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Kraus, Otto: Der Professorenroman. In: Zeitfragen des christlichen Volkslebens/ Band IX. Heft 4 (1884).

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verwendet werden konnten), daß es am Mons lactarius eine
"Luftcur" gegeben hat, sowie Schreibdivans, Jntendanten und
Pavillons. Sehr häufig furchen die Dahn'schen Helden die Stirne,
einmal werden auch die Brauen grimmig gefurcht. Wie hat
man sich das wohl vorzustellen?

Aus den umfassenden Studien für den "Kampf um Rom"
hat Dahn übrigens ausreichendes Material für eine Reihe von
"kleinen Romanen aus der Völkerwanderung" ge-
wonnen. Der erste dieser kleinen ist "Felicitas" betitelt.
Der Jnhalt ist der Kampf um Salzburg anno 476 n. Chr.
Die Alemannen und Baiern haben sich vereint, um nach
dem Sturz des letzten römischen Kaisers Romulus Augustulus
der Römerherrschaft in Claudium Juvavum ein Ende zu
machen. Wie im "Kampf um Rom" ist auch hier Mord und
Todtschlag die Hauptsache. Die Blut- und Schreckensscenen
werden aber so wenig realistisch, vielmehr so kühn erfunden und
so phantastisch geschildert, daß man bisweilen aus der Welt des
historischen Romans in die Märchenwelt sich versetzt glaubt.
So schleudert z. B. Liuthari, der alemannische Königssohn,
eine mächtige Steinplatte mit solcher Wucht auf einen Gegner,
daß dessen Schädel zerschmettert wird -- was man begreiflich
finden wird -- und daß gleichzeitig ein beim Aufprallen des
Steins auf den äußerst harten Schädel abspringendes Steinstück
tief in das Gehirn des Gegners fährt -- was man unbe-
greiflich
finden wird. Die bekannten "ewigen Naturgesetze"
werden doch wohl im Jahre 476 n. Chr. ebenso wie 1882 vor-
geschrieben haben, daß entweder ein harter Stein einen minder
harten Schädel zerschmettert, oder daß ein besonders weicher
Stein an einem exceptionell harten Schädel zersplittert. Jm letz-
ten Fall wird das Fragment von dem Schädel abspringen, es
kann aber unmöglich bei gleichzeitiger Zerstörung des Schädels
in diesen selbst hineinfahren.

Mit anerkennenswerther Unbefangenheit hat Dahn in
diesem "kleinen" Roman die christliche Kirche, insbesondere den
Presbyter Johannes dem versinkendem Römerthum und dem
aufsteigenden Germanenthum gegenüber zur Geltung gebracht.

verwendet werden konnten), daß es am Mons lactarius eine
„Luftcur‟ gegeben hat, ſowie Schreibdivans, Jntendanten und
Pavillons. Sehr häufig furchen die Dahn’ſchen Helden die Stirne,
einmal werden auch die Brauen grimmig gefurcht. Wie hat
man ſich das wohl vorzuſtellen?

Aus den umfaſſenden Studien für den „Kampf um Rom‟
hat Dahn übrigens ausreichendes Material für eine Reihe von
kleinen Romanen aus der Völkerwanderung‟ ge-
wonnen. Der erſte dieſer kleinen iſt „Felicitas‟ betitelt.
Der Jnhalt iſt der Kampf um Salzburg anno 476 n. Chr.
Die Alemannen und Baiern haben ſich vereint, um nach
dem Sturz des letzten römiſchen Kaiſers Romulus Auguſtulus
der Römerherrſchaft in Claudium Juvavum ein Ende zu
machen. Wie im „Kampf um Rom‟ iſt auch hier Mord und
Todtſchlag die Hauptſache. Die Blut- und Schreckensſcenen
werden aber ſo wenig realiſtiſch, vielmehr ſo kühn erfunden und
ſo phantaſtiſch geſchildert, daß man bisweilen aus der Welt des
hiſtoriſchen Romans in die Märchenwelt ſich verſetzt glaubt.
So ſchleudert z. B. Liuthari, der alemanniſche Königsſohn,
eine mächtige Steinplatte mit ſolcher Wucht auf einen Gegner,
daß deſſen Schädel zerſchmettert wird — was man begreiflich
finden wird — und daß gleichzeitig ein beim Aufprallen des
Steins auf den äußerſt harten Schädel abſpringendes Steinſtück
tief in das Gehirn des Gegners fährt — was man unbe-
greiflich
finden wird. Die bekannten „ewigen Naturgeſetze‟
werden doch wohl im Jahre 476 n. Chr. ebenſo wie 1882 vor-
geſchrieben haben, daß entweder ein harter Stein einen minder
harten Schädel zerſchmettert, oder daß ein beſonders weicher
Stein an einem exceptionell harten Schädel zerſplittert. Jm letz-
ten Fall wird das Fragment von dem Schädel abſpringen, es
kann aber unmöglich bei gleichzeitiger Zerſtörung des Schädels
in dieſen ſelbſt hineinfahren.

