſichern, daß dieſer Comete kleiner als unſere Erde geweſen waͤre. Man muß dieſen Ein- wurf fuͤr keine Kleinigkeit anſehen, denn wenn ſich die anziehende Kraft der Weltcoͤrper nicht allzuweit erſtreckte; und um wichtiger Urſachen willen ſehr weit erſtrecken muͤ- ſte: ſo wuͤrden nimmermehr die Planeten in ſo groſſen Entfernungen von einander geſetzt worden ſeyn. Zwi- ſchen den Saturn und Jupiter iſt eine groſſe Kluft be- veſtigt, und gleichwol ziehn ſie einander an ſich wenn ſie in conjunction gerathen, was wuͤrde nun nicht geſche- hen, wenn ſie noch naͤher beyſammen ſtehen ſollten? wuͤr- de nicht der ehrliche Saturn das Ungluͤck haben, zu einen Jupiters Trabanten zu werden, und ſeine eigene Mon- den wuͤrden ſich genoͤthiget ſehen ihm hierinne zu folgen. Jch bin daher der Meinung, daß der ungeheuren Ent- fernung der Weltkoͤrper von einander ohngeachtet kein Raum in den Weltgebaͤude verſchwendet worden ſey. Wenn man dieſes wuͤſte oder bedaͤchte: ſo wuͤrde man niemals die Abweſenheit eines leeren Raums auf eine ſo ſeltſame Art aus den Begriffe der Vollkommenheit herzu- leiten ſuchen. Wenn man ſagt: Die Vollkommenheit beſtehe in der Uebereinſtimmung des mannigfaltigen. Hieraus flieſſet, daß ſie deſto groͤſſer ſeyn muͤſte; je meh- rere Dinge vorhanden ſind, unter welchen dergleichen Uebereinſtimmung anzutreffen iſt. Nun ſind mehrere Din- ge in der Welt vorhanden, wenn alles mit Koͤrpern er- fuͤllt; als wenn ein leerer Raum darinn anzutreffen iſt. Und da man aus andern Gruͤndeu weiß, daß dieſe Welt vollkommen ſey: ſo ſchlieſt man, daß es keinen leeren Raum darinnen gebe. Aber das iſt ſchlimm, daß man nicht vorher ausgemacht hat; ob nicht eine groͤſſere Un- voll-
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Geſchichte der Erde
prophezeyhen, welcher nach Whiſtons Gedanken zur Zeit
der Suͤndfluth der Erde viel naͤher als der Mond gekom-
men ſeyn ſoll. Es iſt alſo viel glaublicher, daß unſere
Erde eine Eroberung gemacht haben wuͤrde: weil die
Sternverſtaͤndige verſichern, daß dieſer Comete kleiner
als unſere Erde geweſen waͤre. Man muß dieſen Ein-
wurf fuͤr keine Kleinigkeit anſehen, denn wenn ſich die
anziehende Kraft der Weltcoͤrper nicht allzuweit erſtreckte;
und um wichtiger Urſachen willen ſehr weit erſtrecken muͤ-
ſte: ſo wuͤrden nimmermehr die Planeten in ſo groſſen
Entfernungen von einander geſetzt worden ſeyn. Zwi-
ſchen den Saturn und Jupiter iſt eine groſſe Kluft be-
veſtigt, und gleichwol ziehn ſie einander an ſich wenn
ſie in conjunction gerathen, was wuͤrde nun nicht geſche-
hen, wenn ſie noch naͤher beyſammen ſtehen ſollten? wuͤr-
de nicht der ehrliche Saturn das Ungluͤck haben, zu einen
Jupiters Trabanten zu werden, und ſeine eigene Mon-
den wuͤrden ſich genoͤthiget ſehen ihm hierinne zu folgen.
Jch bin daher der Meinung, daß der ungeheuren Ent-
fernung der Weltkoͤrper von einander ohngeachtet kein
Raum in den Weltgebaͤude verſchwendet worden ſey.
Wenn man dieſes wuͤſte oder bedaͤchte: ſo wuͤrde man
niemals die Abweſenheit eines leeren Raums auf eine ſo
ſeltſame Art aus den Begriffe der Vollkommenheit herzu-
leiten ſuchen. Wenn man ſagt: Die Vollkommenheit
beſtehe in der Uebereinſtimmung des mannigfaltigen.
Hieraus flieſſet, daß ſie deſto groͤſſer ſeyn muͤſte; je meh-
rere Dinge vorhanden ſind, unter welchen dergleichen
Uebereinſtimmung anzutreffen iſt. Nun ſind mehrere Din-
ge in der Welt vorhanden, wenn alles mit Koͤrpern er-
fuͤllt; als wenn ein leerer Raum darinn anzutreffen iſt.
Und da man aus andern Gruͤndeu weiß, daß dieſe Welt
vollkommen ſey: ſo ſchlieſt man, daß es keinen leeren
Raum darinnen gebe. Aber das iſt ſchlimm, daß man
nicht vorher ausgemacht hat; ob nicht eine groͤſſere Un-
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Zitationshilfe: | Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/80>, abgerufen am 05.07.2024. |