Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743.ehrt ist, und den die ganze Stadt, und er selbst, für den frömmsten unter der Sonnen hält; sein Sohn soll auch dereinst reich, geehrt, und fromm werden, darum muß sein Sohn ein Prediger werden; denn ei- nem Prediger, wie er sich überredet, kan keines von diesen fehlen. Der Sohn wird mit der Bedrohung, enterbet zu werden, auf Academien geschickt, er muß Theologie stu- diren, damit er sich zwey Jahre hernach vom Pöbel könne verehren lassen, damit er fromm scheine, und damit er eine sette Pfarre davon tragen könne. Herr v. R. O der Sohn wird ein stolzer, un- wissender, und geitziger Heuchler werden! aber schlägt die Wahl der Lehrer nicht glücklicher aus? Wahrm. Diese Wahl überschüttet den Staat mit den allerschädlichsten Creaturen. Denn ein Schulmonarch, welcher einem Vater seines Kindes wegen rathen soll, schliesset allemal bey sich selbst nach folgen- den vier Arten. Entweder, Hanns ist dumm, Hanns muß ein Prediger werden; oder Hanns ist tückisch, Hanns muß ein Prediger werden; oder Hanns ist ein Freund der Schulfüchserey, Hanns muß ein Prediger werden; oder Hanns kan gut schreyen, Hanns muß ein Prediger werden. Hierauf wird Hanns trotz der Vernunft, und trotz seinem Triebe, ein Prediger, weil ihn der Herr Recktor, oder der
ehrt iſt, und den die ganze Stadt, und er ſelbſt, fuͤr den froͤmmſten unter der Sonnen haͤlt; ſein Sohn ſoll auch dereinſt reich, geehrt, und fromm werden, darum muß ſein Sohn ein Prediger werden; denn ei- nem Prediger, wie er ſich uͤberredet, kan keines von dieſen fehlen. Der Sohn wird mit der Bedrohung, enterbet zu werden, auf Academien geſchickt, er muß Theologie ſtu- diren, damit er ſich zwey Jahre hernach vom Poͤbel koͤnne verehren laſſen, damit er fromm ſcheine, und damit er eine ſette Pfarre davon tragen koͤnne. Herr v. R. O der Sohn wird ein ſtolzer, un- wiſſender, und geitziger Heuchler werden! aber ſchlaͤgt die Wahl der Lehrer nicht gluͤcklicher aus? Wahrm. Dieſe Wahl uͤberſchuͤttet den Staat mit den allerſchaͤdlichſten Creaturen. Denn ein Schulmonarch, welcher einem Vater ſeines Kindes wegen rathen ſoll, ſchlieſſet allemal bey ſich ſelbſt nach folgen- den vier Arten. Entweder, Hanns iſt dumm, Hanns muß ein Prediger werden; oder Hanns iſt tuͤckiſch, Hanns muß ein Prediger werden; oder Hanns iſt ein Freund der Schulfuͤchſerey, Hanns muß ein Prediger werden; oder Hanns kan gut ſchreyen, Hanns muß ein Prediger werden. Hierauf wird Hanns trotz der Vernunft, und trotz ſeinem Triebe, ein Prediger, weil ihn der Herr Recktor, oder der
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geehrt, und fromm werden, darum muß
ſein Sohn ein Prediger werden; denn ei-
nem Prediger, wie er ſich uͤberredet, kan
keines von dieſen fehlen. Der Sohn wird
mit der Bedrohung, enterbet zu werden, auf
Academien geſchickt, er muß Theologie ſtu-
diren, damit er ſich zwey Jahre hernach
vom Poͤbel koͤnne verehren laſſen, damit er
fromm ſcheine, und damit er eine ſette
Pfarre davon tragen koͤnne.
Herr v. R. O der Sohn wird ein ſtolzer, un-
wiſſender, und geitziger Heuchler werden!
aber ſchlaͤgt die Wahl der Lehrer nicht
gluͤcklicher aus?
Wahrm. Dieſe Wahl uͤberſchuͤttet den Staat
mit den allerſchaͤdlichſten Creaturen.
Denn ein Schulmonarch, welcher einem
Vater ſeines Kindes wegen rathen ſoll,
ſchlieſſet allemal bey ſich ſelbſt nach folgen-
den vier Arten. Entweder, Hanns iſt
dumm, Hanns muß ein Prediger werden;
oder Hanns iſt tuͤckiſch, Hanns muß ein
Prediger werden; oder Hanns iſt ein
Freund der Schulfuͤchſerey, Hanns muß
ein Prediger werden; oder Hanns kan
gut ſchreyen, Hanns muß ein Prediger
werden. Hierauf wird Hanns trotz der
Vernunft, und trotz ſeinem Triebe, ein
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