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Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888.

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Als nach einigen Tagen die Trauung des jungen Paares
in der nahen Andreas-Kirche stattfand und die Augen sämmt¬
licher Anwesenden auf das Brautpaar vor dem Altar gerichtet
waren, zeigten sich auch am äußersten Ende der sonst menschen¬
leeren Galerie zwei Köpfe, deren Blicke unverwandt an der
Gestalt des Bräutigams hingen. Es war Timpe und sein Weib, die
längst vor Beginn der Ceremonie die Kirche aufgesucht hatten,
um ungesehen mitzubeten für das Heil des jungen Ehepaares.
Niemand hatte sie kommen sehen, Niemand bemerkte sie von
unten. Es war ein eisig kalter Tag, nur wenige Menschen
füllten das Gotteshaus, denn, wie Urban es zu Franz gesagt
hatte, so war es geschehen: Die Einladungen waren nur an
die bevorzugtesten Freunde des Hauses erlassen worden.

Die Kirche hatte sich langsam geleert; Wagen auf
Wagen rollte davon, und auch die wenigen Neugierigen, die
das Portal umstanden, hatten sich zerstreut. Bis zur Nase
in Kragen und Tücher gehüllt, traten Johannes und Karoline
wieder ins Freie. Noch tief bewegt von dem heiligen Akte,
schritten sie neben einander ihres kurzen Weges dahin. An
einer Straßenecke begegnete ihnen Meister Nölte.

"Na, Alles vorüber, gut abgelaufen?" redete er sie an.
Und plauderhaft, wie er Timpe gegenüber immer war, sprach
er sofort weiter: "Ich wollte ebenfalls kommen, um mir das
Brautpaar anzusehen, aber ich habe die Zeit verpaßt . . . .
Sie gehen jetzt wohl erst nach Hause, um sich für die Hoch¬
zeit umzukleiden? Vergessen Sie nur die Flasche Wein
nicht; ich habe schon zu Hause davon erzählt."

Johannes nickte und schüttelte sich vor Kälte, was für
Nölte ein Zeichen war, sich nicht lange aufzuhalten.

"Adieu, Frau Timpe, auf Wiedersehen, Herr Timpe."

Als nach einigen Tagen die Trauung des jungen Paares
in der nahen Andreas-Kirche ſtattfand und die Augen ſämmt¬
licher Anweſenden auf das Brautpaar vor dem Altar gerichtet
waren, zeigten ſich auch am äußerſten Ende der ſonſt menſchen¬
leeren Galerie zwei Köpfe, deren Blicke unverwandt an der
Geſtalt des Bräutigams hingen. Es war Timpe und ſein Weib, die
längſt vor Beginn der Ceremonie die Kirche aufgeſucht hatten,
um ungeſehen mitzubeten für das Heil des jungen Ehepaares.
Niemand hatte ſie kommen ſehen, Niemand bemerkte ſie von
unten. Es war ein eiſig kalter Tag, nur wenige Menſchen
füllten das Gotteshaus, denn, wie Urban es zu Franz geſagt
hatte, ſo war es geſchehen: Die Einladungen waren nur an
die bevorzugteſten Freunde des Hauſes erlaſſen worden.

Die Kirche hatte ſich langſam geleert; Wagen auf
Wagen rollte davon, und auch die wenigen Neugierigen, die
das Portal umſtanden, hatten ſich zerſtreut. Bis zur Naſe
in Kragen und Tücher gehüllt, traten Johannes und Karoline
wieder ins Freie. Noch tief bewegt von dem heiligen Akte,
ſchritten ſie neben einander ihres kurzen Weges dahin. An
einer Straßenecke begegnete ihnen Meiſter Nölte.

„Na, Alles vorüber, gut abgelaufen?“ redete er ſie an.
Und plauderhaft, wie er Timpe gegenüber immer war, ſprach
er ſofort weiter: „Ich wollte ebenfalls kommen, um mir das
Brautpaar anzuſehen, aber ich habe die Zeit verpaßt . . . .
Sie gehen jetzt wohl erſt nach Hauſe, um ſich für die Hoch¬
zeit umzukleiden? Vergeſſen Sie nur die Flaſche Wein
nicht; ich habe ſchon zu Hauſe davon erzählt.“

Johannes nickte und ſchüttelte ſich vor Kälte, was für
Nölte ein Zeichen war, ſich nicht lange aufzuhalten.

„Adieu, Frau Timpe, auf Wiederſehen, Herr Timpe.“

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[218/0230] Als nach einigen Tagen die Trauung des jungen Paares in der nahen Andreas-Kirche ſtattfand und die Augen ſämmt¬ licher Anweſenden auf das Brautpaar vor dem Altar gerichtet waren, zeigten ſich auch am äußerſten Ende der ſonſt menſchen¬ leeren Galerie zwei Köpfe, deren Blicke unverwandt an der Geſtalt des Bräutigams hingen. Es war Timpe und ſein Weib, die längſt vor Beginn der Ceremonie die Kirche aufgeſucht hatten, um ungeſehen mitzubeten für das Heil des jungen Ehepaares. Niemand hatte ſie kommen ſehen, Niemand bemerkte ſie von unten. Es war ein eiſig kalter Tag, nur wenige Menſchen füllten das Gotteshaus, denn, wie Urban es zu Franz geſagt hatte, ſo war es geſchehen: Die Einladungen waren nur an die bevorzugteſten Freunde des Hauſes erlaſſen worden. Die Kirche hatte ſich langſam geleert; Wagen auf Wagen rollte davon, und auch die wenigen Neugierigen, die das Portal umſtanden, hatten ſich zerſtreut. Bis zur Naſe in Kragen und Tücher gehüllt, traten Johannes und Karoline wieder ins Freie. Noch tief bewegt von dem heiligen Akte, ſchritten ſie neben einander ihres kurzen Weges dahin. An einer Straßenecke begegnete ihnen Meiſter Nölte. „Na, Alles vorüber, gut abgelaufen?“ redete er ſie an. Und plauderhaft, wie er Timpe gegenüber immer war, ſprach er ſofort weiter: „Ich wollte ebenfalls kommen, um mir das Brautpaar anzuſehen, aber ich habe die Zeit verpaßt . . . . Sie gehen jetzt wohl erſt nach Hauſe, um ſich für die Hoch¬ zeit umzukleiden? Vergeſſen Sie nur die Flaſche Wein nicht; ich habe ſchon zu Hauſe davon erzählt.“ Johannes nickte und ſchüttelte ſich vor Kälte, was für Nölte ein Zeichen war, ſich nicht lange aufzuhalten. „Adieu, Frau Timpe, auf Wiederſehen, Herr Timpe.“

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Zitationshilfe: Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kretzer_timpe_1888/230>, abgerufen am 25.11.2024.