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Krane, Friedrich von: Die Dressur des Reitpferdes (Campagne- und Gebrauchs-Pferdes). Münster, 1856.

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I. Abschnitt. 6. Periode.
Trabe nicht bedarf und das Pferd lediglich dem überhängenden
Reitergewicht folgt. Man hüte sich aber Anfangs dieses zu
plötzlich und gewaltsam eintreten zu lassen, weil das Thier
sonst veranlasst werden kann, dadurch sein Gleichgewicht herzu-
stellen, dass es sich mit Gewalt auf die entgegenge-
setzte Seite wirft.
Das Ausfallen der Kruppe in der Wen-
dung hängt genau damit zusammen und muss durch die Wirkung
des auswendigen Schenkels vermieden werden.

Nachdem man im Trabe zuerst weite Viertelwendungen,
dann eine halbe, endlich eine ganze Volte von bedeutendem
Umfange geritten hat, gehe man zu den weiten Wendungen und
Volten im Schritt über, dann zu engeren Wendungen im
Trabe, endlich im Schritt. Das Combiniren von geraden Linien
mit halben Volten, von halben Volten auf der rechten und linken
Hand, wodurch Schlangenlinien entstehen, das Uebergehen
von ganzen Volten in einander zu Achten u. s. w., ist sehr wichtig.
Je mehr man in derlei Dingen erfinderisch ist, um so mehr wird
man das Thier achtsam auf Hülfen und gewandt machen.
Den Beschluss der Wendeübungen machen die aus dem Stille-
halten.
Man thut dabei gut, Anfangs das Thier aus dem Stil-
lehalten anzureiten und dann, wenn es die Bewegung vorwärts
eben begonnen hat, die Wendung zuerst mit Beihülfe des Reiter-
gewichts durch den Zügel zu begehren. Ist sie ausgeführt, so
parirt man das Pferd sofort wieder. Nach und nach lässt man
die Wirkung des Reitergewichts fort und beginnt die Anforderung
beim Antreten des Pferdes mit dem Zügel allein. Findet man
auch dann Gehorsam, so beginnt man die Wendung auf der Stelle.
Natürlich darf auch dann, sobald das Pferd die Wendung beginnt,
das Reitergewicht nicht widerstreben, sondern muss die Wen-
dung in angemessener Art unterstützen. Man hüte sich An-
fangs aus dem Stillehalten genaue Wendungen auf der Hinterhand
zu verlangen und begnüge sich, wenn das Pferd dem Zügelanzuge
Folge leistet, mit einer unreinen Wendung. Ist man demnächst
aber sicher, verstanden zu sein, so übe man zuerst das Schenkel-
weichen
auf der Stelle, lasse dann aber die Wendung auf der
Stelle folgen und bestrafe das Thier beim etwaigen Ausfallen mit
der Kruppe durch erneutes Weichenlassen und wird so bald die
reine Wendung resp. Pirouette auf der Hinterhand, wie auf

v. Krane, Dressur d. Reitpferdes. II. Th. 13

I. Abschnitt. 6. Periode.
Trabe nicht bedarf und das Pferd lediglich dem überhängenden
Reitergewicht folgt. Man hüte sich aber Anfangs dieses zu
plötzlich und gewaltsam eintreten zu lassen, weil das Thier
sonst veranlasst werden kann, dadurch sein Gleichgewicht herzu-
stellen, dass es sich mit Gewalt auf die entgegenge-
setzte Seite wirft.
Das Ausfallen der Kruppe in der Wen-
dung hängt genau damit zusammen und muss durch die Wirkung
des auswendigen Schenkels vermieden werden.