Mit anerkennenswerther Unbefangenheit hat Dahn in
dieſem „kleinen‟ Roman die chriſtliche Kirche, insbeſondere den
Presbyter Johannes dem verſinkendem Römerthum und dem
aufſteigenden Germanenthum gegenüber zur Geltung gebracht.

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[53 245/0053] verwendet werden konnten), daß es am Mons lactarius eine „Luftcur‟ gegeben hat, ſowie Schreibdivans, Jntendanten und Pavillons. Sehr häufig furchen die Dahn’ſchen Helden die Stirne, einmal werden auch die Brauen grimmig gefurcht. Wie hat man ſich das wohl vorzuſtellen? Aus den umfaſſenden Studien für den „Kampf um Rom‟ hat Dahn übrigens ausreichendes Material für eine Reihe von „kleinen Romanen aus der Völkerwanderung‟ ge- wonnen. Der erſte dieſer kleinen iſt „Felicitas‟ betitelt. Der Jnhalt iſt der Kampf um Salzburg anno 476 n. Chr. Die Alemannen und Baiern haben ſich vereint, um nach dem Sturz des letzten römiſchen Kaiſers Romulus Auguſtulus der Römerherrſchaft in Claudium Juvavum ein Ende zu machen. Wie im „Kampf um Rom‟ iſt auch hier Mord und Todtſchlag die Hauptſache. Die Blut- und Schreckensſcenen werden aber ſo wenig realiſtiſch, vielmehr ſo kühn erfunden und ſo phantaſtiſch geſchildert, daß man bisweilen aus der Welt des hiſtoriſchen Romans in die Märchenwelt ſich verſetzt glaubt. So ſchleudert z. B. Liuthari, der alemanniſche Königsſohn, eine mächtige Steinplatte mit ſolcher Wucht auf einen Gegner, daß deſſen Schädel zerſchmettert wird — was man begreiflich finden wird — und daß gleichzeitig ein beim Aufprallen des Steins auf den äußerſt harten Schädel abſpringendes Steinſtück tief in das Gehirn des Gegners fährt — was man unbe- greiflich finden wird. Die bekannten „ewigen Naturgeſetze‟ werden doch wohl im Jahre 476 n. Chr. ebenſo wie 1882 vor- geſchrieben haben, daß entweder ein harter Stein einen minder harten Schädel zerſchmettert, oder daß ein beſonders weicher Stein an einem exceptionell harten Schädel zerſplittert. Jm letz- ten Fall wird das Fragment von dem Schädel abſpringen, es kann aber unmöglich bei gleichzeitiger Zerſtörung des Schädels in dieſen ſelbſt hineinfahren. Mit anerkennenswerther Unbefangenheit hat Dahn in dieſem „kleinen‟ Roman die chriſtliche Kirche, insbeſondere den Presbyter Johannes dem verſinkendem Römerthum und dem aufſteigenden Germanenthum gegenüber zur Geltung gebracht.

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Zitationshilfe: Kraus, Otto: Der Professorenroman. In: Zeitfragen des christlichen Volkslebens/ Band IX. Heft 4 (1884), S. 53 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kraus_professorenroman_1884/53>, abgerufen am 25.11.2024.