Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743.bey einem alten Hausbesen von 65. Jah- ren verschwenden wollte. Muffel. Das hätt ich ihnen selbst verdacht. Aber bedenken sie hierbey auch ihr Ge- wissen? denn sie haben ihr doch durch das Versprechen ihrer Ehe meist 200. Rthlr. abgeschwatzt, durch welche sie die Pfarre bekommen haben; und sie müsten vielleicht diese Stunde noch das A, B, C, in der Armenschule lehren, wann die alte Brigitte nicht gewesen wäre. Tempelst. Sie wollen selbst ein Geistlicher seyn, und reden doch so gewissenhaft von einer Sache, aus weicher sich kein Geistlicher ein Gewissen macht. Die alte Brigitte und die 200. Rthlr. waren der Weg, den mir der Himmel zeigte, in ein Amt zu kom- men, aber das glaub ich nicht, daß es der Brigitte hat ein Weg seyn sollen, sich in ih- rem Alter zu verheyrathen. Muffel. Freylich, der Himmel hat wunderliche, krumme Wege, einen Candidaten in ein Amt zu verhelfen. Aber wie leben denn die Stadtprediger? sie werden vermuthlich einige besucht haben. Tempelst. O! die leben weit ruhiger, als wir auf dem Lande, sie haben im Amte und in der Haushaltung wenig zu thun. Sie bekommen auch solche amtsmässige Bäu- che, welche den Gemüthern ihrer Zuhörer die gröste Ehrfurcht für ihre Heiligkeit ein- jagen. Meinen ersten Besuch hab ich bey dem C
bey einem alten Hausbeſen von 65. Jah- ren verſchwenden wollte. Muffel. Das haͤtt ich ihnen ſelbſt verdacht. Aber bedenken ſie hierbey auch ihr Ge- wiſſen? denn ſie haben ihr doch durch das Verſprechen ihrer Ehe meiſt 200. Rthlr. abgeſchwatzt, durch welche ſie die Pfarre bekommen haben; und ſie muͤſten vielleicht dieſe Stunde noch das A, B, C, in der Armenſchule lehren, wann die alte Brigitte nicht geweſen waͤre. Tempelſt. Sie wollen ſelbſt ein Geiſtlicher ſeyn, und reden doch ſo gewiſſenhaft von einer Sache, aus weicher ſich kein Geiſtlicher ein Gewiſſen macht. Die alte Brigitte und die 200. Rthlr. waren der Weg, den mir der Himmel zeigte, in ein Amt zu kom- men, aber das glaub ich nicht, daß es der Brigitte hat ein Weg ſeyn ſollen, ſich in ih- rem Alter zu verheyrathen. Muffel. Freylich, der Himmel hat wunderliche, krumme Wege, einen Candidaten in ein Amt zu verhelfen. Aber wie leben denn die Stadtprediger? ſie werden vermuthlich einige beſucht haben. Tempelſt. O! die leben weit ruhiger, als wir auf dem Lande, ſie haben im Amte und in der Haushaltung wenig zu thun. Sie bekommen auch ſolche amtsmaͤſſige Baͤu- che, welche den Gemuͤthern ihrer Zuhoͤrer die groͤſte Ehrfurcht fuͤr ihre Heiligkeit ein- jagen. Meinen erſten Beſuch hab ich bey dem C
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bey einem alten Hausbeſen von 65. Jah-
ren verſchwenden wollte.
Muffel. Das haͤtt ich ihnen ſelbſt verdacht.
Aber bedenken ſie hierbey auch ihr Ge-
wiſſen? denn ſie haben ihr doch durch das
Verſprechen ihrer Ehe meiſt 200. Rthlr.
abgeſchwatzt, durch welche ſie die Pfarre
bekommen haben; und ſie muͤſten vielleicht
dieſe Stunde noch das A, B, C, in der
Armenſchule lehren, wann die alte Brigitte
nicht geweſen waͤre.
Tempelſt. Sie wollen ſelbſt ein Geiſtlicher ſeyn,
und reden doch ſo gewiſſenhaft von einer
Sache, aus weicher ſich kein Geiſtlicher
ein Gewiſſen macht. Die alte Brigitte
und die 200. Rthlr. waren der Weg, den
mir der Himmel zeigte, in ein Amt zu kom-
men, aber das glaub ich nicht, daß es der
Brigitte hat ein Weg ſeyn ſollen, ſich in ih-
rem Alter zu verheyrathen.
Muffel. Freylich, der Himmel hat wunderliche,
krumme Wege, einen Candidaten in ein
Amt zu verhelfen. Aber wie leben denn
die Stadtprediger? ſie werden vermuthlich
einige beſucht haben.
Tempelſt. O! die leben weit ruhiger, als wir
auf dem Lande, ſie haben im Amte und
in der Haushaltung wenig zu thun. Sie
bekommen auch ſolche amtsmaͤſſige Baͤu-
che, welche den Gemuͤthern ihrer Zuhoͤrer
die groͤſte Ehrfurcht fuͤr ihre Heiligkeit ein-
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