Nachdem man im Trabe zuerst weite Viertelwendungen,
dann eine halbe, endlich eine ganze Volte von bedeutendem
Umfange geritten hat, gehe man zu den weiten Wendungen und
Volten im Schritt über, dann zu engeren Wendungen im
Trabe, endlich im Schritt. Das Combiniren von geraden Linien
mit halben Volten, von halben Volten auf der rechten und linken
Hand, wodurch Schlangenlinien entstehen, das Uebergehen
von ganzen Volten in einander zu Achten u. s. w., ist sehr wichtig.
Je mehr man in derlei Dingen erfinderisch ist, um so mehr wird
man das Thier achtsam auf Hülfen und gewandt machen.
Den Beschluss der Wendeübungen machen die aus dem Stille-
halten.
Man thut dabei gut, Anfangs das Thier aus dem Stil-
lehalten anzureiten und dann, wenn es die Bewegung vorwärts
eben begonnen hat, die Wendung zuerst mit Beihülfe des Reiter-
gewichts durch den Zügel zu begehren. Ist sie ausgeführt, so
parirt man das Pferd sofort wieder. Nach und nach lässt man
die Wirkung des Reitergewichts fort und beginnt die Anforderung
beim Antreten des Pferdes mit dem Zügel allein. Findet man
auch dann Gehorsam, so beginnt man die Wendung auf der Stelle.
Natürlich darf auch dann, sobald das Pferd die Wendung beginnt,
das Reitergewicht nicht widerstreben, sondern muss die Wen-
dung in angemessener Art unterstützen. Man hüte sich An-
fangs aus dem Stillehalten genaue Wendungen auf der Hinterhand
zu verlangen und begnüge sich, wenn das Pferd dem Zügelanzuge
Folge leistet, mit einer unreinen Wendung. Ist man demnächst
aber sicher, verstanden zu sein, so übe man zuerst das Schenkel-
weichen
auf der Stelle, lasse dann aber die Wendung auf der
Stelle folgen und bestrafe das Thier beim etwaigen Ausfallen mit
der Kruppe durch erneutes Weichenlassen und wird so bald die
reine Wendung resp. Pirouette auf der Hinterhand, wie auf

v. Krane, Dressur d. Reitpferdes. II. Th. 13
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[193/0215] I. Abschnitt. 6. Periode. Trabe nicht bedarf und das Pferd lediglich dem überhängenden Reitergewicht folgt. Man hüte sich aber Anfangs dieses zu plötzlich und gewaltsam eintreten zu lassen, weil das Thier sonst veranlasst werden kann, dadurch sein Gleichgewicht herzu- stellen, dass es sich mit Gewalt auf die entgegenge- setzte Seite wirft. Das Ausfallen der Kruppe in der Wen- dung hängt genau damit zusammen und muss durch die Wirkung des auswendigen Schenkels vermieden werden. Nachdem man im Trabe zuerst weite Viertelwendungen, dann eine halbe, endlich eine ganze Volte von bedeutendem Umfange geritten hat, gehe man zu den weiten Wendungen und Volten im Schritt über, dann zu engeren Wendungen im Trabe, endlich im Schritt. Das Combiniren von geraden Linien mit halben Volten, von halben Volten auf der rechten und linken Hand, wodurch Schlangenlinien entstehen, das Uebergehen von ganzen Volten in einander zu Achten u. s. w., ist sehr wichtig. Je mehr man in derlei Dingen erfinderisch ist, um so mehr wird man das Thier achtsam auf Hülfen und gewandt machen. Den Beschluss der Wendeübungen machen die aus dem Stille- halten. Man thut dabei gut, Anfangs das Thier aus dem Stil- lehalten anzureiten und dann, wenn es die Bewegung vorwärts eben begonnen hat, die Wendung zuerst mit Beihülfe des Reiter- gewichts durch den Zügel zu begehren. Ist sie ausgeführt, so parirt man das Pferd sofort wieder. Nach und nach lässt man die Wirkung des Reitergewichts fort und beginnt die Anforderung beim Antreten des Pferdes mit dem Zügel allein. Findet man auch dann Gehorsam, so beginnt man die Wendung auf der Stelle. Natürlich darf auch dann, sobald das Pferd die Wendung beginnt, das Reitergewicht nicht widerstreben, sondern muss die Wen- dung in angemessener Art unterstützen. Man hüte sich An- fangs aus dem Stillehalten genaue Wendungen auf der Hinterhand zu verlangen und begnüge sich, wenn das Pferd dem Zügelanzuge Folge leistet, mit einer unreinen Wendung. Ist man demnächst aber sicher, verstanden zu sein, so übe man zuerst das Schenkel- weichen auf der Stelle, lasse dann aber die Wendung auf der Stelle folgen und bestrafe das Thier beim etwaigen Ausfallen mit der Kruppe durch erneutes Weichenlassen und wird so bald die reine Wendung resp. Pirouette auf der Hinterhand, wie auf v. Krane, Dressur d. Reitpferdes. II. Th. 13

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Zitationshilfe: Krane, Friedrich von: Die Dressur des Reitpferdes (Campagne- und Gebrauchs-Pferdes). Münster, 1856, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krane_reitpferd_1856/215>, abgerufen am 28.11.2024.