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Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888.

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Etwas wie Unmuth drückte sich auf Urban's Zügen aus.
Die Nase schien spitzer geworden zu sein, die ausdruckslosen
Augen warfen über die Brille hinweg empörte Blicke auf das
Häuschen, als wollten sie die halbe Ruine für das erlittene
Fiasko verantwortlich machen.

Herr Ferdinand Friedrich Urban zog sein rothseidenes
Taschentuch hervor und entfernte einige Kalkspritzer von
seinem tadellos schwarzen Gehrock. Dann fragte er mit er¬
zwungener Liebenswürdigkeit:

"Darf ich vielleicht einmal die Gelegenheit benutzen, Ihre
Werkstätten kennen zu lernen?"

Und da er sich einmal vorgenommen hatte, ohne einen
Profit diesen Ort nicht zu verlassen, sich aber Johannes Timpe,
gegen welchen ihn ein plötzliches Mißtrauen gepackt hatte,
beim Beschauen der Arbeitseinrichtung äußerst geneigt machen
wollte, so erfaßte er dessen schwache Seite und kam auf
Franz zu sprechen.

"Ja, mein lieber Herr Timpe -- damit ich auch einmal
ernstlich von Ihrem Sohne rede: ein Prachtjunge mit einem
Wort! Er hat Manieren, so daß er die Zierde des besten
Hauses bilden könnte; besitzt eine wundervolle Handschrift,
rechnet ungemein schnell und hat sich Kenntnisse der englischen
und französischen Sprache angeeignet, was man nicht unter¬
schätzen darf. Etwas zum leichten Leben geneigt, aber du
mein Gott -- das sind die allgemeinen Fehler der Jugend,
die schließlich auch nothwendig zur Kenntniß des Lebens
sind. . . . Er wird Karriere machen! Ja, ja . . ."

Johannes Timpe zeigte eine Miene, als wenn er den
zehnfachen Preis für sein Grundstück empfangen hätte; denn
was konnte ihn wohl glücklicher stimmen, als das Lob seines

Etwas wie Unmuth drückte ſich auf Urban's Zügen aus.
Die Naſe ſchien ſpitzer geworden zu ſein, die ausdrucksloſen
Augen warfen über die Brille hinweg empörte Blicke auf das
Häuschen, als wollten ſie die halbe Ruine für das erlittene
Fiasko verantwortlich machen.

Herr Ferdinand Friedrich Urban zog ſein rothſeidenes
Taſchentuch hervor und entfernte einige Kalkſpritzer von
ſeinem tadellos ſchwarzen Gehrock. Dann fragte er mit er¬
zwungener Liebenswürdigkeit:

„Darf ich vielleicht einmal die Gelegenheit benutzen, Ihre
Werkſtätten kennen zu lernen?“

Und da er ſich einmal vorgenommen hatte, ohne einen
Profit dieſen Ort nicht zu verlaſſen, ſich aber Johannes Timpe,
gegen welchen ihn ein plötzliches Mißtrauen gepackt hatte,
beim Beſchauen der Arbeitseinrichtung äußerſt geneigt machen
wollte, ſo erfaßte er deſſen ſchwache Seite und kam auf
Franz zu ſprechen.

„Ja, mein lieber Herr Timpe — damit ich auch einmal
ernſtlich von Ihrem Sohne rede: ein Prachtjunge mit einem
Wort! Er hat Manieren, ſo daß er die Zierde des beſten
Hauſes bilden könnte; beſitzt eine wundervolle Handſchrift,
rechnet ungemein ſchnell und hat ſich Kenntniſſe der engliſchen
und franzöſiſchen Sprache angeeignet, was man nicht unter¬
ſchätzen darf. Etwas zum leichten Leben geneigt, aber du
mein Gott — das ſind die allgemeinen Fehler der Jugend,
die ſchließlich auch nothwendig zur Kenntniß des Lebens
ſind. . . . Er wird Karrière machen! Ja, ja . . .“

Johannes Timpe zeigte eine Miene, als wenn er den
zehnfachen Preis für ſein Grundſtück empfangen hätte; denn
was konnte ihn wohl glücklicher ſtimmen, als das Lob ſeines

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[44/0056] Etwas wie Unmuth drückte ſich auf Urban's Zügen aus. Die Naſe ſchien ſpitzer geworden zu ſein, die ausdrucksloſen Augen warfen über die Brille hinweg empörte Blicke auf das Häuschen, als wollten ſie die halbe Ruine für das erlittene Fiasko verantwortlich machen. Herr Ferdinand Friedrich Urban zog ſein rothſeidenes Taſchentuch hervor und entfernte einige Kalkſpritzer von ſeinem tadellos ſchwarzen Gehrock. Dann fragte er mit er¬ zwungener Liebenswürdigkeit: „Darf ich vielleicht einmal die Gelegenheit benutzen, Ihre Werkſtätten kennen zu lernen?“ Und da er ſich einmal vorgenommen hatte, ohne einen Profit dieſen Ort nicht zu verlaſſen, ſich aber Johannes Timpe, gegen welchen ihn ein plötzliches Mißtrauen gepackt hatte, beim Beſchauen der Arbeitseinrichtung äußerſt geneigt machen wollte, ſo erfaßte er deſſen ſchwache Seite und kam auf Franz zu ſprechen. „Ja, mein lieber Herr Timpe — damit ich auch einmal ernſtlich von Ihrem Sohne rede: ein Prachtjunge mit einem Wort! Er hat Manieren, ſo daß er die Zierde des beſten Hauſes bilden könnte; beſitzt eine wundervolle Handſchrift, rechnet ungemein ſchnell und hat ſich Kenntniſſe der engliſchen und franzöſiſchen Sprache angeeignet, was man nicht unter¬ ſchätzen darf. Etwas zum leichten Leben geneigt, aber du mein Gott — das ſind die allgemeinen Fehler der Jugend, die ſchließlich auch nothwendig zur Kenntniß des Lebens ſind. . . . Er wird Karrière machen! Ja, ja . . .“ Johannes Timpe zeigte eine Miene, als wenn er den zehnfachen Preis für ſein Grundſtück empfangen hätte; denn was konnte ihn wohl glücklicher ſtimmen, als das Lob ſeines

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Zitationshilfe: Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kretzer_timpe_1888/56>, abgerufen am 22.11.2024.