Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743.nicht die Ehre gegeben, und sind mit hin- ein gegangen? Ach! ich mag sie jetzt nicht gern alleine lassen, gnädige Frau, weil sie mit dem geistlichen Zufalle als eine ehr- würdige Creutzträgerin behaftet sind. Jch wollte, daß ich sie mit meinem Gedete völ- lig davon befreyen könnte, ich wollte Tag und Nacht für sie auf den Knien liegen. Fr. v. B. Ach so viel verdient eine arme Sün- derin nicht. Doch, wollten sie es nicht ver- suchen, einen ganzen Tag beständig für mich zu beten, Herr Pastor? Muffel. (für sich) Daß möchte ein Schelm aushalten. (zur Fr. von B.) O ja, gnädi- ge Frau, ihnen zur Liebe, wohl eine ganze Woche. Fr. v. B. (für sich) Eine ganze Woche wür- de mir zu viel Geld kosten. (zu Muffeln) Nur einen Tag, und den will ich ihnen recht gut bezahlen, denn ich weiß, daß ihr Körper auch leben will. Muffel. O der Madensack braucht nicht viel! aber mein Gewissen treibt mich, ihnen eine Sache zu entdecken, für der sie sich zu hü- ten haben. Sie trauen dem Herrn Tem- pelstolz etwas zu viel zu, er hat noch nicht solch ein rechtschaffenes Herz, als sie wohl denken, und es sollte mir leid thun - - - Fr. v. B. Ey! Ey! was haben sie auf den Herrn Tempelstolz zu sagen? er ist ein from- mer Mann, er ist rechtschaffen, er ist ein Eyfrer, er ist mein Beichtvater. Muffel. E 5
nicht die Ehre gegeben, und ſind mit hin- ein gegangen? Ach! ich mag ſie jetzt nicht gern alleine laſſen, gnaͤdige Frau, weil ſie mit dem geiſtlichen Zufalle als eine ehr- wuͤrdige Creutztraͤgerin behaftet ſind. Jch wollte, daß ich ſie mit meinem Gedete voͤl- lig davon befreyen koͤnnte, ich wollte Tag und Nacht fuͤr ſie auf den Knien liegen. Fr. v. B. Ach ſo viel verdient eine arme Suͤn- derin nicht. Doch, wollten ſie es nicht ver- ſuchen, einen ganzen Tag beſtaͤndig fuͤr mich zu beten, Herr Paſtor? Muffel. (fuͤr ſich) Daß moͤchte ein Schelm aushalten. (zur Fr. von B.) O ja, gnaͤdi- ge Frau, ihnen zur Liebe, wohl eine ganze Woche. Fr. v. B. (fuͤr ſich) Eine ganze Woche wuͤr- de mir zu viel Geld koſten. (zu Muffeln) Nur einen Tag, und den will ich ihnen recht gut bezahlen, denn ich weiß, daß ihr Koͤrper auch leben will. Muffel. O der Madenſack braucht nicht viel! aber mein Gewiſſen treibt mich, ihnen eine Sache zu entdecken, fuͤr der ſie ſich zu huͤ- ten haben. Sie trauen dem Herrn Tem- pelſtolz etwas zu viel zu, er hat noch nicht ſolch ein rechtſchaffenes Herz, als ſie wohl denken, und es ſollte mir leid thun ‒ ‒ ‒ Fr. v. B. Ey! Ey! was haben ſie auf den Herrn Tempelſtolz zu ſagen? er iſt ein from- mer Mann, er iſt rechtſchaffen, er iſt ein Eyfrer, er iſt mein Beichtvater. Muffel. E 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#MUF"> <p><pb facs="#f0077" n="73"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> nicht die Ehre gegeben, und ſind mit hin-<lb/> ein gegangen? Ach! ich mag ſie jetzt nicht<lb/> gern alleine laſſen, gnaͤdige Frau, weil ſie<lb/> mit dem geiſtlichen Zufalle als eine ehr-<lb/> wuͤrdige Creutztraͤgerin behaftet ſind. Jch<lb/> wollte, daß ich ſie mit meinem Gedete voͤl-<lb/> lig davon befreyen koͤnnte, ich wollte Tag<lb/> und Nacht fuͤr ſie auf den Knien liegen.