Krane, Friedrich von: Die Dressur des Reitpferdes (Campagne- und Gebrauchs-Pferdes). Münster, 1856.I. Abschnitt. 4. Periode. Bein an das Pferd halten wollen. Wiewohl im Gliede das Ver-drehen der Fussspitzen störend wird und immer schlecht aussieht, so dürfte die Wahl doch unzweifelhaft sein. Die Sucht aus Allem -- Alles zu machen, scheinbar Allerdings ist die Grenze schwer festzustellen und manche In den Zwischenzeiten übe man das Pferd im ruhigen Stehen Beim Dressiren roher Pferde in ganzen Abtheilungen I. Abschnitt. 4. Periode. Bein an das Pferd halten wollen. Wiewohl im Gliede das Ver-drehen der Fussspitzen störend wird und immer schlecht aussieht, so dürfte die Wahl doch unzweifelhaft sein. Die Sucht aus Allem — Alles zu machen, scheinbar Allerdings ist die Grenze schwer festzustellen und manche In den Zwischenzeiten übe man das Pferd im ruhigen Stehen Beim Dressiren roher Pferde in ganzen Abtheilungen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0203" n="181"/><fw place="top" type="header">I. Abschnitt. 4. Periode.</fw><lb/> Bein an das Pferd halten wollen. Wiewohl im Gliede das Ver-<lb/> drehen der Fussspitzen störend wird und immer schlecht aussieht,<lb/> so dürfte die Wahl doch unzweifelhaft sein.</p><lb/> <p>Die Sucht aus <hi rendition="#g">Allem — Alles</hi> zu machen, <hi rendition="#g">scheinbar<lb/> allen Ansprüchen zu genügen</hi>, keine Spur von menschlicher<lb/> Schwäche und Unvollkommenheit sichtbar werden zu lassen, diese<lb/> heillose Sucht, welche jeden Uebelstand vertuschen möchte und<lb/> einen gleissenden Schleier der Lüge über Alles breitet, damit es<lb/> aus einiger Entfernung nur scheint und glänzt; jene Sucht, welche<lb/> an die Lüge gewöhnt und die Wahrheit als plump, ungeschickt<lb/> und bäuerisch verspottet: sie ist es, welche jene <hi rendition="#g">Uebelstände</hi><lb/> zu wesentlichen Fehlern macht, wo sie oft nur Unschönheiten sein<lb/> könnten, und das Auge so verwöhnt hat, dass es über die Ab-<lb/> weichungen von der Schablone, so sehr sie auch durch die Nütz-<lb/> lichkeit motivirt sein mögen, nicht mehr hinweg kann.</p><lb/> <p>Allerdings ist die Grenze schwer festzustellen und manche<lb/> Trägheit und Nachlässigkeit würde darin eine leere Ausrede für<lb/> die Abweichung finden. Es wird indess gewiss dem Auge des<lb/> prüfenden Vorgesetzten nicht entgehen, ob das <hi rendition="#g">kleinere</hi> von<lb/> zweien Uebeln gewählt, oder ob eine Vernachlässigung vorliegt und<lb/> dann der eine Fall der verdienten Billigung, wie der andere dem<lb/> verdienten Tadel nicht entgehen. Wer aber nur Paradiese sehen<lb/> will, muss sich nicht wundern, gemalte Bäume zu finden.</p><lb/> <p>In den Zwischenzeiten übe man das Pferd im ruhigen Stehen<lb/> und im Auf- und Absitzen. Wenn man abgesessen ist, so lasse<lb/> man das Thier mit beiden Händen im Backenstück halten und es<lb/> wiederholt, indem man sich an das Blatt stellt und dem Thiere<lb/> „herum!“ zuruft (ein Zeichen, worauf die Pferde im Stalle schon<lb/> gewöhnt sind, herum zu treten), mit der Hinterhand übertreten,<lb/> wobei man sich leichter Gertenstreiche auf die Hinterhand, im Fall<lb/> das Pferd auf die Stimme nicht hören sollte, bedienen kann.</p><lb/> <p><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">Beim Dressiren roher Pferde in ganzen Abtheilungen</hi></hi><lb/> lässt sich natürlicherweise von der Longe keinen Gebrauch machen.<lb/> Die <hi rendition="#g">Remonten</hi> kommen meist, nachdem sie einen weiten Marsch<lb/> zurückgelegt haben, auf dem sie bereits lernten, ruhig an der Hand<lb/> zu gehen und Respekt vor der Gerte bekamen, in einem Zustande<lb/> der <hi rendition="#g">Ermüdung</hi> bei den Regimentern an. Aus diesem ziehe man<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [181/0203]
I. Abschnitt. 4. Periode.
Bein an das Pferd halten wollen. Wiewohl im Gliede das Ver-
drehen der Fussspitzen störend wird und immer schlecht aussieht,
so dürfte die Wahl doch unzweifelhaft sein.
Die Sucht aus Allem — Alles zu machen, scheinbar
allen Ansprüchen zu genügen, keine Spur von menschlicher
Schwäche und Unvollkommenheit sichtbar werden zu lassen, diese
heillose Sucht, welche jeden Uebelstand vertuschen möchte und
einen gleissenden Schleier der Lüge über Alles breitet, damit es
aus einiger Entfernung nur scheint und glänzt; jene Sucht, welche
an die Lüge gewöhnt und die Wahrheit als plump, ungeschickt
und bäuerisch verspottet: sie ist es, welche jene Uebelstände
zu wesentlichen Fehlern macht, wo sie oft nur Unschönheiten sein
könnten, und das Auge so verwöhnt hat, dass es über die Ab-
weichungen von der Schablone, so sehr sie auch durch die Nütz-
lichkeit motivirt sein mögen, nicht mehr hinweg kann.
Allerdings ist die Grenze schwer festzustellen und manche
Trägheit und Nachlässigkeit würde darin eine leere Ausrede für
die Abweichung finden. Es wird indess gewiss dem Auge des
prüfenden Vorgesetzten nicht entgehen, ob das kleinere von
zweien Uebeln gewählt, oder ob eine Vernachlässigung vorliegt und
dann der eine Fall der verdienten Billigung, wie der andere dem
verdienten Tadel nicht entgehen. Wer aber nur Paradiese sehen
will, muss sich nicht wundern, gemalte Bäume zu finden.
In den Zwischenzeiten übe man das Pferd im ruhigen Stehen
und im Auf- und Absitzen. Wenn man abgesessen ist, so lasse
man das Thier mit beiden Händen im Backenstück halten und es
wiederholt, indem man sich an das Blatt stellt und dem Thiere
„herum!“ zuruft (ein Zeichen, worauf die Pferde im Stalle schon
gewöhnt sind, herum zu treten), mit der Hinterhand übertreten,
wobei man sich leichter Gertenstreiche auf die Hinterhand, im Fall
das Pferd auf die Stimme nicht hören sollte, bedienen kann.
Beim Dressiren roher Pferde in ganzen Abtheilungen
lässt sich natürlicherweise von der Longe keinen Gebrauch machen.
Die Remonten kommen meist, nachdem sie einen weiten Marsch
zurückgelegt haben, auf dem sie bereits lernten, ruhig an der Hand
zu gehen und Respekt vor der Gerte bekamen, in einem Zustande
der Ermüdung bei den Regimentern an. Aus diesem ziehe man
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