Gängen oder aus dem Stillehalten einzugehen, man lasse sie erst dann laufen, wenn sie im langen Galopp gut an die Hand herangehen.
Wir haben gesehen, worauf es bei der Campagne-Carriere an- kommt, haben gesagt, bei welchen Individuen wir die längeren lang- sameren, und bei welchen die kürzeren schnelleren Sprünge zu erstre- ben haben; wir haben die Hülfen beim stärkeren Galopp kennen ge- lernt, den Sprung zu beschleunigen, resp. zu verlängern, und brauchen nur noch über die Oekonomie des Athems einiges hinzuzufügen. Wir wissen bereits, dass der Athemzug sich dem Sprunge an- schliesst, dass der lange Sprung langen Athemzug, der kurze, schnelle Sprung auch schnell auf einander folgende, aber kürzere Athem- züge bedingt, mithin der letztere mehr die Lungenthätigkeit in Anspruch nimmt, als der erstere. Wir müssen hierauf in der Länge der Reprisen besonders Rücksicht nehmen, und obschon ich sehr für die Wiederholung der Carriere an einem Tage bin, so gehe man jedoch nur in dieselbe bei vollem Athem ein und treibe sie nie bis zur Athemlosigkeit. Es wird sich die Lunge nach und nach bei gesteigerter Länge der Uebung stärken.
Das Pariren aus der Carriere ist eine Uebung, bei der man um so vorsichtiger zu Werke gehen muss, als das aufgeregte Blut vom Reiter und Pferd oft zu harten Hülfen einerseits, zur verminderten Aufmerksamkeit aber andererseits Veranlassung giebt, und dennoch ungeschickt ausgeführt, ein solches Pariren dem Pferde, eben so nachtheilich für die Gesundheit seiner Gliedmassen, wie für die Dressur ist.
Dass an ein sofortiges Stillhalten nicht zu denken ist, selbst wenn das Pferd auf das Zeichen des Reiters gewillt ist, zu pariren und mit dem Abschub innehält, wird um so begreiflicher, als wir wissen, dass das Thier den durch die Bewegung erzeugten Schwung nach vorwärts noch überwinden muss. Wir haben die Gefahr für Mann und Pferd bereits kennen gelernt, wenn dies durch Vor- stemmen der Vorderbeine geschieht, und die Art wie es durch Verlegung des Schwerpunktes nach rückwärts überwunden werden muss, und wissen, dass ein Reissen an die Zügel wohl dem Pferde den Willen zum Pariren energischer kund geben kann, aber keines- wegs eine mechanisch einwirkende Hülfe ist, mithin keine Unter- stützung zur Verlegung des Schwerpunktes sein kann. Eben so wenig wird eine schärfere Zäumung an und für sich durch den
Vom Gange der Dressur.
Gängen oder aus dem Stillehalten einzugehen, man lasse sie erst dann laufen, wenn sie im langen Galopp gut an die Hand herangehen.
Wir haben gesehen, worauf es bei der Campagne-Carrière an- kommt, haben gesagt, bei welchen Individuen wir die längeren lang- sameren, und bei welchen die kürzeren schnelleren Sprünge zu erstre- ben haben; wir haben die Hülfen beim stärkeren Galopp kennen ge- lernt, den Sprung zu beschleunigen, resp. zu verlängern, und brauchen nur noch über die Oekonomie des Athems einiges hinzuzufügen. Wir wissen bereits, dass der Athemzug sich dem Sprunge an- schliesst, dass der lange Sprung langen Athemzug, der kurze, schnelle Sprung auch schnell auf einander folgende, aber kürzere Athem- züge bedingt, mithin der letztere mehr die Lungenthätigkeit in Anspruch nimmt, als der erstere. Wir müssen hierauf in der Länge der Reprisen besonders Rücksicht nehmen, und obschon ich sehr für die Wiederholung der Carrière an einem Tage bin, so gehe man jedoch nur in dieselbe bei vollem Athem ein und treibe sie nie bis zur Athemlosigkeit. Es wird sich die Lunge nach und nach bei gesteigerter Länge der Uebung stärken.
