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Krane, Friedrich von: Die Dressur des Reitpferdes (Campagne- und Gebrauchs-Pferdes). Münster, 1856.

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III. Abschnitt. Zweites Kapitel.
Genick hervor, wobei ein Ohr tiefer wie das andere steht. Bei
halbrohen Pferden als Hülfsmittel zum Pariren und Wenden ist
er vortrefflich. Man schlauft ihn zu diesem Zwecke lang in die
Sattelkrampe ein, und greift hinein, wenn man seiner bedarf. Beim
Dressiren ist die Hand besser.

6. Der verbesserte Seidler'sche Sprungzügel. Er
geht vom Gurt zum Kinnstück der kleinen Trense, dann abwärts
zurück durch einen Walzring und demnächst zur Hand. Er ver-
meidet die Seitwärtswirkung des vorigen, und flaschenzugartig wir-
kend, zäumt er direkt abwärts. Aber darin, dass er mit doppelter
Kraft auf das Pferd wirkt, und der Reiter nicht in gleichem Masse
das Gefühl des Widerstandes, den er überwindet, in der Faust hat,
liegt das Gefährliche in seiner Anwendung bei der Dressur. Da-
durch wird der Reiter verführt, nicht in gleichem Masse mit dem
Schenkel zu wirken, wie es die Verdoppelung der Zügelhülfe ver-
langte, und leicht durch den scheinbar günstigen und mühelosen
Erfolg veranlasst, seine Anforderung zu übertreiben und bis zu
einer Höhe zu schrauben, wo die Empörung des gequälten Thieres
unvermeidlich wird. In der Hand des Geübten und Feinfühlenden
ist er gewiss eine schätzbare Erleichterung, in schlechter Hand
aber wird jenes "Festziehen" nur zu leicht hervortreten. Zum
Gebrauch als Hemmschuh bei halbrohen Pferden ist er vortrefflich.

7. Die Martignal. Die Anglomanie hat für das Pferd des
Civilisten die Martignal so in allgemeine Anwendung gebracht,
dass sie ein Uniformstück aller fashionablen Pferde, wie die Man-
schette eins der Herren geworden ist. Der steif vorgestreckte
englische Hals mit ungebogenem Genick macht einen derartigen
Hemmschuh nöthig, der für schlechte Fäuste, vom gut instruirten
Stallknecht einmal richtig geschnallt, noch den Vortheil hat, beim
Nachgeben des Pferdes auch selbst nachzugeben. Er kann durch
Nachlassen der Trense ganz ausser Wirkung gesetzt werden und
hindert mithin beim Sprunge u. s. w. nicht die Ausdehnung des
Halses. Für die Dressur halte ich ihn nicht rathsam, weil die
Hand seine Wirkung nur bis zu einem gewissen Punkte modifiziren
kann. Bei halbrohen Pferden ziehe ich ihn für schlechte Fäuste
dem Seidler'schen vor, für gute würde ich unbedingt den letzteren
wählen. Er ist eigens für schlechte Reiter gemacht. Einmal richtig
eingeschnallt, ist der Reiter ausser Stande, von ihm einen übertrie-

III. Abschnitt. Zweites Kapitel.
Genick hervor, wobei ein Ohr tiefer wie das andere steht. Bei
halbrohen Pferden als Hülfsmittel zum Pariren und Wenden ist
er vortrefflich. Man schlauft ihn zu diesem Zwecke lang in die
Sattelkrampe ein, und greift hinein, wenn man seiner bedarf. Beim
Dressiren ist die Hand besser.

6. Der verbesserte Seidler’sche Sprungzügel. Er
geht vom Gurt zum Kinnstück der kleinen Trense, dann abwärts
zurück durch einen Walzring und demnächst zur Hand. Er ver-
meidet die Seitwärtswirkung des vorigen, und flaschenzugartig wir-
kend, zäumt er direkt abwärts. Aber darin, dass er mit doppelter
Kraft auf das Pferd wirkt, und der Reiter nicht in gleichem Masse
das Gefühl des Widerstandes, den er überwindet, in der Faust hat,
liegt das Gefährliche in seiner Anwendung bei der Dressur. Da-
durch wird der Reiter verführt, nicht in gleichem Masse mit dem
Schenkel zu wirken, wie es die Verdoppelung der Zügelhülfe ver-
langte, und leicht durch den scheinbar günstigen und mühelosen
Erfolg veranlasst, seine Anforderung zu übertreiben und bis zu
einer Höhe zu schrauben, wo die Empörung des gequälten Thieres
unvermeidlich wird. In der Hand des Geübten und Feinfühlenden
ist er gewiss eine schätzbare Erleichterung, in schlechter Hand
aber wird jenes „Festziehen“ nur zu leicht hervortreten. Zum
Gebrauch als Hemmschuh bei halbrohen Pferden ist er vortrefflich.

