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Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888.

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Auftraggebern gehörte, in den letzten Monaten mit seinen
Bestellungen auffallend zurückhaltend war.

Johannes machte sofort einen Ueberschlag. Wollte er
denselben Preis stellen wie Urban, so mußte er über kurz
oder lang zu Grunde gehen. Ja früher, das waren noch
andere Zeiten! Aber mit den Jahren, wo die Konkurrenz
ihm immer mehr zu Leibe gerückt war, war auch der Profit
immer tiefer und tiefer gesunken. Aus der einstmaligen Kunst
war ein allgemeiner Broderwerb geworden, und der Stück¬
preis von früher hatte sich in einen Dutzendpreis ver¬
wandelt. Es wäre selbst für Timpe schwer gewesen, seine
eigenen Empfindungen, die ihn in diesen Minuten bewegten,
zu schildern. Alles, was sein Gemüth bewegte, seinen
Gedankengang bannte, konzentrirte sich in dem großen Etwas,
das er im Augenblick noch nicht zu würdigen verstand, das
ihm aber unklar, wie im Nebel, vorschwebte. Es war die
drohende Faust der Zukunft, die in der Phantasie ihm riesen¬
groß vor Augen stand: das instinktive Gefühl einer unab¬
wendbarn, über Nacht hereinbrechenden Gefahr, das ihn an
jenem Tage zum ersten Male überkommen war, als er von
Urbans Plänen erfuhr. Und dieses Gewirr von Empfindun¬
gen betäubte ein tiefer Schmerz, hervorgerufen durch den
einen fürchterlichen Gedanken, der alle anderen überwog: daß
sein einziger Sohn eines Tages mit dem verhaßten Konkur¬
renten Hand in Hand gehen könne, um seinen eigenen Vater
vernichten zu helfen womöglich gegen den eigenen Willen!
Aber er nahm sich vor, ihn gleich am anderen Tage gründ¬
lich in's Gebet zu nehmen, und ihn auf die unwürdigen Ge¬
schäftskniffe seines sauberen Herrn Chefs und zukünftigen
Schwiegervaters aufmerksam zu machen.

Auftraggebern gehörte, in den letzten Monaten mit ſeinen
Beſtellungen auffallend zurückhaltend war.

Johannes machte ſofort einen Ueberſchlag. Wollte er
denſelben Preis ſtellen wie Urban, ſo mußte er über kurz
oder lang zu Grunde gehen. Ja früher, das waren noch
andere Zeiten! Aber mit den Jahren, wo die Konkurrenz
ihm immer mehr zu Leibe gerückt war, war auch der Profit
immer tiefer und tiefer geſunken. Aus der einſtmaligen Kunſt
war ein allgemeiner Broderwerb geworden, und der Stück¬
preis von früher hatte ſich in einen Dutzendpreis ver¬
wandelt. Es wäre ſelbſt für Timpe ſchwer geweſen, ſeine
eigenen Empfindungen, die ihn in dieſen Minuten bewegten,
zu ſchildern. Alles, was ſein Gemüth bewegte, ſeinen
Gedankengang bannte, konzentrirte ſich in dem großen Etwas,
das er im Augenblick noch nicht zu würdigen verſtand, das
ihm aber unklar, wie im Nebel, vorſchwebte. Es war die
drohende Fauſt der Zukunft, die in der Phantaſie ihm rieſen¬
groß vor Augen ſtand: das inſtinktive Gefühl einer unab¬
wendbarn, über Nacht hereinbrechenden Gefahr, das ihn an
jenem Tage zum erſten Male überkommen war, als er von
Urbans Plänen erfuhr. Und dieſes Gewirr von Empfindun¬
gen betäubte ein tiefer Schmerz, hervorgerufen durch den
einen fürchterlichen Gedanken, der alle anderen überwog: daß
ſein einziger Sohn eines Tages mit dem verhaßten Konkur¬
renten Hand in Hand gehen könne, um ſeinen eigenen Vater
vernichten zu helfen womöglich gegen den eigenen Willen!
Aber er nahm ſich vor, ihn gleich am anderen Tage gründ¬
lich in's Gebet zu nehmen, und ihn auf die unwürdigen Ge¬
ſchäftskniffe ſeines ſauberen Herrn Chefs und zukünftigen
Schwiegervaters aufmerkſam zu machen.

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[142/0154] Auftraggebern gehörte, in den letzten Monaten mit ſeinen Beſtellungen auffallend zurückhaltend war. Johannes machte ſofort einen Ueberſchlag. Wollte er denſelben Preis ſtellen wie Urban, ſo mußte er über kurz oder lang zu Grunde gehen. Ja früher, das waren noch andere Zeiten! Aber mit den Jahren, wo die Konkurrenz ihm immer mehr zu Leibe gerückt war, war auch der Profit immer tiefer und tiefer geſunken. Aus der einſtmaligen Kunſt war ein allgemeiner Broderwerb geworden, und der Stück¬ preis von früher hatte ſich in einen Dutzendpreis ver¬ wandelt. Es wäre ſelbſt für Timpe ſchwer geweſen, ſeine eigenen Empfindungen, die ihn in dieſen Minuten bewegten, zu ſchildern. Alles, was ſein Gemüth bewegte, ſeinen Gedankengang bannte, konzentrirte ſich in dem großen Etwas, das er im Augenblick noch nicht zu würdigen verſtand, das ihm aber unklar, wie im Nebel, vorſchwebte. Es war die drohende Fauſt der Zukunft, die in der Phantaſie ihm rieſen¬ groß vor Augen ſtand: das inſtinktive Gefühl einer unab¬ wendbarn, über Nacht hereinbrechenden Gefahr, das ihn an jenem Tage zum erſten Male überkommen war, als er von Urbans Plänen erfuhr. Und dieſes Gewirr von Empfindun¬ gen betäubte ein tiefer Schmerz, hervorgerufen durch den einen fürchterlichen Gedanken, der alle anderen überwog: daß ſein einziger Sohn eines Tages mit dem verhaßten Konkur¬ renten Hand in Hand gehen könne, um ſeinen eigenen Vater vernichten zu helfen womöglich gegen den eigenen Willen! Aber er nahm ſich vor, ihn gleich am anderen Tage gründ¬ lich in's Gebet zu nehmen, und ihn auf die unwürdigen Ge¬ ſchäftskniffe ſeines ſauberen Herrn Chefs und zukünftigen Schwiegervaters aufmerkſam zu machen.

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Zitationshilfe: Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kretzer_timpe_1888/154>, abgerufen am 25.11.2024.