Das Pariren aus der Carrière ist eine Uebung, bei der man um so vorsichtiger zu Werke gehen muss, als das aufgeregte Blut vom Reiter und Pferd oft zu harten Hülfen einerseits, zur verminderten Aufmerksamkeit aber andererseits Veranlassung giebt, und dennoch ungeschickt ausgeführt, ein solches Pariren dem Pferde, eben so nachtheilich für die Gesundheit seiner Gliedmassen, wie für die Dressur ist.
Dass an ein sofortiges Stillhalten nicht zu denken ist, selbst wenn das Pferd auf das Zeichen des Reiters gewillt ist, zu pariren und mit dem Abschub innehält, wird um so begreiflicher, als wir wissen, dass das Thier den durch die Bewegung erzeugten Schwung nach vorwärts noch überwinden muss. Wir haben die Gefahr für Mann und Pferd bereits kennen gelernt, wenn dies durch Vor- stemmen der Vorderbeine geschieht, und die Art wie es durch Verlegung des Schwerpunktes nach rückwärts überwunden werden muss, und wissen, dass ein Reissen an die Zügel wohl dem Pferde den Willen zum Pariren energischer kund geben kann, aber keines- wegs eine mechanisch einwirkende Hülfe ist, mithin keine Unter- stützung zur Verlegung des Schwerpunktes sein kann. Eben so wenig wird eine schärfere Zäumung an und für sich durch den
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Vom Gange der Dressur.
Gängen oder aus dem Stillehalten einzugehen, man lasse sie erst
dann laufen, wenn sie im langen Galopp gut an die Hand herangehen.
Wir haben gesehen, worauf es bei der Campagne-Carrière an-
kommt, haben gesagt, bei welchen Individuen wir die längeren lang-
sameren, und bei welchen die kürzeren schnelleren Sprünge zu erstre-
ben haben; wir haben die Hülfen beim stärkeren Galopp kennen ge-
lernt, den Sprung zu beschleunigen, resp. zu verlängern, und brauchen
nur noch über die Oekonomie des Athems einiges hinzuzufügen.
Wir wissen bereits, dass der Athemzug sich dem Sprunge an-
schliesst, dass der lange Sprung langen Athemzug, der kurze, schnelle
Sprung auch schnell auf einander folgende, aber kürzere Athem-
züge bedingt, mithin der letztere mehr die Lungenthätigkeit in
Anspruch nimmt, als der erstere. Wir müssen hierauf in der Länge
der Reprisen besonders Rücksicht nehmen, und obschon ich sehr
für die Wiederholung der Carrière an einem Tage bin, so gehe
man jedoch nur in dieselbe bei vollem Athem ein und treibe sie
nie bis zur Athemlosigkeit. Es wird sich die Lunge nach und
nach bei gesteigerter Länge der Uebung stärken.
Das Pariren aus der Carrière ist eine Uebung, bei der
man um so vorsichtiger zu Werke gehen muss, als das aufgeregte
Blut vom Reiter und Pferd oft zu harten Hülfen einerseits, zur
verminderten Aufmerksamkeit aber andererseits Veranlassung giebt,
und dennoch ungeschickt ausgeführt, ein solches Pariren dem Pferde,
eben so nachtheilich für die Gesundheit seiner Gliedmassen, wie
für die Dressur ist.
Dass an ein sofortiges Stillhalten nicht zu denken ist, selbst
wenn das Pferd auf das Zeichen des Reiters gewillt ist, zu pariren
und mit dem Abschub innehält, wird um so begreiflicher, als wir
wissen, dass das Thier den durch die Bewegung erzeugten Schwung
nach vorwärts noch überwinden muss. Wir haben die Gefahr
für Mann und Pferd bereits kennen gelernt, wenn dies durch Vor-
stemmen der Vorderbeine geschieht, und die Art wie es durch
Verlegung des Schwerpunktes nach rückwärts überwunden werden
muss, und wissen, dass ein Reissen an die Zügel wohl dem Pferde
den Willen zum Pariren energischer kund geben kann, aber keines-
wegs eine mechanisch einwirkende Hülfe ist, mithin keine Unter-
stützung zur Verlegung des Schwerpunktes sein kann. Eben so
wenig wird eine schärfere Zäumung an und für sich durch den
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Krane, Friedrich von: Die Dressur des Reitpferdes (Campagne- und Gebrauchs-Pferdes). Münster, 1856, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krane_reitpferd_1856/298>, abgerufen am 23.07.2024.
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