7. Die Martignal. Die Anglomanie hat für das Pferd des
Civilisten die Martignal so in allgemeine Anwendung gebracht,
dass sie ein Uniformstück aller fashionablen Pferde, wie die Man-
schette eins der Herren geworden ist. Der steif vorgestreckte
englische Hals mit ungebogenem Genick macht einen derartigen
Hemmschuh nöthig, der für schlechte Fäuste, vom gut instruirten
Stallknecht einmal richtig geschnallt, noch den Vortheil hat, beim
Nachgeben des Pferdes auch selbst nachzugeben. Er kann durch
Nachlassen der Trense ganz ausser Wirkung gesetzt werden und
hindert mithin beim Sprunge u. s. w. nicht die Ausdehnung des
Halses. Für die Dressur halte ich ihn nicht rathsam, weil die
Hand seine Wirkung nur bis zu einem gewissen Punkte modifiziren
kann. Bei halbrohen Pferden ziehe ich ihn für schlechte Fäuste
dem Seidler’schen vor, für gute würde ich unbedingt den letzteren
wählen. Er ist eigens für schlechte Reiter gemacht. Einmal richtig
eingeschnallt, ist der Reiter ausser Stande, von ihm einen übertrie-

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[128/0150] III. Abschnitt. Zweites Kapitel. Genick hervor, wobei ein Ohr tiefer wie das andere steht. Bei halbrohen Pferden als Hülfsmittel zum Pariren und Wenden ist er vortrefflich. Man schlauft ihn zu diesem Zwecke lang in die Sattelkrampe ein, und greift hinein, wenn man seiner bedarf. Beim Dressiren ist die Hand besser. 6. Der verbesserte Seidler’sche Sprungzügel. Er geht vom Gurt zum Kinnstück der kleinen Trense, dann abwärts zurück durch einen Walzring und demnächst zur Hand. Er ver- meidet die Seitwärtswirkung des vorigen, und flaschenzugartig wir- kend, zäumt er direkt abwärts. Aber darin, dass er mit doppelter Kraft auf das Pferd wirkt, und der Reiter nicht in gleichem Masse das Gefühl des Widerstandes, den er überwindet, in der Faust hat, liegt das Gefährliche in seiner Anwendung bei der Dressur. Da- durch wird der Reiter verführt, nicht in gleichem Masse mit dem Schenkel zu wirken, wie es die Verdoppelung der Zügelhülfe ver- langte, und leicht durch den scheinbar günstigen und mühelosen Erfolg veranlasst, seine Anforderung zu übertreiben und bis zu einer Höhe zu schrauben, wo die Empörung des gequälten Thieres unvermeidlich wird. In der Hand des Geübten und Feinfühlenden ist er gewiss eine schätzbare Erleichterung, in schlechter Hand aber wird jenes „Festziehen“ nur zu leicht hervortreten. Zum Gebrauch als Hemmschuh bei halbrohen Pferden ist er vortrefflich. 7. Die Martignal. Die Anglomanie hat für das Pferd des Civilisten die Martignal so in allgemeine Anwendung gebracht, dass sie ein Uniformstück aller fashionablen Pferde, wie die Man- schette eins der Herren geworden ist. Der steif vorgestreckte englische Hals mit ungebogenem Genick macht einen derartigen Hemmschuh nöthig, der für schlechte Fäuste, vom gut instruirten Stallknecht einmal richtig geschnallt, noch den Vortheil hat, beim Nachgeben des Pferdes auch selbst nachzugeben. Er kann durch Nachlassen der Trense ganz ausser Wirkung gesetzt werden und hindert mithin beim Sprunge u. s. w. nicht die Ausdehnung des Halses. Für die Dressur halte ich ihn nicht rathsam, weil die Hand seine Wirkung nur bis zu einem gewissen Punkte modifiziren kann. Bei halbrohen Pferden ziehe ich ihn für schlechte Fäuste dem Seidler’schen vor, für gute würde ich unbedingt den letzteren wählen. Er ist eigens für schlechte Reiter gemacht. Einmal richtig eingeschnallt, ist der Reiter ausser Stande, von ihm einen übertrie-

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Zitationshilfe: Krane, Friedrich von: Die Dressur des Reitpferdes (Campagne- und Gebrauchs-Pferdes). Münster, 1856, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krane_reitpferd_1856/150>, abgerufen am 04.12.2024.