</p> </sp><lb/> <sp who="#FVB"> <speaker>Fr. v. B.</speaker> <p>Ach ſo viel verdient eine arme Suͤn-<lb/> derin nicht. Doch, wollten ſie es nicht ver-<lb/> ſuchen, einen ganzen Tag beſtaͤndig fuͤr mich<lb/> zu beten, Herr Paſtor?</p> </sp><lb/> <sp who="#MUF"> <speaker>Muffel.</speaker> <stage>(fuͤr ſich)</stage> <p>Daß moͤchte ein Schelm<lb/> aushalten. <stage>(zur Fr. von B.)</stage> O ja, gnaͤdi-<lb/> ge Frau, ihnen zur Liebe, wohl eine ganze<lb/> Woche.</p> </sp><lb/> <sp who="#FVB"> <speaker>Fr. v. B.</speaker> <stage>(fuͤr ſich)</stage> <p>Eine ganze Woche wuͤr-<lb/> de mir zu viel Geld koſten. <stage>(zu Muffeln)</stage><lb/> Nur einen Tag, und den will ich ihnen<lb/> recht gut bezahlen, denn ich weiß, daß ihr<lb/> Koͤrper auch leben will.</p> </sp><lb/> <sp who="#MUF"> <speaker>Muffel.</speaker> <p>O der Madenſack braucht nicht viel!<lb/> aber mein Gewiſſen treibt mich, ihnen eine<lb/> Sache zu entdecken, fuͤr der ſie ſich zu huͤ-<lb/> ten haben. Sie trauen dem Herrn Tem-<lb/> pelſtolz etwas zu viel zu, er hat noch nicht<lb/> ſolch ein rechtſchaffenes Herz, als ſie wohl<lb/> denken, und es ſollte mir leid thun ‒ ‒ ‒</p> </sp><lb/> <sp who="#FVB"> <speaker>Fr. v. B.</speaker> <p>Ey! Ey! was haben ſie auf den<lb/> Herrn Tempelſtolz zu ſagen? er iſt ein from-<lb/> mer Mann, er iſt rechtſchaffen, er iſt ein<lb/> Eyfrer, er iſt mein Beichtvater.</p> </sp><lb/> <fw place="bottom" type="sig">E 5</fw> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Muffel.</hi> </fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [73/0077]
nicht die Ehre gegeben, und ſind mit hin-
ein gegangen? Ach! ich mag ſie jetzt nicht
gern alleine laſſen, gnaͤdige Frau, weil ſie
mit dem geiſtlichen Zufalle als eine ehr-
wuͤrdige Creutztraͤgerin behaftet ſind. Jch
wollte, daß ich ſie mit meinem Gedete voͤl-
lig davon befreyen koͤnnte, ich wollte Tag
und Nacht fuͤr ſie auf den Knien liegen.
Fr. v. B. Ach ſo viel verdient eine arme Suͤn-
derin nicht. Doch, wollten ſie es nicht ver-
ſuchen, einen ganzen Tag beſtaͤndig fuͤr mich
zu beten, Herr Paſtor?
Muffel. (fuͤr ſich) Daß moͤchte ein Schelm
aushalten. (zur Fr. von B.) O ja, gnaͤdi-
ge Frau, ihnen zur Liebe, wohl eine ganze
Woche.
Fr. v. B. (fuͤr ſich) Eine ganze Woche wuͤr-
de mir zu viel Geld koſten. (zu Muffeln)
Nur einen Tag, und den will ich ihnen
recht gut bezahlen, denn ich weiß, daß ihr
Koͤrper auch leben will.
Muffel. O der Madenſack braucht nicht viel!
aber mein Gewiſſen treibt mich, ihnen eine
Sache zu entdecken, fuͤr der ſie ſich zu huͤ-
ten haben. Sie trauen dem Herrn Tem-
pelſtolz etwas zu viel zu, er hat noch nicht
ſolch ein rechtſchaffenes Herz, als ſie wohl
denken, und es ſollte mir leid thun ‒ ‒ ‒
Fr. v. B. Ey! Ey! was haben ſie auf den
Herrn Tempelſtolz zu ſagen? er iſt ein from-
mer Mann, er iſt rechtſchaffen, er iſt ein
Eyfrer, er iſt mein Beichtvater.
Muffel.
E 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_geistliche_1743 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_geistliche_1743/77 |
Zitationshilfe: | Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_geistliche_1743/77>, abgerufen am 16.02.2025. |