Krane, Friedrich von: Die Dressur des Reitpferdes (Campagne- und Gebrauchs-Pferdes). Münster, 1856.Vorwort. führen, dass von allen gegebenen Varianten manche bei-nahe, keine aber ganz für den vorliegenden Fall passt und mithin alles, was darüber gesagt ist, stets nur halb wahr sein wird. Dennoch aber sehen wir in vielen Büchern hauptsächlich nur diese Erscheinungen durchgehen und Rathschläge geben, wie man sich in diesem oder jenem Falle zu benehmen habe, ohne dass der Verfasser sich je zur Allgemeinheit, welche die Einzelfälle umfasst, erhebt und so geht er in Unklarheit und einem endlosen Detail unter. Soll ein Buch Nutzen gewähren, soll es den Unterricht des Meisters ersetzen und statt seiner die Fragen: "Womit be- ginnen?" "Wie kommt das?" "Wie nun weiter?" beant- worten, so muss das Buch eine so umfassende Darstellung der einwirkenden Kräfte und deren Ursache und Wirkung geben; es muss eine so klare Anschauung gewähren dessen, was man erlangen will und wie man es erlangen kann; es muss den Gesichtskreis des Lesers so erweitern, dass er die Ursachen der Erscheinungen erkennen, den Erfolg der Mittel vorhersehen und jene Fragen sich selbst beant- worten kann. Im vorliegenden Werke habe ich den Versuch zu einer Vorwort. führen, dass von allen gegebenen Varianten manche bei-nahe, keine aber ganz für den vorliegenden Fall passt und mithin alles, was darüber gesagt ist, stets nur halb wahr sein wird. Dennoch aber sehen wir in vielen Büchern hauptsächlich nur diese Erscheinungen durchgehen und Rathschläge geben, wie man sich in diesem oder jenem Falle zu benehmen habe, ohne dass der Verfasser sich je zur Allgemeinheit, welche die Einzelfälle umfasst, erhebt und so geht er in Unklarheit und einem endlosen Detail unter. Soll ein Buch Nutzen gewähren, soll es den Unterricht des Meisters ersetzen und statt seiner die Fragen: „Womit be- ginnen?“ „Wie kommt das?“ „Wie nun weiter?“ beant- worten, so muss das Buch eine so umfassende Darstellung der einwirkenden Kräfte und deren Ursache und Wirkung geben; es muss eine so klare Anschauung gewähren dessen, was man erlangen will und wie man es erlangen kann; es muss den Gesichtskreis des Lesers so erweitern, dass er die Ursachen der Erscheinungen erkennen, den Erfolg der Mittel vorhersehen und jene Fragen sich selbst beant- worten kann. Im vorliegenden Werke habe ich den Versuch zu einer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0015" n="VII"/><fw place="top" type="header">Vorwort.</fw><lb/> führen, dass von allen gegebenen Varianten manche bei-<lb/> nahe, keine aber ganz für den vorliegenden Fall passt<lb/> und mithin alles, was darüber gesagt ist, stets nur halb<lb/> wahr sein wird. Dennoch aber sehen wir in vielen Büchern<lb/> hauptsächlich nur diese Erscheinungen durchgehen und<lb/> Rathschläge geben, wie man sich in diesem oder jenem<lb/> Falle zu benehmen habe, ohne dass der Verfasser sich je<lb/> zur Allgemeinheit, welche die Einzelfälle umfasst, erhebt und<lb/> so geht er in Unklarheit und einem endlosen Detail unter.<lb/> Soll ein Buch Nutzen gewähren, soll es den Unterricht des<lb/> Meisters ersetzen und statt seiner die Fragen: „Womit be-<lb/> ginnen?“ „Wie kommt das?“ „Wie nun weiter?“ beant-<lb/> worten, so muss das Buch eine so umfassende Darstellung<lb/> der einwirkenden Kräfte und deren Ursache und Wirkung<lb/> geben; es muss eine so klare Anschauung gewähren dessen,<lb/> was man erlangen will und wie man es erlangen kann;<lb/> es muss den Gesichtskreis des Lesers so erweitern, dass<lb/> er die Ursachen der Erscheinungen erkennen, den Erfolg<lb/> der Mittel vorhersehen und jene Fragen sich selbst beant-<lb/> worten kann.</p><lb/> <p>Im vorliegenden Werke habe ich den Versuch zu einer<lb/> derartigen Klarlegung gemacht. Was manchjährige Er-<lb/> fahrung mich gelehrt, was mir theoretisch begründet und<lb/> praktisch bewährt schien, habe ich hier niedergelegt. Ohne<lb/> zu fragen, ob es dieser und jener Meister bereits gesagt<lb/> und wie er es gesagt, habe ich mich bemüht, der eigenen<lb/> Auffassung und Anschauung den klarsten und genauesten<lb/> Ausdruck zu geben. Weit entfernt, verdienstvolle Männer,<lb/> wie die vorgenannten, meistern zu wollen, habe ich meine<lb/> Ansicht mitgetheilt, auch wenn ich wusste, dass sie nicht<lb/> die ihrige war, denn es lag weder in meiner Absicht aus<lb/> tausend Büchern das eintausend und erste zusammenzu-<lb/> schreiben, noch wollte ich jeder mir entgegentretenden Mei-<lb/> nung die aufgeschlagene Seite eines berühmten Autoren<lb/> als einen Schild entgegenhalten können.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [VII/0015]
Vorwort.
führen, dass von allen gegebenen Varianten manche bei-
nahe, keine aber ganz für den vorliegenden Fall passt
und mithin alles, was darüber gesagt ist, stets nur halb
wahr sein wird. Dennoch aber sehen wir in vielen Büchern
hauptsächlich nur diese Erscheinungen durchgehen und
Rathschläge geben, wie man sich in diesem oder jenem
Falle zu benehmen habe, ohne dass der Verfasser sich je
zur Allgemeinheit, welche die Einzelfälle umfasst, erhebt und
so geht er in Unklarheit und einem endlosen Detail unter.
Soll ein Buch Nutzen gewähren, soll es den Unterricht des
Meisters ersetzen und statt seiner die Fragen: „Womit be-
ginnen?“ „Wie kommt das?“ „Wie nun weiter?“ beant-
worten, so muss das Buch eine so umfassende Darstellung
der einwirkenden Kräfte und deren Ursache und Wirkung
geben; es muss eine so klare Anschauung gewähren dessen,
was man erlangen will und wie man es erlangen kann;
es muss den Gesichtskreis des Lesers so erweitern, dass
er die Ursachen der Erscheinungen erkennen, den Erfolg
der Mittel vorhersehen und jene Fragen sich selbst beant-
worten kann.
Im vorliegenden Werke habe ich den Versuch zu einer
derartigen Klarlegung gemacht. Was manchjährige Er-
fahrung mich gelehrt, was mir theoretisch begründet und
praktisch bewährt schien, habe ich hier niedergelegt. Ohne
zu fragen, ob es dieser und jener Meister bereits gesagt
und wie er es gesagt, habe ich mich bemüht, der eigenen
Auffassung und Anschauung den klarsten und genauesten
Ausdruck zu geben. Weit entfernt, verdienstvolle Männer,
wie die vorgenannten, meistern zu wollen, habe ich meine
Ansicht mitgetheilt, auch wenn ich wusste, dass sie nicht
die ihrige war, denn es lag weder in meiner Absicht aus
tausend Büchern das eintausend und erste zusammenzu-
schreiben, noch wollte ich jeder mir entgegentretenden Mei-
nung die aufgeschlagene Seite eines berühmten Autoren
als einen Schild entgegenhalten können.
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Zitationshilfe: | Krane, Friedrich von: Die Dressur des Reitpferdes (Campagne- und Gebrauchs-Pferdes). Münster, 1856, S. VII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krane_reitpferd_1856/15>, abgerufen am 27.07.2024. |